5 Minuten mit Gilles Basse, Finanzdirektor bei Fundim

21/11/2022

Olivier Toublan

Immoday

5 Min


Zum heutigen '5 Minuten mit'-Interview begrüssen wir Gilles Basse, Finanzdirektor bei Fundim


'5 Minuten mit' ist eine Interviewreihe, die zu einem besseren Verständnis der Akteure der Immobilienverbriefung in der Schweiz und ihrer Aktivitäten beitragen soll.
 

Gilles Basse, stellen Sie sich bitte kurz vor.  
 

Ich bin 38 Jahre alt, gebürtiger Franzose, genauer gesagt aus der Normandie, verheiratet und habe drei Kinder. Ich habe in Kanada studiert und meine gesamte berufliche Laufbahn in der Schweiz absolviert, zunächst in der Finanzbranche und nun im Immobiliensektor.

 

Kehren wir zum Anfang zurück: Weshalb Kanada?    
 

Während meines Vorbereitungsstudiums in Frankreich bewarb ich mich an mehreren Universitäten und als mich die HEC Montréal annahm, dachte ich mir, es könnte eine gute Erfahrung werden. 

 

Wie landet man nach Montréal in der Genfer Finanzbranche?  
 

Während meines Studiums machte ich ein Praktikum in Genf, wo ich erfuhr, dass bei EIM, einem grossen Hedgefonds mit Sitz in Nyon, Leute gesucht werden. Ich nahm meine Arbeit 2008 auf. Das Timing war sehr schlecht, denn infolge der Finanzkrise wurde der Madoff-Skandal aufgedeckt. EIM wurde in den Strudel reingezogen und verlor innerhalb weniger Monate mehrere Milliarden Franken. Dies zog eine grosse Umstrukturierung nach sich. Da ich eben erst begonnen hatte, gehörte ich zu den Leuten, die entlassen wurden. Ohne Folgen für mich, da die BCV zur gleichen Zeit jemanden mit Erfahrung im Hedgefondsbereich suchte und mich einstellte. 

 

Sie haben dann schnell in die Vermögensverwaltung gewechselt.     
 

Ich mag den Kundenkontakt, den man nur selten hat, wenn man im Asset Management mit Hedgefonds tätig ist. Deshalb wechselte ich zur Vermögensverwaltung. Ich arbeitete von 2009 bis 2013, also fünf Jahre, bei der BCV.

 

Und wie sind Sie dann zur Immobilienbranche gekommen?  

 

Ich begegnete Anthony Collé, dem damaligen Direktor und Aktionär der MK-Gruppe, die in der Immobilienbranche tätig ist. Er stellte mir seine Idee für ein Investmentvehikel vor, das später die Fondation Equitim werden sollte. Die Idee gefiel mir sehr gut, weshalb ich mich bereit erklärte, diese Stiftung gemeinsam mit ihm aufzubauen. Immobilien haben mich schon immer interessiert, denn es ist ein Sachwert.

 

Was ist die Fondation Equitim? 

 

Es ist eine Stiftung, der fünf Pensionskassen angehören und die etwa 15 Immobilienprojekte verwaltet, von denen einige bereits in Betrieb, andere noch im Bau sind. Alle Projekte werden in Zusammenarbeit mit Waadtländer Gemeinden verwaltet, mit dem Ziel, Wohnungen zu erschwinglichen Mieten anzubieten. Die Gemeinden bleiben in der Regel Eigentümerinnen der Grundstücke und räumen uns ein Baurecht ein. 

 

Gelingt es Ihnen, bei Wohnungen mit niedrigen Mieten das Interesse der Anleger zu wecken? 

 

Ja, das ist überhaupt kein Problem. Pensionskassen investieren auf sehr lange Sicht und möchten deshalb Sicherheit haben. Sie wissen, dass die Leerstandsquote immer sehr niedrig sein wird, wenn qualitativ hochwertige Wohnungen zu erschwinglichen Mieten angeboten werden. Zudem können wir mit einer Nettorendite von 3% bis 3,5% aufwarten, was für eine Immobilienanlage heute voll und ganz in Ordnung ist.

 

2015 haben Sie die MK-Gruppe aber dennoch verlassen. 

