Immobilienfonds: Wenn sich die kantonalen Behörden nicht einig sind

13/12/2021

Olivier Toublan

COPTIS

5 min

Die kantonalen Behörden sind sich nicht einig, ob bei einem Wechsel der Fondsleitung eine Handänderungssteuer anfällt: Die Kantone Waadt und Genf erheben bei einem Fondsleitungswechsel keine Handänderungssteuer, der Kanton Freiburg hingegen schon. Dies treibt so manchem Verwalter die Sorgenfalten in die Stirn. Wir sind mit den Experten von COPTIS der Sache auf den Grund gegangen.

 

Als Verwalter eines Immobilienfonds hat man es nicht immer einfach, wenn man mit der Verwaltung zu tun hat. Bisweilen unterscheidet sich die Praxis in heiklen Punkten der Besteuerung von Kanton zu Kanton. Wie beispielsweise bei einem Fondsleitungswechsel und der damit einhergehenden Handänderungssteuer. Wir gehen dieser Frage mit den Experten von COPTIS, dem Schweizer Berufsverband für Immobilienverbriefung, auf den Grund. COPTIS hat vor einigen Wochen einen runden Tisch zu diesem Thema organisiert, welches den Fachleuten der Immobilienverbriefung Sorgenfalten in die Stirn treibe und sie des Schlafs beraube, so der Präsident von COPTIS, Manuel Leuthold.

 

Wann ist eine Handänderungssteuer zu erheben?
 

Es kommt bisweilen vor, dass ein Immobilienfonds seine Fondsleitung wechselt. Wenn es sich um einen vertraglichen Immobilienanlagefonds handelt, werden die Immobilien gemäss der Verordnung über die kollektiven Kapitalanlagen auf den Namen der Fondsleitung im Grundbuch eingetragen. Laut Thierry de Mitri, einem Steuerexperten, ist die Fondsleitung rechtlich gesehen somit die Eigentümerin der Immobilien, auch wenn es sich bekanntermassen um eine Art «rechtliche Fiktion» handelt, da die Fondsleitung die Immobilien nicht in der Bilanz führt und letztlich nur eine Dienstleisterin ist. Doch genau hier beginnen die Probleme mit der Steuerverwaltung.
 

Da jeder Fondsleitungswechsel einen neuen Eintrag ins Grundbuch erfordert, stellt sich für die Steuerverwaltung die Frage, ob eine Handänderungssteuer zu erheben ist, weil der rechtliche Eigentümer der Immobilien gewechselt hat, auch wenn die Anteilseigner dieselben bleiben. Die Antwort auf diese Frage ist alles andere als trivial, da es sich bei der Handänderungssteuer (3,3% des Verkehrswerts der Immobilie) um sehr hohe Summen handelt.
 

Nach Meinung von Thierry de Mitri hängt letztlich alles davon ab, wie die Steuerverwaltung das Problem angeht – aus rein rechtlicher oder aber aus wirtschaftlicher Perspektive.

 

Für den Kanton Waadt ist die Rechtsprechung nun klar
 

Das Waadtländer Kantonsgericht habe sich als Erstes zu dieser Frage geäussert, erklären Pierre Dériaz, Leiter der Abteilung «Besteuerung» des Kantons Waadt, und Nicolas George, Leiter der Abteilung «Handänderungssteuern» des Kantons Waadt. Für diese beiden Experten gibt es drei unterschiedliche Fälle: Der erste ist unproblematisch: die Übertragung einer Immobilie zwischen zwei Fonds mit unterschiedlichen Fondsleitungen. Im Grundbuch wird eine neue Fondsleitung als Eigentümerin der Immobilie eingetragen, was automatisch zur Erhebung der Handänderungssteuer führt. Nicht weiter erstaunlich.
 

Komplizierter wird es jedoch bei einer Übertragung zwischen zwei Fonds, die beide dieselbe Fondsleitung haben. Für die Waadtländer Steuerbehörden war in diesem Fall eine Handänderungssteuer zu erheben. Eine Fondsleitung legte gegen diesen Entscheid Beschwerde ein, da ihrer Meinung nach keine Immobilienübertragung stattfand. Sie argumentierte wie folgt: «Die Immobilie geht wirtschaftlich von einem vertraglichen Anlagefonds auf einen anderen Fonds gleicher Art über, die beide an dieselbe Fondsleitung gebunden sind. Es findet also keine Immobilienübertragung im zivilrechtlichen Sinne statt, weshalb auch keine Handänderungssteuer zu erheben ist.»

