Institutionelle Anleger interessieren sich nach wie vor für Gewerbeimmobilien

21/03/2022

Cyril Peyrot

Naef Investissement & Commercial

3 min

Gerade wurden die neuesten Statistiken zum Immobilienmarkt in Genf veröffentlicht, dem einzigen wirklich transparenten Markt in der Westschweiz. Bei den Verkäufern handelt es sich oft um Privatpersonen, bei den Käufern fast immer um Institutionen, wobei die Immobilienpreise stetig steigen und die Renditen fallen. Gewerbeimmobilien hingegen erleben ein Comeback.

 

In der Westschweiz ist der Genfer Immobilienmarkt der Einzige, der transparent ist. Naef Investissement & Commercial hat vor Kurzem die Zahlen für das Jahr 2021 zusammengestellt: 146 Verkäufe und eine Rekordsumme von 4,2 Milliarden Franken. Dabei belief sich die grösste Transaktion auf 615 Millionen Franken – ein Rekord bei Gewerbeimmobilien mit dem Verkauf des Gebäudes der Bank Pictet an einen deutschen Investor.

Man hätte meinen können, die Pandemie hätte die Karten neu gemischt, aber zwei Jahre später ist klar, dass dies nicht wirklich der Fall war. Eine tiefergehende Analyse bringt tatsächlich Veränderungen zutage, vor allem im Gewerbebereich, wie Cyril Peyrot, Head of Investment für die Region Genf bei Naef Investissement & Commercial, erläutert.

 

Cyril Peyrot, wie schätzen Sie den Genfer Immobilienmarkt ein?


Dieser Markt befindet sich eindeutig in einem Ungleichgewicht. Auf der einen Seite haben wir die institutionellen Anleger, die gezwungen sind, Immobilien zu kaufen, weil diese in einem Umfeld mit Negativzinsen die letzte Anlagemöglichkeit mit stabilen Renditen bieten, und auf der anderen Seite gibt es die Verkäufer, häufig Privatpersonen, die von dieser Situation profitieren können, weil die Preise immer weiter steigen. Eine Zahl verdeutlicht die Entwicklung des Marktes gut: In Genf erreichte das gehandelte Volumen im Jahr 2021 4,2 Milliarden Franken bei 146 Verkäufen. Dieses Volumen betrug im Jahr 2017 noch 1,8 Milliarden bei 122 Verkäufen. Mit anderen Worten, der durchschnittliche Verkaufspreis hat sich in fünf Jahren mehr als verdoppelt.

 

Welches Profil haben die Käufer und Verkäufer?


Das ist leicht zu beantworten. Auf der Seite der Verkäufer haben wir zu zwei Dritteln Privatpersonen, auf der Seite der Käufer sind mehr als 90 % institutionelle Anleger.
 

 

Ihre neueste Analyse des Immobilienmarktes der Westschweiz zeigt einige grosse Verkäufe von Gewerbeimmobilien. Ich hatte allerdings gedacht, dass institutionelle Anleger nur noch auf Wohnimmobilien setzen.


Das hängt von deren Strategie ab. Und auf die meisten trifft das sicherlich oft zu. Aber bei einigen ist der Bedarf an Immobilienwerten so gross, dass sie sich nicht auf Wohnimmobilien beschränken können und auch Gewerbe- und Bürogebäude kaufen. Die Zahlen sprechen für sich: In Genf ist der Gewerbesektor, nachdem er in den letzten Jahren etwas vernachlässigt worden war, mit einem Investitionsvolumen von 1,9 Milliarden Franken im Jahr 2021 (2017 waren es weniger als 1 Milliarde Franken) fast wieder auf das Niveau von Wohnimmobilien zurückgekehrt. Aber das entspricht am Ende nur 27 Verkäufen.

 

Also hatte die Pandemie entgegen unserer Annahme keine Auswirkungen auf diesen Immobilientyp?


Institutionelle Anleger interessieren sich nach wie vor für Gewerbeimmobilien, aber achten Sie auf die Nuancen. Betrachtet man die Situation etwas genauer, wird deutlich, dass die bereits bestehenden Trends durch die Pandemie noch verstärkt wurden. Konkret bedeutet das, dass Investoren die Randlagen ausser Acht lassen und die Innenstadt bevorzugen, wo es im Gewerbebereich keine grösseren Probleme mit Leerständen gibt. Das zeigt auch unsere Analyse: In einigen Randgebieten sinken die Mieten.

