Marktanalyse

28/09/2021

Patrick Gunti

Immoday

4 min

Was kennzeichnet aktuell den schweizerischen Immobilien-Investmentmarkt?

 

Ich würde gerne Neues berichten, aber die Situation ist nach wie vor die Gleiche: Die relative Attraktivität von Immobilienanlagen ist unverändert hoch und es sind unverändert viele Investoren auf der Suche nach passenden Anlagen. Das setzt die Preise weiterhin unter Druck und damit auch die Renditen.

 

Man darf aber nicht vergessen: Trotz dieser Renditekompression im Core-Segment ist die relative Attraktivität von Immobilienanlagen aufgrund der tiefen Zinsen gegenüber früher sogar noch gestiegen.

 

Für uns als Anlegerin und auch als Anbieterin von Immobilienprodukten ist klar: Im aktuellen Umfeld ist die Qualität der Immobilien im Portfolio entscheidender denn je.

 

Private und institutionelle Anleger suchen nach Anlagealternativen und entsprechend gross ist die Nachfrage nach Immobilien. Gibt es überhaupt noch genügend geeignete Fondsimmobilien?

 

Es gibt eine hohe Nachfrage nach solchen Anlageprodukten, in der Tat. In den letzten eineinhalb Jahren besonders nach Wohnprodukten, mit der konjunkturellen Erholung gewinnen aber auch kommerziell fokussierte Anlageprodukte wieder an Attraktivität.

 

Gerade kleinere Anleger sind darauf angewiesen, auf diesem Weg diversifiziert in Immobilien investieren zu können. Entsprechend hoch ist die Dynamik im Markt. Es werden neue Anlageprodukte aufgelegt oder in bestehenden Gefässen Kapitalerhöhungen durchgeführt.

 

Ich bin der Meinung, dass es für Anleger ein attraktives Angebot gibt – auch mit Blick auf unser Angebot: Wir haben am 1. September eine Kapitalerhöhung für unseren börsennotierten Immobilienfonds «Swiss Properties» angekündigt.

 

Im vergangenen Jahr ist das Anlagegeschäft für Drittkunden um 10% gewachsen, vor allem auch dank Immobilienprodukten. Hält die Entwicklung im laufenden Jahr an?

 

Wir blicken wiederum auf ein sehr erfolgreiches erstes Halbjahr 2021 zurück. Wir konnten an die positive Dynamik der letzten Jahre anknüpfen und sie fortsetzen.

 

Für mich ist das natürlich ein tolles Umfeld und eine grosse Chance, auf diesen Schnellzug aufspringen zu können. Entsprechend freue ich mich darauf, mich voll einbringen zu können – und mein Bestes zu geben, dass wir diese Entwicklung noch weiter ausbauen können.

 

Die expansive Fiskalpolitik befeuert Inflationsängste. Sind Immobilienfonds aus Ihrer Sicht ein guter Inflationsschutz?

 

Immobilien bringen einen sehr guten langfristigen Inflationsschutz mit, können aber je nach Nutzung kurzfristig Verzögerungen in Mietzinsanpassungen aufweisen.

 

Viel wesentlicher ist aus meiner Sicht aber, sich mit den makroökonomischen Daten auseinanderzusetzen. Ich stimme Ihnen zu, dass derzeit viel über die Inflation geschrieben wird. Die aktuellen Werte sind auch ungewohnt stark angestiegen, in der Schweiz jedoch immer noch auf sehr tiefem Niveau. Wir sind zudem der Meinung, dass dies ein temporäres Phänomen ist. Es sind vor allem einmalige Effekte, welche die Inflation angetrieben haben, beispielsweise fallende Preise im Vorjahr.
 

 

Für welche Segmente sehen Sie künftig die grössten Wachstumschancen?

 

In meinen Augen bleiben Wohnimmobilien ein sehr stabiler Faktor.

