Immobilienentwicklung und Tokenisierung

25/06/2021

Capelli Groupe

Wecan Group

3 min

In dieser Interviewreihe lüften fünf Experten das Geheimnis um die Tokenisierung in ihrem Fachgebiet: vom Immobilienentwickler über den unabhängigen Fondsmanager bei der Bank bis zum Wirtschaftsprüfer.

 

In diesem zweiten Interview erfahren wir, was Christophe Capelli, CEO der gleichnamigen Unternehmensgruppe für Immobilienentwicklung, in seiner Funktion als Geschäftsführer eines Immobilienentwicklungsunternehmens über die Tokenisierung von Immobilien denkt.

 

Capelli ist ein Familienunternehmen, das seit 1976 in Frankreich, der Schweiz und Luxemburg präsent ist und von Christophe Capellis Vater gegründet wurde. Er die Gruppe gemeinsam mit seinem Bruder. Das Kerngeschäft ist die Immobilienentwicklung, das heisst der Kauf von Grundstücken, die Umwandlung von Land in Wohnraum oder Büroflächen und andere Weiterverkaufsaktivitäten an Privatpersonen oder Investmentfonds.

 

Wie verbessert die Technologie Ihrer Meinung nach die Immobilienbranche?

 

Christophe Capelli : Die Blockchaintechnologie ist für die Unternehmen nur eine Möglichkeit, Eigenkapital zu generieren: Sie ist ein Mittel, das auf lange Sicht die Immobilienbranche verändern wird. Aus Immobilien wird Papier, und morgen werden sie dank der Blockchain zu einem liquiden Wertpapier. Ich denke, dies wird es vielen Menschen ermöglichen, mit kleinen Geldbeträgen Anteile an Immobilien zu erwerben.

Es ist bekannt, dass wir bei einer Immobilieninvestition heute die Summe von 100’000 bis 200’000 Franken oder Euro für den Kauf einer Immobilie hinlegen müssen, und das oft unter Zuhilfenahme eines Kredits. Das Anliegen der Blockchaintechnologie besteht also darin, dieses Produkt für die gesamte Bevölkerung viel besser zugänglich zu machen.

 

Wie sieht der aktuelle Markt für die Tokenisierung von Immobilien aus und worin besteht sein Potenzial?

 

CC : Ich würde sagen, dass der Tokenisierungsmarkt vor zwei bis drei Jahren einen starken Hype erlebt hat, was sicherlich auf die Aufregung über neue Produkte zurückzuführen ist. Zwei Jahre lang fand die Einführung statt, dann gab es langsam immer mehr Produkte, die tokenisiert wurden.

Seit sechs Monaten erleben wir einen echten allgemeinen Run. Auch der Bitcoin-Effekt hat eine Rolle gespielt, denke ich, ebenso die Auswirkung der Strukturierung von Finanzdienstleistungen in den einzelnen Ländern, die inzwischen eine echte Markteinführung auf äusserst dynamische Weise ermöglichen.

 

Sie sind ein Vorreiter in Europa, warum haben Sie Immobilienvermögen tokenisiert?

 

CC : Wir haben zunächst nur aus Neugierde mit der Tokenisierung von Vermögenswerten begonnen, weil es für uns eine Möglichkeit war, Eigenkapital zu generieren. In unserem Unternehmen pflegen wir die Tradition, Anleihen zu nutzen : Wir geben oft Anleihen aus, die bearbeitet und reguliert werden. Also haben wir uns gesagt, warum versuchen wir nicht, einen Vermögenswert zu tokenisieren ? Das haben wir dann im Rahmen eines grossen Projekts gemacht, bei dem wir etwas mehr als 10 Millionen Eigenkapital tokenisiert und daraus ein Projekt von etwas mehr als 100 Millionen gemacht haben.
 

Video nur auf französisch verfügbar
 

Welche Herausforderungen und Hindernisse gibt es bei der Verwendung dieser zukunftsweisenden Technologie?

 

CC : Eine grosse Herausforderung ist das Verständnis der Käufer von Token, sie also über die Art des Tokens aufzuklären: Handelt es sich um einen Token, der direkt mit einer Immobilie korreliert, oder ist es ein Token, der mit einer Anleihe korreliert ist ? Das waren die wichtigen Fragen, die vor allem von den Käufern kamen. Hierfür mussten wir auf Profis zurückgreifen. Wir haben die Wecan Group gebeten, uns bei diesem Prozess zu helfen.

 

Was würden Sie Immobilienentwicklern raten, die Immobilienvermögen tokenisieren möchten?

 

CC : Ich denke, wenn man einen Vermögenswert tokenisieren möchte, sollte er eine typische Form haben: Das heisst, es muss sich um einen Ort, eine bestimmte Grösse, Architektur oder Ausrichtung handeln. Das Produkt muss etwas Besonderes sein. Das Tokenisieren einer Garage zum Beispiel ist uninteressant. Sie müssen sich schlichtweg an echte Profis wie Wecan wenden, die die Position beurteilen und sagen können, ob dieser Schritt angemessen ist oder nicht, und dann liegt die Entscheidung ganz bei Ihnen.

 

Wie sollte die Finanzierung dieser Art von Immobilienvermögen strukturiert werden?

 

CC : Die Strukturierung umfasst oft eine Organisation, die mit einer Anleihe verbunden ist. Bisher gab es grosse Diskussionen zum Thema «direkte Tokenisierung von Immobilien». Aber uns ist klar geworden, dass die Umwandlung nicht einfach ist. So wurden Anleihen zu einer Alternative. Ich denke, es war ein erster Schritt, der es heute oder sogar morgen ermöglicht, Immobilien direkt in Token zu verwandeln.

 

Was sind für Sie als Investor die Vorteile der Tokenisierung?

 

CC : Der Token hat einen doppelten Vorteil : Erstens kann man durch ihn für einen kleinen Betrag zum Besitzer einer Immobilie werden, da ein Einsatz von 100 Franken oder 100 € ausreichen würde.

Zum Beispiel könnte eine Grossmutter ihren Enkelkindern zu Weihnachten eine Art Smartbox mit einem Token darin schenken, also ein Geschenk, das aus einer Immobilie besteht, die mit den Jahren an Wert gewinnt. Es handelt sich also um ein Geschenk, das von einem latenten Vermögenszuwachs profitiert.

Der zweite Vorteil ist, dass ein Token es den Menschen ermöglichen kann, von ihrem Eigenkapital zu profitieren, wobei alle verstehen würden, was eine Immobilie und was eine Anleihe ist, und wie man alles miteinander in Beziehung setzt : Die Immobilie als Papier, die Immobilie als Anleihe und die Immobilie als Token – das ist die Zukunft !

 

Christophe Capelli,
CEO der Capelli-Gruppe
Interview geführt in Zusammenarbeit mit Wecan Groupe