 

 

Eine Übertragung zwischen zwei Fonds mit derselben Fondsleitung
 

Das Waadtländer Kantonsgericht, das mit diesem Fall befasst war, erkannte an, dass die Fondsleitung eines vertraglichen Anlagefonds nur treuhänderisch die Eigentümerin der Immobilien ist, da sie das Vermögen für die Anleger verwaltet. Dennoch war das Gericht in diesem Fall der Auffassung, dass ein entgeltlicher Eigentumsübergang zwischen den Fonds stattfand. In der Urteilsbegründung hält es zudem Folgendes fest: «Da die Anteilseigner nicht dieselben sind, käme es einer Ungleichbehandlung gleich, auf die Handänderungssteuer nur deshalb zu verzichten, weil die Fondsleitung dieselbe geblieben ist.» Folglich ist eine Handänderungssteuer zu entrichten, obwohl im Grundbuch formal keine Handänderung stattfindet.
 

Bleibt schliesslich noch ein dritter Fall, der uns interessiert: Was passiert bei einem einfachen Fondsleitungswechsel? Da das Waadtländer Kantonsgericht in seiner Rechtsprechung anerkennt, dass die Fondsleitung eines vertraglichen Anlagefonds nur treuhänderisch die Eigentümerin der Immobilien ist, zieht ein einfacher Fondsleitungswechsel keine Handänderungssteuer nach sich. Da die Investoren die gleichen bleiben, findet kein wirtschaftlicher Übergang statt. Damit ist der Fall geklärt.

 

Genf hat seine Meinung geändert
 

Einige Monate später – im Februar 2021 – sei das erstinstanzliche Verwaltungsgericht des Kantons Genf zur selben Schlussfolgerung gelangt, erklärt Thierry de Mitri. Das Verwaltungsgericht befasste sich mit der Beschwerde eines Fonds. Die Genfer Steuerbehörden, die in Bezug auf die Handänderungssteuer stets einen sehr formalen Ansatz verfolgten, hatten beim Fondsleitungswechsel eine Handänderungssteuer erhoben. Dies entsprach der behördlichen Praxis. Doch das Verwaltungsgericht kassierte diesen Entscheid.
 

Es war der Auffassung, dass die Fondsleitung zwar die rechtliche Eigentümerin des Immobilienparks ist, dies jedoch nur im Rahmen einer quasitreuhänderischen Beziehung, da sie – entgegen einem echten Eigentümer – keine volle Kontrolle über die Immobilien hat, weil die Transaktionen im Interesse der Investoren durchgeführt werden. Anders gesagt: Die Fondsleitung kann im Gegensatz zu einem echten Eigentümer nicht frei über ihr Vermögen verfügen.
 

Zudem stelle der Fondsleitungswechsel keinen entgeltlichen Eigentumsübergang dar.
 

Das Verwaltungsgericht kam also zum Schluss, dass ein wirtschaftlicher Ansatz erforderlich ist, weil die Fondsleitung keine echte Kontrolle über das Vermögen hat und die Transaktion unentgeltlich erfolgt, weshalb beim Fondsleitungswechsel keine Handänderungssteuer erhoben werden darf.

 

Freiburg hält am steuerrechtlichen Formalismus fest

 

Doch nun wird es wieder komplizierter: Im Juni 2021 kam das Freiburger Kantonsgericht in einem ähnlichen Fall – trotz der abweichenden Rechtsprechung der anderen Kantone – zum gegenteiligen Schluss.
 

Der Kanton Freiburg hält somit an einer rein rechtlichen Betrachtungsweise fest: Die Fondsleitung ist in eigenem Namen Eigentümerin der Immobilien – mit Eintrag im Grundbuch – und kann tatsächlich über diese verfügen. Folglich stellt ein Fondsleitungswechsel einen steuerbaren Eigentumsübergang dar, welcher der Freiburger Handänderungssteuer unterliegt. Anders als das Genfer Verwaltungsgericht ist das Freiburger Steuergericht der Auffassung, dass die Übernahme der Hypothekarschulden der Immobilienübertragung einen entgeltlichen Charakter verleiht, weshalb eine Besteuerung gerechtfertigt sei. Dies bedeutet in letzter Konsequenz: gleiche Sachlage, aber Schlussfolgerungen, die zwischen Genf und Freiburg diametral auseinanderklaffen.
 

Damit sind die Fondsverwalter alles andere als zufrieden. Um etwas Ordnung in das kantonale Durcheinander zu bringen, wurde der Fall an das Bundesgericht weitergezogen. Den Experten von COPTIS zufolge sind die Erfolgsaussichten durchzogen, da sich der Bundesrat bereits geweigert hat, sich mit dieser Frage zu befassen. Er ist der Auffassung, dass die Bestimmungen zu den Handänderungssteuern nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundes, sondern in denjenigen der Kantone fallen. Pierre Dériaz ist der Meinung, das Bundesgericht sollte die Genfer Position stützen, sagt aber: «Beim Bundesgericht weiss man nie, es könnte für eine Überraschung sorgen.» Wir bleiben also dran.
 

Olivier Toublan 

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Schweizer Berufsverband für Immobilienverbriefung