5 Minuten mit Thomas Vonaesch, COO von Investissements Fonciers SA (IFSA), der Geschäftsleitung des Schweizer Immobilienanlagefonds La Foncière

07/03/2023

Olivier Toublan

Immoday

5 Min

Zum heutigen '5 Minuten mit'-Interview begrüssen wir Thomas Vonaesch, COO von Investissements Fonciers SA (IFSA), der Geschäftsleitung des Schweizer Immobilienanlagefonds La Foncière

 

'5 Minuten mit' ist eine Interviewreihe, die zu einem besseren Verständnis der Akteure der Immobilienverbriefung in der Schweiz und ihrer Aktivitäten beitragen soll.
 

Thomas Vonaesch, wer sind Sie?  
 

Ich bin verheiratet und habe vier Kinder, drei Mädchen und einen Jungen. Seit fast 40 Jahren arbeite ich im Immobilienbereich. Ich habe in dieser Branche bei verschiedenen Unternehmen gearbeitet, unter anderem bei Coop, Generali oder Swisscom. Seit 14 Jahren bin ich der COO von Investissements Fonciers SA, der Geschäftsleitung des Schweizer Immobilienanlagefonds La Foncière.

 

Wie sieht Ihre Arbeit bei La Foncière konkret aus?  
 

Zusammen mit meinem Team aus sechs Personen sind wir für den Immobilienbestand des Fonds verantwortlich, der einen Wert von rund 1,8 Milliarden Franken hat und aus 4’250 Wohnungen und 71'000 m2 Geschäftsflächen besteht. Einen Teil der Verwaltung haben wir an Partnerverwaltungen abgegeben, mit denen wir eine sehr genaue und standardisierte Arbeitsweise und Kontrolle eingeführt haben. Intern sind wir weiterhin für das Asset Management, das Portfoliomanagement, die Akquisitionen, die Entwicklung und die Bauprojekte verantwortlich. Wobei wir seit 2009 einen starken Fokus auf die Energiewende legen. Wir sind übrigens stolz auf unsere Zahlen: Wir konnten 34 % des Stromverbrauchs pro m2, 22 % der Heizkosten und 15 % des Wasserverbrauchs einsparen und verzeichneten einen Rückgang des CO2-Ausstosses um 40 %, ebenfalls pro m2.

 

Welche dieser verschiedenen Tätigkeiten nimmt einen grossen Teil Ihrer Zeit in Anspruch?  
 

In den letzten zehn Jahren, als die Immobilienpreise in die Höhe schnellten, haben wir vorzugsweise unseren Bestand optimiert, anstatt Neuanschaffungen zu tätigen. Wir haben das gesamte Portfolio auf sein Potenzial für Aufstockungen, Dachgeschossausbauten und die Nutzung von Baureserven geprüft. Dadurch konnten wir beispielsweise zwischen Genf und Lausanne etwa 170 zusätzliche Wohnungen schaffen, wobei in den letzten Jahren mehrere grosse Projekte entwickelt wurden. Das jüngste Projekt ist eine Neuentwicklung in Lausanne mit 35 statt 19 Wohnungen unter absoluter Einhaltung der ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance). Es wird in den nächsten Wochen anlaufen.

 

Sie haben gerade die hohen Immobilienpreise angesprochen. Wie sehen Sie als Verantwortlicher für Immobilieninvestitionen die aktuelle Marktsituation?  
 

Der Anstieg der Zinssätze hatte deutliche Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Es ist zwar unbestritten, dass sich das Tempo des Preisanstiegs verlangsamt hat, aber eine echte Korrektur oder ein Preisrückgang ist noch nicht zu beobachten. Für uns besteht die Herausforderung weiterhin darin, Immobilien, die unserer Anlagestrategie entsprechen, zu angemessenen Preisen zu finden. Wir rechnen jedoch in den nächsten Monaten mit einer Korrektur, die uns einige Kaufgelegenheiten bescheren dürfte.

 

Preiskorrektur oder Preissturz?  
 

Eher eine Korrektur. Nachdem die Zinsen wieder gestiegen sind und die Anleihezinsen wieder attraktiver werden, hat sich der Anstieg der Immobilienpreise inzwischen verlangsamt, was zu einer Korrektur führen könnte. Aber Immobilien bleiben für institutionelle Anleger ein sehr attraktiver Anlagewert. Es ist daher unwahrscheinlich, dass es zu einer Verkaufswelle und infolgedessen zu einem Preissturz kommt. 

 

Was wären langfristig gesunde Renditen?  
 

Es ist schwierig, eine absolute Aussage über eine statthafte feste Rendite zu treffen. Die Profile der Immobilien, der Anlagefonds und der Investoren sind sehr unterschiedlich. Da die Bewertung von Immobilien im Bereich der Anlagefonds in der Regel auf der DCF-Methode beruht, bei welcher die Höhe der Mieten berücksichtigt wird, hängt die Interpretation der gesunden Rendite davon ab, ob es sich um eine neu gebaute Immobilie oder eine alte Immobilie handelt. Aber Renditen um 3,5 % werden auch heute noch von den Käufern akzeptiert. 

 

Wird es bei all den Nachhaltigkeitsauflagen, die eine grosse Belastung darstellen, zukünftig noch solche Renditen geben?  
 

Unser Portfolio besteht zu einem grossen Teil aus älteren, aber gut gelegenen Gebäuden in Stadtzentren. Durch energetische Verbesserungen und die allmähliche Renovation von Mieteinheiten werden diese Gebäude auf dem Mietmarkt attraktiv gehalten. Wir haben bereits mehrere Renovationsprojekte und energetische Verbesserungen durchgeführt, und die Ergebnisse sind aus finanzieller Sicht für La Foncière ermutigend.    

