Infrastrukturinvestitionen: viele Vorteile, aber auch Risiken

22/05/2023

Immoday

Olivier Toublan

5 min

Infrastrukturinvestitionen liegen im Trend, weil sie bessere Renditen versprechen als klassische Wohnimmobilien. Und die Zahl der Investmentfonds, die in diesen Sektor einsteigen, steigt stetig an. Doch welche Risiken birgt diese Art von Investition? Die Experten von Wüest Partner haben sich mit diesem Thema befasst.


Sie ist der Pfeiler, der alle wirtschaftlichen, sozialen und privaten Aktivitäten eines Landes stützt: Nach der Definition der Experten von Wüest Partner in der neuesten Ausgabe ihres Immo-Monitorings umfasst die Infrastruktur alle Anlagen, Einrichtungen, Netzwerke und Basissysteme, die für das Funktionieren unserer Gesellschaften notwendig sind. Dazu zählen die wirtschaftliche Infrastruktur, wie die Transport- und Verkehrsnetze, Energienetze, Kommunikationsnetze, die Wasser- und Abfallentsorgung oder die soziale Infrastruktur mit ihren öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Krankenhäuser, Bibliotheken und Museen, aber auch Sportanlagen oder Gerichte. Und vieles mehr.

 

Eine attraktive Anlageklasse
 

Das Interesse privater Anleger an dieser Anlageklasse, die traditionell vom Staat finanziert wird, hat in letzter Zeit zugenommen, bestätigen die Experten von Wüest Partner. Und wegen des Bevölkerungswachstums, der Alterung der Bevölkerung, des Wirtschaftswachstums, der Energiewende und des technologischen Wandels wird dieser Bedarf an Infrastrukturen in den nächsten Jahren weiter steigen. Die Investitionsmöglichkeiten sind also zahlreich, zumal der Staat seit einigen Jahren aus finanziellen und haushaltspolitischen Gründen die Finanzierung durch private Anleger fördert.
 

Dies ist umso attraktiver, als diese Anlageklasse durchaus Vorteile zu bieten hat, erinnert Wüest Partner. Tatsächlich gewährleisten Direktinvestitionen in die Infrastruktur eine gute Rendite und vor allem einen relativ stabilen und vorhersehbaren Cashflow. Und genau das ist es, was institutionelle Anleger suchen, denn sie investieren langfristig. Darüber hinaus schützen diese Investitionen gut vor Inflation. Diese Art von Anlagewerten bietet aber auch Schutz vor Konjunkturschwankungen, denn bei vielen Infrastrukturdiensten ist die Nachfrage naturgemäss nur wenig konjunkturabhängig und kaum Schwankungen unterworfen.

 

Dennoch viele Risiken 
 

Trotz ihrer Attraktivität sind Investitionen in die Infrastruktur nicht ohne Risiken, von denen die Ökonomen von Wüest Partner die wichtigsten auflisten: strengere Vorschriften, mangelnde Transparenz, Baurisiken, operationelle Risiken, finanzielle Risiken, Marktrisiken, soziale und ökologische Risiken sowie die für die Investition benötigte Zeit. Darüber hinaus unterscheidet sich die Dimension dieser Risiken und damit die erwartete Rendite der Investition je nach Entwicklungsstadium des Projekts. Wie bei klassischen Immobilienanlagen übrigens auch.

 

Greenfield- und Brownfieldprojekte
 

«Vereinfacht gesagt, gibt es Projekte, die ex nihilo starten. Dann spricht man von einem ‹Greenfield›-Infrastrukturprojekt», erklärt Wüest Partner. In diesem Fall finanzieren die Investoren in der Regel nicht nur den Bau der Infrastruktur, sondern oft auch deren Instandhaltung während des Betriebs. Solche Projekte bergen ein höheres Risiko, da es Unsicherheiten bezüglich der Kosten und der Planungs- und Entwicklungsfristen gibt.Schliesslich ist bekannt, dass bei grossen Infrastrukturprojekten sowohl diese Kosten als auch diese Fristen häufig überschritten werden. Ganz abgesehen von den Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Nachfrage und der Preise. Ausserdem generieren solche Projekte in der Anfangsphase keine Einnahmen.
 

