'COVID 19'-Interview - Philippe Lathion, Präsident der Mountain Resort SICAV

11/11/2020

Immoday

Redaktion

4 min

Zu dem heutigen "COVID-19"-Interview begrüssen wir Philippe Lathion, Präsident der Mountain Resort SICAV.

 

Herr Lathion, wie geht es Ihnen? Sie arbeiten jetzt gerade in Ihrem Büro, aber wo waren Sie während der Pandemie?

Ich war zu Hause im Homeoffice, aber jetzt bin ich zurück im Büro.
 

Eigentlich geht es mir gut, ich wurde von COVID-19 verschont und meine Lieben auch. In dieser Zeit habe ich die Telearbeit für mich entdeckt und finde sie nicht uninteressant ... Aber ich habe auch die Vor- und Nachteile von Videokonferenzen kennengelernt. Ich war zu Hause, und da ich in einem Haus und nicht in einer Wohnung lebe, würde ich sagen, dass ich es ziemlich gut hatte.

 

Wie würden Sie sich selbst mit wenigen Worten beschreiben? Welche Rolle spielt Ihr Unternehmen im Schweizer Sektor der indirekten Immobilienanlagen?

Wer ich bei der Arbeit und im Privatleben bin? Na, hoffentlich immer derselbe! Ich führe gerne gemeinsam mit Teams Projekte durch und bin nicht autoritär. Ich bringe Menschen zusammen. Für ein Projekt versuche ich, sowohl in meinem Privat- als auch in meinem Berufsleben positive Kräfte zu mobilisieren.

 

Und Ihre Aktivitäten im Bereich der indirekten Immobilienanlagen?

Meine Tätigkeit im Bereich der indirekten Immobilienanlagen hängt damit zusammen, dass ich schon sehr lange im Tourismussektor arbeite. Ich habe erkannt, dass man in der Schweiz touristische Immobilienanlagen schaffen konnte, aber dass zur Finanzierung ein Immobilienfonds notwendig war. Tatsächlich war eine traditionelle Finanzierung hier nicht machbar!
 

In unserem Fall liegt der Vorteil einer indirekten Immobilienanlage grundsätzlich darin, dass Sie mehrere Anleger für ein diversifiziertes Immobilienportfolio haben, das sich über den gesamten Alpenraum erstreckt, anstatt sich auf ein einziges Objekt zu stützen. Dieses Geschäftsmodell für Tourismusimmobilien kann jedoch nur funktionieren, wenn es auf mehrere Standorte verteilt ist und eine Risikostreuung und Synergien durch horizontale Integration und Bündelung von Dienstleistungen bietet. Mit indirekten Immobilienanlagen lässt sich ein Portfolio mit einer ausreichenden kritischen Grösse schaffen, indem sie Anleger zusammenbringen, die die gleiche Vision und das gleiche Risiko teilen.

 

Wie hat sich Ihr Unternehmen während der Coronakrise organisiert?

Fast alle von uns haben im Homeoffice gearbeitet. Da wir bei der Arbeit nicht unbedingt physisch anwesend sein müssen und moderne technologische Mittel zur Verfügung haben, war dies kein Problem. Im Gegenteil: So bekamen wir bei Meetings trotz der Entfernungen alle an einen Tisch, was in normalen Zeiten fast nie gelingt. Tatsächlich spürten wir in dieser Hinsicht keinerlei Nachteile, weil wir aufgrund der Entfernungen bereits an diese Arbeitsweise gewöhnt waren.

 

Welche Folgen wird die Krise Ihrer Meinung nach für den Immobiliensektor haben? Für indirekte Immobilienanlagen im Allgemeinen? Und für Ihre Tätigkeit im Besonderen?

Die Auswirkungen auf unser Direktgeschäft sind offensichtlich. Es wurde im Zusammenhang mit dem Lockdown und den Schutzmassnahmen schon oft konstatiert, dass ausländische Touristen in diesem Jahr nicht unbedingt in die Schweiz reisen werden ... mit den Folgen, die dies für die Auslastung von touristischen Immobilien haben wird. Da gibt es diejenigen, die das Glas halb leer sehen und eine Katastrophe voraussehen. Für die anderen ist das Glas halb voll, und sie glauben, dass die Auslastung dank der schweizerischen Kunden genauso gut sein wird.
 

Wir selbst sind derzeit in wenig internationalisierten Destinationen präsent. Wir arbeiten bereits sehr viel mit schweizerischen Kunden zusammen, und die Auswirkungen dürften eher gering sein. Problematisch sehe ich jedoch die Tatsache, dass wir2020-08-27_170928.jpg wegen all der Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Pandemie, der Wiederaufnahme der Geschäfte, der Möglichkeit zu reisen und Grenzen zu passieren und auch wegen der persönlichen Situation der Menschen nicht in der Lage waren, die Saison normal vorzubereiten. Diese Unsicherheiten werden sich nicht nur auf touristische Immobilien auswirken, sondern auf die gesamte Immobilienbranche und insbesondere auf die gewerbliche, industrielle usw.
 

Es gibt nichts Schlimmeres als Ungewissheit. Wenn Sie nicht wissen, wann und wie es wieder richtig losgehen kann. Es gibt viel Diskussion um gewerbliche Mietverträge und welche Vereinbarungen getroffen werden können, die Unternehmen und Einzelpersonen helfen. Wir wissen nicht, wie schnell sich die Wirtschaft erholen wird, aber ich denke, es ist in jedem Fall mit Folgen für den Immobiliensektor zu rechnen.
 