 

Um wieviel?


In Genf wurden Büroflächen in den Randlagen vor fünf Jahren für bis zu 500 Franken pro Quadratmeter im Jahr vermietet. Die Mieten sind inzwischen auf 350 bis 400 Franken/m²/Jahr gesunken. Was für Investoren, die in diesen Vierteln gekauft haben, nicht unerheblich ist.
 

Es gibt also keine Hoffnung mehr für Büros ausserhalb der Stadtzentren?


Und auch hier darf man nicht pauschal urteilen. Es gibt Randgebiete, die sich sehr gut entwickelt haben und in denen sich die Büros schnell füllen, wie z. B. Lancy-Pont-Rouge, Chêne-Bourg oder Eaux-Vives. Also neue Büros, die den neuen Kriterien Komfort und Energieverbrauch entsprechen, modulare Büros mit einer vielfältigen Umgebung, Restaurants, Geschäften und einer guten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.

 

Und was ist mit den ehemals privilegierten Gegenden wie rund um den Flughafen?


Für die ist es schwierig geworden. Damals war es ein Vorteil, Büros in der Nähe des Flughafens und in der Nähe der Autobahn anbieten zu können. Doch das hat sich geändert. Es ist kompliziert geworden, Büros in diesen Gebieten zu vermieten. Zumal diese Gebäude oftmals in die Jahre gekommen sind und nicht mehr wirklich den Bedürfnissen der Unternehmen entsprechen. Die Eigentümer werden investieren müssen, um sie zu verbessern.

 

Gilt das auch für Gewerbeflächen?


Teilweise sind die Mieten für stark von Corona betroffene Gewerbebetriebe zu hoch geworden, weil diese einen Teil ihrer Kunden und damit ihrer Umsätze verloren haben. Wenn sich die Eigentümer dieser Gewerbeflächen nicht mit ihren Mietern einigen können, sei es durch eine Mietsenkung oder eine kostenlose Nutzung für einige Monate, besteht für sie ein reales Risiko, dass einige dieser Mieter nicht mehr zahlen oder ihren Betrieb einstellen.

 

Haben die Eigentümer mitgespielt?


Soweit ich weiss, hat die Mehrheit verstanden, dass es nicht in ihrem Interesse lag, ihre Mieter im Regen stehen zu lassen. Zumal sich die Fristen für die Neuvermietung der Flächen, die nicht direkt im Zentrum liegen, verlängert haben. Das dauert heute sechs bis neun Monate. Manchmal länger.

 

Wenn man in einer solchen Gegend ein Gebäude besitzt, warum sollte man es heute verkaufen? Ist es nicht besser, damit zu warten? Schliesslich steigen die Preise weiterhin.


Es sind hauptsächlich Privatpersonen, die verkaufen, und die Gründe können vielfältig sein. Da kann es Probleme mit Erbschaften geben, bei denen die Erben aus verschiedenen Gründen die geerbten Immobilien verwerten wollen. Oder ältere Eigentümer, die diese Probleme nicht ihren Erben überlassen wollen und sich für den Verkauf entscheiden. Zumal diese Eigentümer wissen, dass neue Normen und Vorschriften für den Energiewandel kommen, die sie zwingen werden, erhebliche Summen in die Renovation ihrer Gebäude zu stecken. Was ein zusätzlicher Anreiz für den Verkauf ist, vor allem wenn man nicht über die ausreichenden Mittel verfügt. Ausserdem ist es ideal, wenn die Nachfrage auf dem Markt so hoch und das Angebot so niedrig ist. Für Eigentümer, die ihre Gebäude verkaufen möchten, ist dies eine gesegnete Zeit. Allerdings scheint die Anzahl der Transaktionen in den letzten Jahren nicht signifikant zu steigen, aber das Volumen nimmt zu. Einige werden die Gelegenheit nutzen und verkaufen, während andere keine bessere Alternative zur Reinvestition sehen und vom Verkauf absehen werden.

 
 

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Cyril Peyrot, Head of Investment für die Region Genf bei
Naef Investissement & Commercial,
interviewt von Olivier Toublan