Perspektiven und Herausforderungen für indirekte Immobilienanlagen in der Schweiz: L-QIF auf der Zielgeraden

06/02/2021

COPTIS

Immoday

4 min

Wie bereits mehrfach erwähnt, sind die Aussichten für den Schweizer Immobilienmarkt und vor allem für indirekte Immobilienanlagen sehr unterschiedlich, je nachdem, ob man sie kurz- oder mittelfristig betrachtet. Unmittelbar geben die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise überall Anlass zur Sorge. Auch die Fähigkeit der Mieter, ihre Mieten zu zahlen, sowie der Immobilienentwickler, Projekte erfolgreich fertigzustellen, wird zweifellos davon betroffen sein. Auf der anderen Seite sind sich alle Analysten einig, dass die Fundamentaldaten solide bleiben werden und die langfristige Attraktivität des Sektors für Investoren keinen Schaden durch die Krise nimmt.
 

In einer mehrteiligen Interviewrunde haben wir den Verbandspräsidenten Manuel Leuthold, die Geschäftsführerin Andreea Stefanescu und den Vizepräsidenten Philippe Zufferey befragt, wie COPTIS die Zukunft der Immobilienverbriefung einschätzt und welche ernstzunehmenden Schwierigkeiten sich für die Branche abzeichnen. Es folgt nun der zweite Artikel dieser Reihe.

 

Wie sehen die Perspektiven für die Immobilienverbriefung aus?

Sehr positiv, wenn man unseren Interviewpartnern Glauben schenken darf. Philippe Zufferey ist der erste, der uns seine – überaus pragmatische – Vision schildert. Er ist überzeugt, dass die Umwandlung von direktem Immobilienbesitz in indirekte Beteiligungen, trotz der aktuellen Umstände im Zusammenhang mit der Gesundheitskrise und Negativzinsen, eine grundlegende strukturelle Entwicklung von Anlagen in dieser Vermögensklasse ist. Die Vorteile sind zahlreich: Diversifizierung, Wertschöpfung durch ein Team aus Fachleuten, Überwachung der Depotbank, Liquidität, die Möglichkeit, in ökologische Sanierung zu investieren... Ausserdem wirken sich Anlagen in «reale» Vermögenswerte positiv auf das Risiko-/Ertragsprofil eines Portfolios aus, was den Immobiliensektor heute sowohl für private als auch für institutionelle Anleger zu einem überaus begehrten Element der Vermögensverwaltung macht.
 

Manuel Leuthold erinnert daran, dass institutionelle Anleger und Pensionskassen «Steine» als Vermögensklasse sehr schätzen und derzeit über 20 % ihrer Portfolios in Immobilien investieren. Indirekte Immobilienanlagen dürften in Zukunft seiner Meinung nach aufgrund der Vorteile dieser Eigentumsform noch zulegen.

 

Die wichtigste Herausforderung für indirekte Immobilienanlagen und somit auch für COPTIS besteht darin, ein regulatorisches Umfelds durchzusetzen und zu erhalten, das die Entwicklung dieser Tätigkeit auf nationaler Ebene begünstigt. Die Branchenakteure konnten in den letzten Jahren von der Schaffung eines regulatorischen Rahmens profitieren, der zum Ausdruck brachte, welches Wertschöpfungspotenzial in der Schweiz für Schweizer Investoren besteht – trotz starker Konkurrenz durch Finanzplätze wie etwa Luxemburg. Für COPTIS sei es laut Andreea Stefanescu entscheidend, sich für eine günstige Entwicklung der Regulierung von indirekten Immobilienanlagen stark zu machen und darauf zu achten, dass künftig keine unnötigen Barrieren eingeführt werden.

 

In den Augen des Präsidenten Manuel Leuthold muss sich COPTIS für eine solide Regulierung einsetzen, die jedoch praktikabel (Anm. d. Red. auf dieses Wort besteht er), pragmatisch und flexibel bleiben muss. «Wir sprechen uns immer für regulierte Produkte aus. Sie gewährleisten eine sorgfältige Vermögensverwaltung und ein hohes Mass an Professionalität seitens der Akteure. Langfristig wirkt sich dies nicht nur positiv auf den Erhalt des Portfolios aus, sondern bietet den Anlegern auch Sicherheit. Doch die von uns befürwortete Regulierung darf die Entwicklung, Kreativität oder Flexibilität nicht ausbremsen.» In diesem Sinne stellt der bald verfügbare Limited Qualified Investor Fund (L-QIF) einen Fortschritt dar, mit dem die Schweizer Immobilienverbriefung erhebliche Diskrepanzen gegenüber ihren wichtigsten Konkurrenten beseitigen und ein umfassendes Spektrum an Möglichkeiten ausschöpfen kann.
 


Inwiefern wird die Entwicklung indirekter Immobilienanlagen in der Schweiz vom L-QIF profitieren?

