Angesichts zukünftig strengerer Vorschriften sollte man besser in möglichst grüne Immobilienfonds investieren

23/02/2021

Olivier Toublan

Immoday

3 min

Laut Jean-Louis Blanc, Leiter der Pensionskasse bei Bobst Mex, machen indirekte Immobilienanlagen einen Anteil von rund 180 Millionen Franken des Kassenvermögens aus. Er bedauert die mangelnde Liquidität qualitativ hochwertiger Fonds und den Nettoinventarwert, der mitunter auf etwas zu optimistischen Annahmen beruht.

 

Jean-Louis Blanc verwaltet die Pensionskasse von Bobst Mex, die die berufliche Vorsorge der meisten Mitarbeiter der Schweizer Gesellschaften der Bobst Group, eines der grössten Industrieunternehmen der französischen Schweiz, abdeckt. Versichert sind rund 1700 aktive Mitarbeitende und 1400 Pensionäre, Rentner, Invaliden oder Hinterbliebene mit einer verwalteten Vermögensmasse von rund 1,1 Milliarden Franken. Davon sind rund 180 Millionen Franken in indirekte Immobilienanlagen investiert. Das hat Vor-, aber auch Nachteile.

 

Herr Blanc, wie hoch ist der Anteil der indirekten Immobilienanlagen in Ihrer Pensionskasse?

Immobilien machen ein Drittel unseres verwalteten Vermögens aus. Eine Hälfte wird indirekt verwaltet, die andere Hälfte direkt. Dies liegt insbesondere in der Geschichte der Pensionskasse begründet, die eng mit der des Unternehmens verknüpft ist. Da die Angestellten einst Wohnraum in der Nähe ihres Arbeitsplatzes benötigten, übernahm die Kasse die Aufgabe, Wohnhäuser für sie zu bauen. Heute soll diese Anlageklasse dazu beitragen, die Volatilität unseres Portfolios einzudämmen und gleichzeitig eine regelmässige Rendite zu erzielen.

 

Wie wählen Sie bei indirekten Immobilienanlagen die Anlagevehikel aus?

Die Verwaltung der Allokation erfolgt hauptsächlich intern. Mit Hilfe von externen Beratern und Experten wählen wir die Fonds, in die wir investieren werden, selbst aus. Dieses Mandat geben wir nicht an Banken ab. Zunächst bevorzugen wir Anlagestiftungen, die sich ausschliesslich an Pensionskassen richten, und dann die grossen börsenkotierten Investmentfonds. Letztere aus Liquiditätsgründen, auch wenn sie nicht die Liquidität bieten, die wünschenswert wäre. Ausserdem berücksichtigen wir Auswahlkriterien in Bezug auf die Anlagerendite, den Ertrag und den Verschuldungsgrad. Der meiner Meinung nach nicht höher als 15–20 % sein sollte.

Zählt die Höhe des Agios eines Fonds zu Ihren Auswahlkriterien?

Natürlich. Nichtsdestotrotz ist es wegen der mangelnden Liquidität des Marktes sehr schwierig, Fondsanteile mit hohen Agios zu verkaufen, um sie zurückzukaufen, sobald sie gefallen sind. Sorge bereiten mir auch einige Fonds mit relativ alten Immobilienbeständen. Sie könnten Probleme bekommen, sobald sie alle ihre Gebäude renovieren müssen – was eines Tages passieren wird. Das führt dazu, dass gute Immobilienfonds letztlich recht teuer sind.

Was bedeutet das?

Das Problem bei indirekten Immobilienanlagen ist die Vermögensbewertung. In einem Fonds basiert der Nettoinventarwert auf einem Fachwissen, das wir als Anleger nicht haben. Wir wissen nicht immer, auf welche Annahmen sich ein Experte bei seiner Bewertung stützt.  Und wenn wir es erfahren, müssen wir feststellen, dass diese Annahmen nicht immer realistisch sind, sei es in Bezug auf den Leerstand, die Mietrenditen oder die Preisentwicklung. Sie sind oft zu optimistisch. Da wir auch direkte Immobilien verwalten, verfügen wir aber über gewisse Marktkenntnisse. Wenn beispielsweise die Mietrendite auf Basis einer Miete von 300 oder 350 Franken pro Quadratmeter berechnet wird, wissen wir sehr genau, dass dies in bestimmten Regionen nicht sehr realistisch ist und die Leerstandsquote wahrscheinlich höher liegt, als es die Experten sagen. 

 

Und die geringe Liquidität der Fonds, die Sie vorhin erwähnt haben, ist auch ein Problem?

Im Moment nicht, aber auf lange Sicht könnte sie wegen der Überalterung der Bevölkerung eines werden. Da Pensionskassen immer mehr Rentner versorgen, während immer weniger neue Gelder einfliessen, werden sie ihre Vermögenswerte, einschliesslich ihrer Immobilien, früher oder später verkaufen müssen. Dies wiederum wird eine grosse Auswirkung auf einen derart wenig liquiden Markt haben. Aber das ist wirklich sehr langfristig gedacht.

 

Zählt eine nachhaltige Entwicklung zu Ihren Kriterien?

Bei direkten Immobilien ist es so, wenn es um die Renovierung unserer Gebäude geht. Aber ich gebe zu, dass wir nicht die höchsten Standards anwenden. Wir müssen die Mieten niedrig halten, damit unsere Wohnungen attraktiv bleiben. Vor allem in einem Umfeld, in dem wir in den kommenden Jahren wegen der Fertigstellung neuer Projekte und der Entstehung einer grossen Menge an Wohnungen einen Anstieg unserer Leerstandsquote erwarten (zum Beispiel das Projekt Métamorphose in Lausanne). Also, ja, Energieeffizienz ist wichtig, aber wir müssen pragmatisch bleiben. Einen Kompromiss finden. Auf der anderen Seite achten wir bei indirekten Immobilienanlagen sehr auf das Thema nachhaltige Entwicklung. In Zukunft werden sich die Vorschriften strenger gestalten, da ist es besser, sich schon heute für eine Investition in möglichst grüne Fonds zu entscheiden.

 

Olivier Toublan für Immoday