Greenwashing und Anlegerschutz – reichen die geltenden Rechtsvorschriften aus?

15/01/2021

COPTIS

KPMG SA

4 min

Nach mehrjährigen Debatten haben die eidgenössischen Räte am 25. September 2020 das revidierte CO2-Gesetz verabschiedet. Das Referendum wurde ergriffen und die Referendumsfrist läuft. Das Gesetz enthält nun die Ziele des Pariser Klimaübereinkommens und trägt der Verpflichtung der Schweiz Rechnung, ihre CO2-Emissionen bis 2030 gegenüber dem Jahr 1990 um die Hälfte zu senken und bis 2050 klimaneutral zu sein.

 

Der Finanzsektor spielt bei der Erreichung dieser Ziele zweifelsohne eine zentrale Rolle, da er dafür sorgen kann, dass Kapital in nachhaltigere Investitionen fliesst. Der Weg dorthin ist jedoch nicht klar vorgezeichnet. Eine der Herausforderungen, mit denen der Sektor konfrontiert sein wird, ist das Greenwashing. Es stellt eine echte Gefahr für die Anleger und somit indirekt auch für die Vermögensverwalter dar. Denn die Wirtschaft und mithin der Finanzsektor sind auf Vertrauen angewiesen, um zu funktionieren.

 

Wenn es einen Bereich gibt, der entscheidend zur Erreichung der Klimaziele des Landes beitragen kann, dann ist dies sicherlich der Immobiliensektor. In der Schweiz sind Gebäude für rund einen Drittel der CO2-Emissionen des Landes verantwortlich. Den Eigentümern der Immobilienparks kommt bei der Erreichung der im Gesetz verankerten Ziele also eine Schlüsselrolle zu. Dies wissen die Verwalter schweizerischer Immobilienfonds sehr wohl.

 

Seit einigen Jahren sind die Bemühungen der Immobilienfondsverwalter zur Verbesserung der Energieeffizienz der Gebäude sichtbar – insbesondere bei den Neubauten. Die Massnahmen unterscheiden sich je nach Art des Immobilienparks und immer mehr Verwalter führen eigene ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) ein. Gemäss einer Studie von Swiss Sustainable Finance entfielen Ende 2019 14% der nachhaltigen Anlagen in der Schweiz auf Immobilieninvestitionen. 

 

Diese Begeisterung stimmt nicht nur zuversichtlich, sondern ist auch notwendig. Während sich die Vermögensverwalter ihrer Verantwortung mittlerweile bewusst sind, müssen die Anleger noch überzeugt werden, dass die ergriffenen Massnahmen gerechtfertigt sind. Zudem gilt es, sich der Gefahr des Greenwashing zu stellen, die oft als Hindernis für die Entwicklung eines nachhaltigen Finanzsektors erachtet wird.

 

Neue Publikationen des Bundesrates sowie der Finanzmarktaufsicht (FINMA) zeigen, dass die Behörden ihr Augenmerk auf das Greenwashing und die Transparenz im weiten Sinne richten. Derzeit wird der Selbstregulierung – in Form von unverbindlichen Regeln für die Vermögensverwalter – Vorrang eingeräumt.

 

Eine zentrale Frage bleibt jedoch: Vermögen die geltenden Rechtsvorschriften das Risiko des Greenwashing für die Anleger zu begrenzen?

 

Diese Frage ist zwar noch nicht abschliessend geklärt, doch eines steht fest: Die im Bereich der kollektiven Anlagen geltenden Rechtsvorschriften sollen in erster Linie die Anleger schützen sowie die Transparenz und Funktionsfähigkeit der Märkte gewährleisten. Deshalb sollten diese Grundsätze und Verhaltensregeln, an welche sich die Verwalter kollektiver Anlagen zu halten haben, vor irreführenden Versprechungen schützen und diese Verwalter so weit wie möglich verpflichten, nachhaltige Anlagemethoden anzuwenden, wenn diese verlangt werden.

 

Ganz abgesehen vom Risiko des Greenwashing ist jedoch unbestritten, dass grössere Transparenz zu einer glaubwürdigen Entwicklung grüner Finanzprodukte beitragen würde, was nebenbei auch den Anlegern und den Verwaltern nachhaltiger kollektiver Anlagen zugutekäme. 

 

Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass die Schweiz ihren Kurs ändert und sich in naher Zukunft für die Regulierung entscheidet. Die Überlegungen sind im Gange – man darf gespannt sein.

Bruno Beça
Senior Manager, Financial Services

KPMG AG
Mitglied von COPTIS