Beim L-QIF handelt es sich um eine neue, flexiblere Struktur für kollektive Anlagen nach schweizerischem Recht mit dem Hauptvorteil, dass er nicht direkt reguliert wird und keiner Vorabgenehmigung durch die FINMA bedarf. (Das Verfahren könne laut Manuel Leuthold bis zu einem Jahr dauern, was die Erfolgschancen mancher Initiativen stark verringert.) Sämtliche Interessengruppen der Immobilienverbriefung warten mit Spannung auf dieses Instrument: Es wird die Entwicklung der Branche begünstigen und neuen Anlegern den Zugang zu den Produkten erleichtern.
 

Für Philippe Zufferey sind Kreativität, Innovationskraft und eine sorgfältige Umsetzung Pluspunkte, die die Schweiz und besonders den schweizerischen Finanzsektor kennzeichnen. Damit unsere Vorsorgemassnahmen, ob es sich um die zweite Säule oder um private Ersparnisse handelt, von dieser Wertschöpfung profitieren können, brauchen wir eine rechtliche Struktur, welche Flexibilität, Transparenz und Verantwortung intelligent kombiniert. Der derzeit diskutierte regulatorische Kontext ist eine massgeschneiderte Antwort auf diese drei Anforderungen. Mit Finanzprodukten, die ohne vorherige Genehmigung durch die FINMA aufgelegt werden können und weitgehend von den aktuellen Anlageeinschränkungen befreit sind, wird für Flexibilität gesorgt. Transparenz durch die Information der qualifizierten Anleger gewährleistet. Die Verantwortung übernehmen die mit der Geschäftsführung, Fondsleitung und der Verwahrung des Fondsvermögens betrauten Institute, die die nötige Substanz aufweisen müssen, um von der FINMA zur Verwaltung eines «L-QIF» zugelassen zu werden.

 

Um seine Vorschläge in den Text einbringen zu können, der dem Parlament eigentlich in diesem Frühjahr vorgelegt werden sollte, konnte der Verband auf seine Beziehungen zu anderen Organisationen wie der SFAMA und FINMA zurückgreifen. «Für einen Verband unserer Grössenordnung ist es wichtig, auf die Unterstützung der ‹grossen Schwester› SFAMA zählen zu können, um die Interessen der Mitglieder zu vertreten», erläutert Andreea Stefanescu, die sehr stolz auf die 2019 gemeinsam von den beiden Verbänden verfasste Stellungnahme zu L-QIF ist. «Daraus ist eine echte, positive Synergie entstanden, die wir künftig festigen möchten, denn im Grunde verfolgen wir ja dieselben Ziele … nur auf unterschiedlichen Ebenen.» Dieses Vertrauensverhältnis bauen Manuel Leuthold und Andreea Stefanescu auch zur FINMA auf, deren Regulierung äusserst wichtig für die Gegenwart und Zukunft der Immobilienverbriefung ist. Es ist daher wesentlich, in Verbindung zu bleiben und so einerseits die Anliegen und Beweggründe der Regulierungsbehörde zu verstehen und sich andererseits über die reale Praxis und die Sorgen der Marktteilnehmer auszutauschen.

 

Auch die politische Akzeptanz ist sehr hoch, denn bedauerlicherweise werden, wie Manuel Leuthold bekräftigt, «viele gute Ideen in Form von ausländischen Vehikeln umgesetzt.» «Dies ist ein erheblicher Verlust für die Schweiz im Hinblick auf Einnahmen und Arbeitsplätze», stellen unsere drei Interviewpartner fest. COPTIS wird weiterhin mit Argusaugen über administrative oder steuerliche Feinheiten wachen, die seine Bemühungen letztendlich zunichtemachen könnten. Das Projekt erfreut sich indes enormer Unterstützung und es wird auf die eine oder andere Weise gelingen, auch wenn aufgrund der Krise alles verschoben wurde. Die im Frühjahr 2020 geplante Parlamentssession, bei der der Text hätte behandelt werden sollen, wurde unterbrochen und wahrscheinlich wird die Prüfung aufgrund anderer, vorrangiger Themen im Zusammenhang mit der Krise auf das Jahresende vertagt, sodass die Umsetzung bis Ende 2021 oder Anfang 2022 warten muss.

 

«Damit bleibt COPTIS mehr Zeit, sich einer anderen Baustelle in Sachen indirekte Immobilienanlagen zu widmen», schlussfolgert Manuel Leuthold lächelnd. «Nämlich die Information und Fortbildung der Marktteilnehmer». Die Krise und der Lockdown haben gezeigt, dass durchaus Bedarf an qualifizierten Informationen besteht. «Das Internet und die sozialen Netzwerke nehmen hierbei eine herausragende Stellung ein und unsere Branche muss heute lernen, besser zu kommunizieren.» Diese Aufgabe hat COPTIS an den Verband und die Plattform Immoday delegiert, Thema des dritten und letzten Artikels dieser Reihe.