Bei anderen Projekttypen, den sogenannten ‹Brownfield›-Projekten, geht es um die Modernisierung, den Ausbau, den Umbau oder die Renovation einer bestehenden Infrastruktur. In diesem Fall baut die Infrastruktur auf bereits bestehenden Anlagen und Strukturen auf, ist also zumindest teilweise betriebsbereit und generiert schnell Einnahmen.Das mit der Investition verbundene Risiko ist daher niedriger. Aber auch die Rendite.

 

Die Stärken von direkten und indirekten Anlagen
 

Privatanleger haben auf zwei verschiedenen Wegen Zugang zum Infrastrukturmarkt: wie bei klassischen Immobilieninvestitionen über Direktanlagen und über indirekte Anlagen, erläutern die Experten von Wüest Partner.
 

Bei Direktanlagen erwirbt man Anteile an Eigentum oder man finanziert ein Infrastrukturprojekt. Indirekte Anlagen laufen über den Kauf von Anlagewerten wie Aktien und Anleihen von Unternehmen oder von auf Infrastruktur spezialisierten Fonds. Diese direkten und indirekten Anlagen haben ähnliche Vor- und Nachteile wie Immobilienanlagen, erklärt Wüest Partner.
 

Direktanlagen sind attraktiv, da sie eine aktive Verwaltung des Projekts und die Möglichkeit bieten, Entscheidungen zu beeinflussen. Dies kann in einem Umfeld, in dem es nur wenige Neueinsteiger gibt und die Konkurrenz gering ist, sehr interessant sein. Eine Direktanlage erfordert jedoch eine langfristige Investition hoher Beträge und vor allem umfassende Kenntnisse in der gewählten Branche. Aus diesem Grund ist diese Art der Investition für viele Privatanleger schwer zugänglich.
 

Indirekte Anlagen zeichnen sich durch eine höhere Liquidität aus, da die erworbenen Anteile auf den Märkten leicht wieder verkauft werden können. Die erforderliche Anfangsinvestition ist niedriger, und durch die Beteiligung an einem Investmentfonds kann sie auf mehrere Projekte verteilt werden, wodurch eine bessere Diversifizierung erreicht wird.
 

Seit einigen Jahren erfreuen sich diese indirekten Anlagen zunehmend an Beliebtheit. Die Zahl der Fonds steigt stetig an, ebenso wie der Wert der verwalteten Infrastruktur, der heute weltweit mehr als 120 Milliarden US-Dollar beträgt.
 

Indirekte Anlagen sind jedoch anfällig für Marktschwankungen und konjunkturelle Einflüsse.So betrug die Volatilität des MSCI Europe Infrastructure Index zwischen 2014 und 2021 11,4 %, während die Volatilität von Direktanlagen in Schweden im selben Zeitraum nur 4,4 % betrug.

 

Nachhaltigkeitsanforderungen gelten auch für Infrastrukturen
 

Die Infrastruktur spielt eine entscheidende Rolle beim Kampf gegen den Klimawandel und bei der Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung. Die Anleger haben das erkannt, beobachten die Experten von Wüest Partner, und es ist nicht verwunderlich, dass die Mehrheit von ihnen (60 % im Jahr 2021) in grüne Infrastruktur investieren möchte, das heisst vor allem in erneuerbare Energien (ca. 90 %) sowie in die Wasser- und Abfallwirtschaft, die in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen haben. Projekte im Zusammenhang mit Solarenergie zogen beispielsweise im Jahr 2021 weltweit private Investitionen in Höhe von 39,5 Milliarden US-Dollar an, bei Windenergieprojekten waren es 30,9 Milliarden US-Dollar, erläutert Wüest Partner.
 

Die Experten weisen darauf hin, dass Photovoltaikprojekte im Vergleich zu anderen Arten von Infrastruktur durchschnittlich eine deutlich niedrigere Investition erfordern, was sie für eine grössere Anzahl von Investoren zugänglich macht. Dies erklärt die grosse Beliebtheit dieser Art von Projekten, deren Anzahl sich von 2016 bis 2021 verdreifacht hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Infrastruktur das Rückgrat aller wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten ist. Die Nachfrage wächst stetig und weckt das Interesse privater Anleger. Das birgt zwar Risiken – aber auch viele Vorteile.
 

Olivier Toublan, Immoday