 

Sagen Sie, wie es ist: Ist es wirklich möglich, bis 2050 im Immobiliensektor CO2-neutral zu werden?  
 

Das ist in der Tat eine grosse Herausforderung für die gesamte Branche – auch für La Foncière, und zwar trotz guter Planung, einer grossen Expertise im Bereich der Gebäudesanierung und möglicher Skaleneffekte. Aber um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle am gleichen Strang ziehen: Investoren, Eigentümer, aber auch Mieter und nicht zuletzt die Behörden. Bleibt dennoch ein grosses Fragezeichen: Wird es genügend Arbeitskräfte geben, um alle notwendigen Renovationen rechtzeitig durchzuführen? Im Moment ist dies nicht wirklich der Fall.

 

Kommen wir auf Ihre berufliche Laufbahn zurück. Welche Ausbildung haben Sie?  
 

Ich begann mit einer kaufmännischen Ausbildung in einer Notariatskanzlei. 1987 wechselte ich zu Coop in Genf, wo ich im Immobilienbereich arbeitete. Daran schloss ich ein eidgenössisches Diplom als Immobilienverwalter und -makler und einen MBA-Kurs Executive Portfolio Manager of International Real Estate an.

 

Warum Coop? 
 

Ich war gerade von einem Praktikum in den USA zurückgekehrt und hatte bei Coop Genf eine interessante Stelle als Leiter der Immobilienabteilung entdeckt. Es war eine sehr gute Erfahrung, bei der ich die Bedeutung einer konsequent kundenorientierten Unternehmenskultur kennenlernte. Dieser Ansatz war zu jener Zeit in der Genfer Immobilienbranche nicht sehr verbreitet. 

 

 

Anschliessend wechselten Sie 1997 zu Generali in Zürich. 
 

Ein Konzern mit einer starken Unternehmenskultur. Dies war ein sehr wichtiger Schritt in meiner Karriere. Zum ersten Mal verwaltete ich einen grossen Immobilienbestand im Wert von 1,3 Milliarden Franken, und das in einer Zeit zwischen Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre, in der der Markt mehrere Krisen erlebte. Es war also wirklich spannend. 

 

Nach verschiedenen Positionen in mehreren Unternehmen, jedoch immer in der Immobilienbranche, kamen Sie 2009 zu La Foncière. 
 

Ich war auf der Suche nach einer neuen Herausforderung und wollte in der Westschweiz bleiben. Ich dachte, ich würde fünf Jahre bei La Foncière bleiben, und hier bin ich nun seit 14 Jahren!

 

Ist es nicht langweilig, 14 Jahre lang in derselben Firma in derselben Position zu arbeiten? 
 

Absolut nicht, es gibt immer neue Herausforderungen oder neue Projekte, was sehr anspruchsvoll ist. Zumal es in der Immobilienbranche mehrere Jahre dauern kann, bis die Projekte abgeschlossen sind und man die Früchte seiner Arbeit erntet. Die Erfolge bei der Entwicklung des Immobilienbestands von La Foncière sind eine Quelle der Motivation. 

 

Aus beruflicher Sicht: Was sind Ihre Qualitäten? 
 

Ich bin eine pragmatische Person, die gern direkt zur Sache kommt und sehr ergebnisorientiert arbeitet. Ich schätze Teamarbeit sehr, und damit ich mich wohlfühle, arbeiten wir dynamisch zusammen.

 

Und Ihre grössten Schwächen?  
 

Ich werde schnell ungeduldig und kann draufgängerisch sein! 

 

Aus persönlicher Sicht: Was sind Ihre wichtigsten Charaktereigenschaften?  
 

Ich schätze Familienwerte sehr und bin immer aktiv. Auch in meinem Privatleben mag ich es, wenn viel los ist, und mit vier Kindern ist das immer der Fall. Ausserdem sind da noch meine Hobbys!

 

Und, was sind Ihre Hobbys? 
 

Ich habe schon immer Kampfsport getrieben. Und ich geniesse das Reisen. Wir haben einen Camper und machen Ausflüge abseits der üblichen Touristenpfade.

 

Kampfsport? 
 

Ja, der Sport, bei dem ich am meisten Fortschritte gemacht habe, ist Krav Maga, die Nahkampfkunst der israelischen Armee.

 

Das ist eine ungewöhnliche Leidenschaft. 
 

Ich hatte schon immer eine Vorliebe für Kampfsportarten. Als Kind habe ich mit Judo angefangen, dann Karate, dann ein bisschen amerikanisches und englisches Boxen. Und eines Tages habe ich Krav Maga entdeckt. Das hat mich gepackt. Ich mache das jetzt seit etwa zwanzig Jahren. Von 2010 bis 2022 habe ich sogar eine Schule in Nyon geleitet. Vor allem Kinder und Frauen können nicht nur lernen, sich zu verteidigen, sondern auch der Welt mit einer anderen Einstellung und einem anderen Verhalten zu begegnen. Ich habe sogar meine Arbeitskollegen in diese Praxis eingeführt, das stärkt den Respekt untereinander.

 

Unsere letzte Frage, mit der wir immer unsere Porträts beenden: Wenn Sie einen Zauberstab hätten, was würden Sie an Ihrem Werdegang ändern? 
 

Ich hätte mehr Zeit mit meinen Kindern verbracht, als sie noch klein waren, in einer Zeit, in der ich zu viele berufliche und ausserberufliche Aktivitäten hatte, die mich fern von Zuhause beschäftigt haben!


 

Olivier Toublan, Immoday