Gleich lange Spiesse für alle

13/08/2021

Bianchischwald GmbH

COPTIS

3 min

Im Finanzwesen ist die Verbriefung eine Methode, mit der wenig liquide Anlagen in leicht handelbare Effekten wie Obligationen oder andere an geregelten oder nicht geregelten Märkten gehandelte Titel umgewandelt werden. Diese Methode hat sich auch im Immobilienbereich in der Schweiz durchgesetzt. Die Immobilienverbriefung besteht darin, Immobilien über Anlagevehikel indirekt zu halten.


Immobilienfonds (vertragliche Anlagefonds, Investmentgesellschaften mit variablem Kapital (SICAV) und Kommanditgesellschaften für kollektive Kapitalanlagen (KmGK)), die dem Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) sowie der Aufsicht der FINMA unterstehen, stellen eine der Strukturen dar, die sich am besten für die Immobilienverbriefung in der Schweiz eignen. Anlagestiftungen ihrerseits sind den Pensionskassen vorbehalten. Derzeit entspricht die Immobilienverbriefung in der Schweiz einem Immobilienpark im Wert von mehr als 150 Milliarden Franken.

 

Am 1. Januar 2020 traten das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) in Kraft. Diese Gesetze führten zu einer bedeutenden Reorganisation des Schweizer Finanzmarktrechts. Das FIDLEG regelt sämtliche Finanzdienstleistungen – unabhängig von der Identität ihrer Erbringer – und schafft so ein «Level Playing Field», also gleich lange Spiesse für alle Marktakteure.

 

Zu den Akteuren, die von diesen Änderungen betroffen sind, zählen insbesondere die Verwalter kollektiver Immobilienkapitalanlagen. Anlagestiftungen, für die besondere Regeln gelten, fallen indes nicht unter diese neuen Gesetze, so wie sie ursprünglich auch nicht unter das KAG fielen. 

 

Vor diesem Hintergrund enthält das KAG jetzt nur noch die Vorgaben für die zulässigen Anlagen, für die Risikostreuung und für die Immobilienschätzung. Die Verwalter von Kollektivvermögen müssen nun die Voraussetzungen nach FINIG erfüllen, um eine Bewilligung der FINMA zu erhalten. Obwohl die von einem Verwalter erbrachten Dienstleistungen im Wesentlichen im Erwerb und in der Veräusserung von Anteilen kollektiver Immobilienkapitalanlagen bestehen, muss es sich dabei um Finanzdienstleistungen im Sinne des FIDLEG handeln.

Sämtliche Verhaltenspflichten, insbesondere die Informationspflichten gegenüber den Anlegern, die im FIDLEG vorgesehen sind, müssen eingehalten werden. Was die organisatorischen Vorgaben betrifft, so gibt es für diese Akteure nur wenige Änderungen: Sie müssen durch interne Vorschriften und eine angemessene Betriebsorganisation (IKS, Risikomanagement und Compliance) die Erfüllung der Pflichten aus dem FIDLEG sicherstellen und einer Ombudsstelle angeschlossen sein.

 

Aus Sicht der Immobilienfondsverwalter ist es bedauerlich, dass die für sie geltenden Vorschriften nun auf drei verschiedene Gesetze – KAG, FINIG und FIDLEG – verteilt sind, wodurch die Governance komplexer wird und die damit verbundenen Kosten steigen. Zu begrüssen ist indes die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle Akteure, die im Bereich der kollektiven Kapitalanlagen, einschliesslich Immobilien, tätig sind, da diese zu einer willkommenen Liberalisierung des Angebots von Finanzdienstleistungen führen wird.

 

Thierry Amy
Partner, Bianchischwald GmbH, COPTIS-Mitglied

Veröffentlicht in der Zeitung 24 Heures am Mittwoch,
5. Mai 2021, in Zusammenarbeit mit COPTIS



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