 

Es war etwas komplizierter als das. Anthony Collé, mit dem ich mittlerweile eng befreundet war, verkaufte seine Gruppe an die Gesellschaft Foncia. Er behielt jedoch die Anlagevehikel, die Fondation Equitim und die KmGK Realitim. Er integrierte sie in eine neue, eigens dafür gegründete Gesellschaft – Fundim –, welche die gleichen Altaktionäre wie die MK-Gruppe behielt, d. h. die Familie Klunge und Anthony Collé. Da ich hauptsächlich für diese Investmentvehikel tätig war, lag es auf der Hand, zu Fundim zu wechseln. Ich arbeite zwar für eine andere Gesellschaft, mache aber genau die gleiche Arbeit mit genau demselben Team.  
 

 

Was für Anlagevehikel verwaltet Fundim?   

 

Erstens die Fondation Equitim, von der ich bereits gesprochen habe. Dann drei KmGK, also Kommanditgesellschaften für kollektive Kapitalanlagen. Zunächst die Realitim I, die 2011 aufgelegt wurde und für die wir 57 Millionen Franken aufnahmen. Die Gesellschaft wurde 2021 liquidiert. Sie generierte eine Jahresrendite von 13%. Dann die Realitim II, die 2016 mit 92 Millionen Franken lanciert wurde und 2024 oder 2025 liquidiert werden dürfte. Und schliesslich die Realitim III, die wir Ende 2021 mit 116 Millionen Franken auflegten.  

 

Welche Strategie verfolgen diese Fonds?   
 

Das ist ganz einfach. Wir sanieren industrielle und städtische Brachflächen. Wir renovieren – wenn möglich – die Gebäude auf diesen Brachflächen. Ist dies nicht möglich, reissen wir sie ab, um neue Liegenschaften zu bauen, die alle ESG-Kriterien erfüllen.

 

Diese Strategie verfolgen immer mehr Immobilienanleger, nicht?  
 

In der Westschweiz ist der Wettbewerb noch nicht so rau wie in der Deutschschweiz. Zudem heben wir uns dadurch von der Konkurrenz ab, dass jede KmGK 10 bis 15 unterschiedliche Projekte hält, wodurch die Risiken gestreut werden.

 

Ist es riskant, eine Energieschleuder oder eine Brachfläche zu sanieren? 
 

Sagen wir es so: Das Risiko ist deutlich grösser als beim Kauf einer neuen Wohnliegenschaft. Doch auch die Rendite ist viel höher. Zunächst gibt es das rechtliche Risiko, da die Gemeinde im Falle einer Industriebrache der Umnutzung zustimmen muss. Dann muss man die Baubewilligung einholen und sich mit Einsprüchen gegen das Bauvorhaben auseinandersetzen. Man kann nie im Voraus wissen, wie diese Einsprüche von den Behörden oder gar von den Gerichten aufgenommen werden. Anschliessend gibt es das Baurisiko, das heute hoch ist, da die Preise für Baustoffe und Bauarbeiten in die Höhe geschnellt sind. Und schliesslich gibt es noch das Vermarktungsrisiko, das in den letzten Monaten aufgrund des Anstiegs der Hypothekarzinsen zugenommen hat. Unsere Aufgabe ist es, mit all diesen Risikofaktoren umzugehen, um die verschiedenen Projekte zum Abschluss zu bringen. 

 

Wollten Sie angesichts all dieser Immobilienprojekte nie einen eigenen klassischen Immobilienfonds auflegen? 
 

Ehrlich gesagt haben wir darüber nachgedacht. Aber es liegt nicht in unserer DNA. Wir wollen Immobilienprojekte in Nischenmärkten entwickeln, wo es eine echte Wertschöpfung gibt.

 

Kommen wir wieder auf Sie zu sprechen. Was sind Ihre beruflichen Charaktereigenschaften? 
 

Ich mag es, wenn die Arbeit korrekt gemacht wird. Ich bin anspruchsvoll und suche immer den menschlichen Kontakt. Ich bin überzeugt, dass es besser ist, die Dinge gemeinsam zu machen als allein.

 

Und im Privatleben? 
 

Ich bin kontaktfreudig und zuversichtlich, das Glas ist bei mir immer halbvoll.

 

Was sind Ihre Hobbys?

 

Ich verbringe gerne Zeit in der Natur, gehe mit meiner Familie spazieren. Und ich esse gerne gut, ich schätze die Gastronomie und gute Weine.

 

Schliessen wir das Gespräch mit einer Frage ab, die wir immer am Ende stellen: Was würden Sie ändern, wenn Sie einen Zauberstab hätten und die Zeit zurückdrehen könnten? 
 

Nichts, denn ich habe nie etwas bereut. Ich schaue lieber nach vorne als zurück.

 

Olivier Toublan, Immoday