 

Bei Büroimmobilien wird die Qualität wichtiger als in der Vergangenheit: Arbeitgeber werden auch künftig nicht auf Büros verzichten, aber die Lage und der Ausbau werden wichtiger. Die Arbeitgeber wollen – und ich denke auch müssen – ihren Mitarbeitern etwas bieten.

 

Ähnliches gilt für den Retailsektor, wo wir an unseren hervorragenden Lagen auch künftig mit einer robusten Nachfrage rechnen.

 

Wachstumssegmente sehen wir in Nischen wie beispielsweise Alters- und Gesundheitsimmobilien, die vom allgemeinen Trend der demografischen Entwicklung profitieren, sowie bei Logistik-Immobilien im europäischen Ausland, die unter anderem auch aufgrund des zunehmenden Online-Handels immer wichtiger werden.

 

Immer mehr Unternehmen, Vorsorgeeinrichtungen etc. lassen ihre Immobilienportfolios extern bewirtschaften. Versicherer bieten ihnen dabei eine hohe Glaubwürdigkeit. Wie sichern Sie diese?

 

Es gibt zwei Seiten: Natürlich sichern wir über unsere Prozesse und Standards ab, dass wir unsere hohe Qualität immer sicherstellen können. Wichtiger erscheint mir aber der kulturelle Faktor: Swiss Life Asset Managers investiert seit über 120 Jahren in Immobilien und diese Anlageklasse gehört quasi zur DNA des Unternehmens.

 

Zudem bieten wir die gesamte Wertschöpfungskette, von der Entwicklung und Erstellung, über Asset- und Portfolio-Management im Betrieb, inklusive Bewirtschaftung, bis zu Bewertung von Potenzialen und Transaktion. Diese Marktnähe bringt Know-How – und schlussendlich in Kombination mit der Erfahrung und der Kultur natürlich auch die erwähnte Glaubwürdigkeit.

 

Neben der finanziellen Rendite werden bei Anlegern ESG-Faktoren immer wichtiger. Stellen Sie die Forderung nach nachhaltigen Investments auch in Ihrem Bereich fest?

 

Ja, absolut. Diese Themen haben mich in den ersten Monaten in meiner neuen Rolle auch intensiv beschäftigt. Ich denke, es ist eine legitime Forderung der Anleger, dass wir unsere Immobilienanlagen nach Nachhaltigkeitskriterien ausrichten.

 

Wir integrieren die ESG-Faktoren konsequent in unsern Anlage- und Risikoprozessen. Dies ist heute eine Selbstverständlichkeit. Dabei lassen wir uns auch messen: Wir nehmen mit unseren Produkten auch beim Benchmarking von GRESB teil und schneiden jedes Jahr ein Stück besser ab. Darauf sind wir auch sehr stolz.

 

Die Digitalisierung hat zusammen mit der Nachhaltigkeit den prägendsten Einfluss auf die Immobilienwirtschaft. Welche digitalen Themen sind für Ihr Gebiet von besonderem Interesse?

 

Da stimme ich Ihnen zu. Ich denke auch, dass die Digitalisierung in der Immobilienbranche für einige Veränderungen sorgen wird. Es gibt so viele spannende Anwendungsfelder.

 

Wir haben in der Bewirtschaftung bei unserem Tochterunternehmen Livit tolle Entwicklungen sehen können, wie die Bewirtschaftung vom Übernahme- bis zum Abgabeprotokoll digitalisiert wurde und auch unseren Mietern einen grossen Mehrwert bieten.

 

Ich selbst bin noch stärker mit der Digitalisierung im Asset- und Portfolio-Management konfrontiert. Die Möglichkeiten der Analyse, der Auswertung von immer mehr und besseren Daten aus unserem Portfoliomachen das Portfolio-Management besser und effizienter. Ich könnte noch viel aufzählen: von Energiemanagement bis zur Planung und Baumanagement – es ist ein faszinierendes Feld.
 
 

Marie Seiler
Head Third Party Real Estate Schweiz
Swiss Life Asset Managers
 
 
Patrick Gunti für Immoday