In Bezug auf den Tourismus glaube ich, dass die Auswirkungen – im Gegensatz zu den Behauptungen einiger Leute – nur von kurzer Dauer sein werden. Die Menschen möchten endlich wieder zu einem normalen Leben zurückkehren, ihren Urlaub planen und vorbereiten. Wenn die zweite Welle der Pandemie nicht zu schlimm wird, werden die Dinge meiner Meinung nach bald wieder normal laufen.
 

Anderenfalls sehe ich längerfristige Folgen für Gewerbeimmobilien und Druck auf die Mietverträge. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Menschen ihre Mieten infrage stellen und sich nach Alternativen zu diesen fixen Kosten umsehen werden, um für den Fall einer zweiten Welle gewappnet zu sein ... Man wird über andere Arbeitsformen wie etwa Telearbeit nachdenken.
 

Und wie reagieren die Menschen in der derzeitigen Situation auf Ihr Hotelangebot?

Wir setzen auf Immobilien vom Typ «Resort», d. h. einzelne Apartments mit Hotelbetrieb. Urlauber können dort also zurückgezogen wohnen, wenn sie es wünschen. Sie können im eigenen Apartment essen. Niemand ist verpflichtet, die gemeinschaftlichen Hoteldienstleistungen zu nutzen. Diese Art von Apartments ist im Moment sehr erfolgreich, weil die Menschen ein gewisses Sicherheitsbedürfnis haben.
 

Für Sie sind indirekte Immobilienanlagen also nach wie vor ein sicherer Hafen?

Solange die Zinsen sehr niedrig oder sogar negativ sind, bleiben indirekte Immobilienanlagen eine sichere Anlage mit einem leicht verständlichen Basiswert.
 

Natürlich gibt es solche und solche Immobilien ... Die Immobilienanlage, wie wir sie anbieten, fällt aus dem traditionellen Raster. Sie ist nicht an Mieter geknüpft, die Mietverträge unterzeichnet haben! Sie stützt sich auf eine echte Industrie, die Tourismusindustrie, und gewährleistet somit die Auslastung und Rentabilität dieser Apartments. Das ist ein moderner Ansatz, dessen ausgefallener Charakter auch unter dem Gesichtspunkt der Diversifizierung interessant ist.
 

Wohnimmobilien erreichen langsam eine Sättigung, da institutionelle Anleger mangels Anlagealternativen massiv in komplexe Wohnungsbauprojekte investiert haben und es nicht sicher ist, ob das Bevölkerungswachstum Schritt halten wird ... mImage13.jpgit dem Risiko einer kurzfristig höheren Leerstandsrate, die sich aber langfristig ausgleichen dürfte. Bei Industrieanlagen stellen sich ganz andere Fragen ... Werden grosse Unternehmen in der Schweiz bleiben? Oder ganz einfach: Wie wird es mit der Wirtschaft weitergehen? Denn dies wirkt sich direkt auf den Immobilienmarkt aus.
 

Alle diese Faktoren und Fragen, die sich auf traditionelle Immobilien auswirken, haben jedoch fast keinen Einfluss auf unsere Tätigkeit oder unser Geschäftsmodell. Unsere touristischen Immobilien korrelieren weder mit der Zinssatzentwicklung noch mit der Wirtschaft im Allgemeinen. Sie korrelieren mit einer sehr beständigen Industrie – dem Tourismus. Und hier verfügt die Schweiz und besonders der Alpenraum über einige Trümpfe.

 

Wie bewerten Sie die Lage des Sektors? Bis zum Jahresende? Es geht um die Szenarien der u-förmigen, v-förmigen, l-förmigen Erholung ...

Wenn es keine zweite Welle gibt, werden wir uns ganz klar in einem «U-Szenario» befinden. Es wird wieder aufwärts gehen. Die Menschen werden zügig zum normalen Leben zurückkehren und Urlaub machen wollen. Wir richten uns an eine Mittelschicht, die sicherlich unter COVID-19 gelitten hat, allerdings deutlich weniger als jene, die sich bereits in einer gewissen prekären Situation befand. Wenn es jedoch eine zweite Pandemiewelle gibt, bekommen wir meiner Meinung nach grosse Schwierigkeiten! Ganz allgemein, nicht nur im Immobiliensektor. Deshalb müssen wir diese zweite Welle unbedingt verhindern und sehr vorsichtig bleiben ...

 

Abgesehen vom Risiko einer zweiten Welle, sehen Sie irgendwelche Risiken oder Chancen für Immobilien und für indirekte Immobilienanlagen insbesondere?

Krisen gehen immer mit ebenso vielen Risiken wie Chancen einher. Wir haben die Chance, uns mit einem Produkt zu positionieren, das, wie ich bereits sagte, sehr familienfreundlich ist und eine gewisse Sicherheit für die Gesundheit im Urlaub bietet. Das Coronavirus zwingt uns, etwas zu bewegen, die Digitalisierung in allen Bereichen zu beschleunigen, unser Verhalten zu ändern. Darin liegen die eigentlichen Chancen, die es zu ergreifen gilt.
 

Mit unserem Modell waren wir unserer Zeit bereits voraus. Wir können die Sache aber noch schneller vorantreiben, Auch hier sehe ich Chancen.
 

Die grossen Risiken? Noch einmal nein. Ich denke, dass Immobilien eine sichere Anlage bleiben und alle Krisen überstehen.

 

Abschliessend noch eine persönliche Frage: Wird diese Krise irgendetwas in Ihrem Leben verändern?

Ich fürchte, nein! Wir sind alle voller guter Absichten. Jeder nimmt sich vor: «Nach diesem Lockdown werde ich nicht so weitermachen wie zuvor.» Doch ich habe irgendwie das Gefühl, dass wir nichts ändern werden, oder jedenfalls nicht viel!

Immoday - Befragt von Philippe Perret du Cray am 29. Juni 2020