Für Privatkunden sind indirekte Immobilienanlagen ein Muss

24/04/2021

Olivier Toublan

Immoday

3 min

Für Privatkunden sind indirekte Immobilienanlagen trotz ihrer Nachteile ein Muss

 

Bei Kunden von Privatbanken sind indirekte Immobilienanlagen inzwischen an die Stelle von Bundesanleihen als Quelle stabiler Erträge getreten. Doch übersehen diese Kunden manchmal, dass solche Fonds, ob börsenkotiert oder nicht, immer auch Risiken und Nachteile haben – geringe Liquidität, hohe Volatilität, sinkende Renditen. Neben diesen Nachteilen gibt es aber auch viele Vorteile.

 

Im vorangegangenen Artikel dieser Serie wurde berichtet, dass Privatbanken in den 1990er Jahren, als die Zinsen hoch und die Agios negativ waren, kein Interesse an indirekten Immobilien hatten, in den letzten Jahren ihre Strategie jedoch geändert haben. Heute investieren die Kunden dieser Privatbanken zusätzlich zu ihren privaten Immobilien etwa 5 % ihres Vermögens in indirekte Immobilienanlagen. Diese gelten als letzte Quelle für stabile, risikoarme Renditen. Aber Vorsicht: Auch wenn das Risiko nicht hoch ist, besteht es dennoch, wie die Vermögensverwalter betonen. Und auch Immobilienfonds, ob börsenkotiert oder nicht, bergen einige Nachteile. Die drei grössten sind der Reihenfolge nach: schlechte Liquidität, sinkende Renditen und die Volatilität börsenkotierter Fonds.

 

Vermögenswerte mit geringer Liquidität

Beginnen wir mit der mangelnden Liquidität, die nicht wirklich überrascht. «Jeder weiss, dass Immobilien keine liquide Anlageklasse sind. Es braucht Zeit, um gute Immobilien zu erwerben, und es braucht Zeit, um sie zum besten Preis zu verkaufen», sagt Zsolt Kohalmi, Immobilien-Investmentmanager bei der Privatbank Pictet. Ebenso ist bekannt, dass diese Liquidität je nach Art der Immobilie variiert. Für Jean-Paul Jeckelmann, Direktor Vermögensverwaltung der Privatbank Bonhôte, gilt daher als erstes Axiom, dass «indirekte Immobilienanlagen immer liquider sind als direkte Immobilien». «Will man diese Liquidität erhöhen, muss man auf indirekte Immobilienanlagen, genauer gesagt auf börsenkotierte Investmentfonds, zurückgreifen», führt Stéphane Monier, Immobilien-Investmentmanager der Bank Lombard Odier weiter aus. «Aber auch sie bieten keine aussergewöhnliche Liquidität.» In der Tat hängt diese sehr vom Kontext und dem Betrag ab. «Einerseits», so Jean-Paul Jeckelmann, «ist die Marktliquidität für ‹kleine› Kunden heute zufriedenstellend. Natürlich wird es kompliziert, sobald Sie zweistellige Millionenbeträge erwirtschaften möchten. Aber für unsere Privatkunden ist es ziemlich einfach, eine oder zwei Millionen aus indirekten Immobilienanlagen herauszuholen.» «Andererseits», ergänzt Stéphane Monier, «stellt Liquidität nicht wirklich ein Problem dar, wenn unser Kunde die indirekten Immobilienanlagen zu Renditezwecken erworben hat. Solche Positionen sollen in der Regel langfristig gehalten werden.» Unterm Strich muss man bedenken, dass eine gute Liquidität immer auch mit Konsequenzen einhergeht. «Nehmen wir als Beispiel einen offenen Fonds», erklärt Zsolt Kohalmi. «Wenn die Marktpreise sinken und alle Anleger gleichzeitig aussteigen wollen, ist der Fonds gezwungen, seine Vermögenswerte zu verkaufen – zu Preisen, die möglicherweise nicht optimal sind. Illiquidität kann daher ein Schutzmechanismus für Anleger sein.»

Sinkende Renditen

Das zweite Problem indirekter Immobilienanlagen sind die Renditen, die zwar stabil sind, aber stetig sinken. Ein rein mechanischer Effekt, erklärt Arnaud de Jamblinne, Geschäftsführer des börsenkotierten Immobilienfonds La Foncière: Steigt die Nachfrage, schiessen auch der Aktienkurs und damit die Agios in die Höhe. Die Renditen aber, bei einer über die Jahre mehr oder weniger stabilen Dividende, sinken. Für ihn als Fondsverwalter ist das kein Problem: «Meine

Aufgabe ist es, eine klare Strategie zu verfolgen und unser Immobilienportfolio so zu verwalten, dass wir dauerhaft Gewinne und damit auch Dividenden einfahren, und zwar idealerweise steigend.» Mit anderen Worten: Der Aktienkurs ist nicht seine grösste Sorge.

