Immobilien in den Bergen: guten Renditen, aber ein kleiner Markt

04/10/2022

Olivier Toublan

Immoday

3 Min

 

Höhere Renditen als in den grossen Zentren, sinkende Leerstandsquoten, eine steigende Nachfrage, die auch weiterhin steigen wird – Immobilien in Bergregionen scheinen alle Vorteile in sich zu vereinen. Doch wegen der Gesetzeslage in Bezug auf Zweitwohnungen stagniert das Angebot und bleibt der Markt klein.

 

Die Statistiken bestätigen es: Auch wenn es nicht die Sturmflut war, die einige vorhergesagt hatten, sind die Städte während der Pandemie etwas leerer geworden, da ein Teil der Stadtbewohner aufs Land oder in die Berggemeinden gezogen ist. Auch eine aktuelle Studie von Wüest Partner aus dem Sommer-Update des Immo-Monitoring belegt, dass «die Bevölkerung in den Tourismusregionen nach einem Rückgang in den letzten Jahren wieder zugenommen hat», was eine erhöhte Nachfrage nach Zweit-, aber auch nach Hauptwohnungen, Mietwohnungen und Eigentumswohnungen mit sich gebracht hat.

 

Zunehmende Reduzierung des Angebots aufgrund der Gesetzeslage

 

Normalerweise würde eine solche Situation zu neuen Bauvorhaben führen, damit die Nachfrage befriedigt werden kann. Bekanntlich ist so etwas in diesen Regionen jedoch oft nicht mehr möglich, da in den meisten Berggemeinden der Bau von Zweitwohnungen verboten ist, insbesondere in den Tourismusgemeinden, die bei diesen neuen Stadtflüchtigen am beliebtesten sind.
 

Mit der Folge, dass sich das Wohnungsangebot zunehmend verringert. «Der Rückgang war so stark, dass Mitte 2021 die Leerstandsquoten bei Wohnungen in mehreren touristischen Bergregionen deutlich unter der optimalen Quote von 1,3 % lagen», berichtet Wüest Partner.
 

Das war insbesondere im Kanton Graubünden, im Berner Oberland und in der Region um Visp im Oberwallis der Fall.

 

Starker Preisanstieg in den letzten zwei Jahren

 

Und es ist noch nicht vorbei, antizipieren die Ökonomen von Wüest Partner: «Die Entwicklung der Anzahl der in Inseraten angebotenen Wohnungen deutet darauf hin, dass sich der Angebotsrückgang in der zweiten Jahreshälfte 2021 noch verstärkt hat. In den Tourismusgemeinden wies das Angebotsvolumen über alle Segmente hinweg Ende 2021 einen Rückgang von 14,7 % gegenüber Mitte 2021 auf.» Nirgendwo sonst sank das Angebot so stark.
 

Da ist es nur logisch, dass dieser Angebotsrückgang zu einem Preisanstieg geführt hat. Und der betrug in den letzten zwei Jahren durchschnittlich etwa 15 %. Natürlich folgten die Mieten nach, auch wenn das Niveau immer noch weit unter dem von Zürich, Nyon oder Zug liegt, «aber ihr beträchtlicher Anstieg verdeutlicht die anhaltende Nachfrage nach Mietwohnungen», versichert Wüest Partner.

 

Grosser Preisunterschied zwischen Haupt- und Zweitwohnungen

 

Wie zu erwarten war, gehen die Preise zwischen Zweit- und Erstwohnungen deutlich auseinander. «Der durchschnittliche Quadratmeterpreis einer Zweitwohnung (ohne Nutzungseinschränkung) lag 24 bis 47 % über dem einer Erstwohnung im selben Kanton», errechneten die Experten von Wüest Partner. Eine Folge der gestiegenen Immobilienpreise, wie es in den letzten 20 Jahren zu beobachten war. «Zwischen 2000 und Ende 2019 stiegen die Preise für Zweitwohnungen um 20 % stärker als die Preise für Erstwohnungen.»
 

Ein Preisunterschied, der laut der Studie auch auf Qualitätsunterschiede zwischen Haupt- und Zweitwohnsitzen zurückzuführen ist. Zum einen wurden viele der gehandelten Zweitwohnungen erst vor relativ kurzer Zeit gebaut, zum anderen sind diese oftmals luxuriöser als Hauptwohnungen. «Bei identischen Objekten ohne Nutzungseinschränkung ist die Wertsteigerung nicht so hoch», bestätigt Wüest Partner, auch wenn es immer noch eine gibt.
 

Gemeint sind hier Zweitwohnungen ohne Nutzungseinschränkung, also die begehrtesten Wohnungen. Gibt es Einschränkungen, sieht die Sache anders aus: «Die Wertsteigerung ist nur halb so hoch!»

 

Bruttorenditen auf hohem Niveau

 

Auch wenn es in den letzten zwei Jahren einen starken Preisanstieg gab, stellt man mit etwas Abstand fest, dass «die Preise für Renditeobjekte in den touristischen Regionen weniger stark gestiegen sind als im nationalen Durchschnitt», was wiederum höhere Bruttorenditen zur Folge hat. Nämlich etwas unter 5 % Anfang 2022, was «einen durchschnittlichen Unterschied von etwa 160 Basispunkten gegenüber den grossen Zentren» bedeutet, wie die Ökonomen von Wüest Partner errechnet haben. Doch ist dies vielleicht nur vorübergehend.
 

Denn obwohl die Bruttorendite in den letzten zehn Jahren gestiegen ist, könnte sich der Trend schnell umkehren. Was daran liegt, dass Renditeimmobilien in Bergregionen viele Investoren anziehen. «Mittelfristig könnte dies die Renditen unter Druck setzen», glaubt Wüest Partner. Zumal das Wohnungsangebot kurzfristig nicht sehr stark zunehmen dürfte.

 

Weniger Transaktionen als im Flachland

 

Das grosse Problem bei Immobilien in Bergregionen ist der kleine Markt. Die Zahl der Transaktionen liegt unterm Durchschnitt. Vor allem wurden «nur selten grosse Objekte auf dem Markt angeboten», sagt Wüest Partner. Die die Gründe hierfür zunächst in der geringen Liquidität von Renditeobjekten in diesen Regionen sehen und zweitens in einem gewissen Mangel an Interesse seitens der Grossinvestoren, die vor Leerstandsquoten zurückgeschreckt sind, «die deutlich unter dem nationalen Durchschnitt» lagen.
 

Doch wie zu sehen war, hat sich die Situation mit der Pandemie geändert. Deshalb dürfte es interessant sein, in ein oder zwei Jahren eine erneute Analyse durchzuführen und zu sehen, welche Investoren so kühn waren und die Vorteile von Immobilien in Bergregionen für sich genutzt haben. Und ob diese dann ihre Versprechungen halten konnten.
 

Olivier Toublan, Immoday