Was ist mit den Kunden von Privatbanken? «Die Tatsache, dass die Agios weiterhin steigen, ist an sich kein Problem», versichert Zsolt Kohalmi. «Es zeigt nur, dass Anleger sinkende Renditen in Kauf nehmen, solange diese stabil sind. Denn diese werden in jedem Fall attraktiver sein als bei einer Anleihe.» Auch Stéphane Monier kommt zu diesem Schluss: «In der Tat könnte man meinen, dass die aktuelle Rendite von indirekten Immobilienanlagen nicht sehr hoch ist. Doch liegt diese nach wie vor mindestens 2 Prozentpunkte über der Alternative, nämlich der Anleihe.»

 

Hohe Volatilität und hohe Kosten

Das dritte Problem börsenkotierter indirekter Immobilienanlagen ist ihre Volatilität. Dies scheint auf den ersten Blick erstaunlich, da Immobilien oft als stabile Anlage verkauft werden, die nicht mit dem Aktienmarkt korreliert ist. Sie eignen sich daher bestens, um die Volatilität des eigenen Portfolios zu reduzieren. Dennoch konnte man im vergangenen Jahr etwas anderes beobachten: Als die Märkte im März 2020 nach der durch die Pandemie ausgelösten Panik abstürzten, brachen börsenkotierte Immobilienfonds ebenso schnell zusammen wie andere Aktien.
 

«Hier muss man zwei Dinge klar unterscheiden», erklärt Pierre Jacquot, der bei Edmond de Rothschild für Immobilieninvestitionen verantwortlich ist. «Zum einen ist da der Vermögenswert, die Immobilie, und die hat im letzten Jahr trotz der Krise nicht an Wert verloren. Anders verhält es sich dagegen bei einem Immobilienfonds. Bei diesem handelt es sich um eine Finanzstruktur, die dem Kunden Liquidität bietet und die aufgrund von Angebot und Nachfrage mit einem Aufschlag auf den Nettoinventarwert gehandelt wird. Und Liquidität bedeutet immer auch Volatilität, vor allem, wenn es heftige Turbulenzen auf dem Markt gibt.»

Ein letztes Problem stellen die Verwaltungsgebühren dar, die bei den besten Fonds für indirekte Immobilienanlagen oft sehr hoch sind. Zugegeben sind die Kunden eher nachsichtig, solange die Performance und die Stabilität der Rendite die Erwartungen erfüllen. Doch gibt es immer einige, die ein wenig mit den Zähnen knirschen.
 

«Dieser Punkt sollte bei der Auswahl eines Fonds immer berücksichtigt werden», rät Stéphane Monier. Er empfiehlt, auf die Grösse des Fonds zu achten: In der Regel gilt, je kleiner der Fonds, desto höher die Verwaltungsgebühren. «Es gibt eine Reihe von Fixkosten, die sich nicht reduzieren lassen.»

 

Doch lieber direkte Immobilien?

Wäre es angesichts der Nachteile von indirekten Immobilienanlagen für sehr vermögende Kunden nicht attraktiver, die Strategie zu ändern und direkte Immobilien zu erwerben?

«Technisch wäre es möglich», erklärt Stéphane Monier, «aber man vergisst dabei, dass die Kosten für den Aufbau eines Immobilienportfolios enorm sind, wenn man bei null anfängt.» Berücksichtigt man nämlich alle Begutachtungen, Rechts- und Transaktionskosten, steigen die Kosten für den Erwerb einer direkten Immobilie schnell auf 15 % ihres Wertes, schätzen Fachleute. In einer Welt, in der Immobilienrenditen dünn geworden sind, entspricht der Aufbau eines Portfolios von Grund auf in etwa fünf oder sechs Jahren Rendite. Was noch immer viel Geld ist. Zumal es ohne ein paar hundert Millionen – laut den Verwaltern der Pensionskassen mindestens 500 – kaum gelingen kann, ein Immobilienportfolio zu erwerben, das ausreichend diversifiziert ist, um die Risiken zu begrenzen. Aus diesem Grund raten alle befragten Banker, bei indirekten Immobilienanlagen zu bleiben, die zwar einige Nachteile, aber eben auch viele Vorteile bieten.
 

Aber auf welche Art von Immobilien sollte man sich dann konzentrieren? Jean-Paul Jeckelmann fasst es zusammen: «Der Markt bietet heute alles, und die Auswahl der Anlagevehikel lässt sich gut an die spezifischen Bedürfnisse des Kunden anpassen.» Nach den wirtschaftlichen Turbulenzen, die durch die Pandemie verursacht wurden, hat sich die Ausgangssituation jedoch deutlich verändert. Im dritten und letzten Teil dieser Analyse erfahren wir, was die Banker darüber zu sagen haben.

 

Olivier Toublan für Immoday