«Permissioned Token» – ein Fondsanteil, nur besser

13/04/2022

Immoday

Olivier Toublan

3 Min

 

Mehr Transparenz, Automatisierung der Compliance-Regeln, Zeitgewinn, Einsparungen bei den operativen Aspekten und eine bessere Kontrolle über die Anleger – die Tokenisierung von Immobilienfonds ist sehr verheissungsvoll und eröffnet den Fondsmanagern verschiedenste neue Möglichkeiten. 
 

Was die künftige Immobilienfinanzierung anbetrifft, so scheint die Tokenisierung die vielversprechendste Technologie zu sein. Um es nicht nur bei der Theorie zu belassen, haben wir uns auf den Weg gemacht, um einen Spezialisten, das luxemburgische Unternehmen Tokeny, zu befragen, welches bereits an der Auflegung tokenisierter Immobilienfonds beteiligt war. 
 

Matthieu Cottin, seit Kurzem gibt es auch tokenisierte Immobilienanlagefonds. Wodurch unterscheiden sich diese von klassischen Immobilienfonds? 
 

Aus rechtlicher Sicht gibt es kaum Unterschiede zwischen den beiden – abgesehen von einigen Aspekten, die in der Dokumentation des Fonds zu ändern sind. Auch die Rechte und Erträge, die mit den Token verbunden sind, sind denjenigen von Anteilen an herkömmlichen Fonds sehr ähnlich.

 

Aus operativer Sicht sind die Unterschiede jedoch sehr gross. Einen Anlagefonds zu tokenisieren bedeutet, den Akteuren der Wertschöpfungskette etwas zur Verfügung zu stellen, das ich als «Excel auf Steroiden» bezeichne. Anstatt dass eine Bank, ein Emittent und die Investoren per E-Mail und Telefon miteinander kommunizieren und dann ihre jeweiligen Excel-Dateien manuell abgleichen, gibt es nun eine einzige interoperable und von allen genutzte Infrastruktur, die eine sofortige Synchronisierung aller Vorgänge ermöglicht.

 

Es gibt also keinen grundlegenden Unterschied zwischen einem Fondsanteil und einem Token? 
 

Nein, ausser dass der Token digital abgebildet wird, was mehr Flexibilität bietet. Man kann diesen Token dann wie bei einem Fondsanteil mit einer Anlage sowie mit Rechten und Erträgen wie beispielsweise der Ausschüttung einer Dividende verknüpfen.

 

Was also sind die Vor- und Nachteile der Immobilientokenisierung, wenn es doch keinen grundlegenden Unterschied gibt? 
 

Lassen Sie mich mit den Nachteilen oder besser – Herausforderungen – beginnen. Ich sehe deren zwei. Erstens müssen alle Akteure der Wertschöpfungskette dazu gebracht werden, eine einzige dezentrale und gemeinsam genutzte Infrastruktur zu verwenden. Und zweitens müssen all diese Akteure geschult werden bzw. müssen lernen, wie diese neuen Technologien einzusetzen sind.

 

Und die Vorteile? 
 

Erstens mehr Transparenz, da jeder Nutzer alle stattfindenden Transaktionen einsehen kann. Zweitens eine Automatisierung aller Compliance-Regeln, wobei die Bedingungen, die bei der Übertragung vom Käufer und Verkäufer einzuhalten sind, im Token selbst festgelegt werden. Zum Beispiel die Staatsangehörigkeit, das Maximal- und Minimalvolumen der Übertragungen, die Zeiträume, in denen Übertragungen erfolgen dürfen, usw.

 

Zu guter Letzt ein Zeitgewinn und Ersparnisse bei den operativen Aspekten, da alle zur gleichen Zeit über dieselben Informationen verfügen. Und nicht zuletzt die Möglichkeit, neue Einnahmequellen für den Emittenten – wie die Besicherung oder der Zugang zum Sekundärmarkt – zu erschliessen.
 

 

Welche Garantien, Kontrollmechanismen gibt es bei den Token, um die Investoren zu beruhigen? 
 

Um Finanzprodukte in der Blockchain abzubilden und sie mit der digitalen Identität der Eigentümer zu verknüpfen, ermöglichen wir bei Tokeny die Ausgabe von sogenannten «Permissioned Tokens».

 

Das ist ein ganz grosser Unterschied zu den traditionellen Kryptowährungen wie Bitcoin, bei denen für die Übertragung lediglich die Wallet-Adresse der Gegenpartei und der private Schlüssel benötigt werden. Liegen diese beiden Informationen vor, kann niemand die Übertragung verhindern.

 

Bei einem «Permissioned Token» können die Bedingungen vorgängig festgelegt werden, um einen Transfer zu validieren und die Einhaltung der Compliance-Regeln zu gewährleisten.

 

Gilt dies auch für die Staatsangehörigkeit des Käufers? Das ist ja eines der rechtlichen Probleme, das sich im Zusammenhang mit Token stellt, dürfen Ausländer doch nur beschränkt Immobilien in der Schweiz erwerben. 
 

Absolut. Man kann den Handel mit «Permissioned Tokens» problemlos ausschliesslich auf Käufer beschränken, die z. B. die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzen, wobei eine Drittpartei die Transaktion validieren muss, bevor diese in der Blockchain wirksam wird.

 

Der Emittent kann die Bedingungen sowie das Profil der Investoren, welche die Token kaufen und verkaufen dürfen, festlegen. Er kann diese Bedingungen sogar im Nachhinein ändern. Zum Beispiel kann er im Falle eines Krieges den Verkauf an Investoren einer bestimmten Staatsangehörigkeit blockieren oder zwecks Vermeidung von Interessenkonflikten den Token-Erwerb durch Personen sperren, die in bestimmten Branchen arbeiten.

 

Wenn ich Sie richtig verstehe, ist somit alles möglich? 
 

In der Tat. Dank den «Permissioned Tokens» können die Emittenten, also unsere Kunden, sowie deren Partner die vollständige Kontrolle über die von ihnen begebenen Token behalten, um ihren rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Innerhalb des rechtlichen Rahmens kann der Emittent bei Kapitalerhöhungen und Rücknahmen auch Token schaffen oder vernichten. Oder er kann diese Token sperren und entsperren, Übertragungen zwischen Wallets erzwingen usw.

 

Ist es nicht gefährlich, Übertragungen zwischen Wallets zu erzwingen? So liesse sich doch das Konto leeren. 
 

Zwischen dem Emittenten und seinen Token-Inhabern gibt es einen Vertrag. Diese technische Möglichkeit ändert nichts an den Rechten der Investoren, sondern dient dem Anlegerschutz und soll sicherstellen, dass der Emittent seinen Rückgabeverpflichtungen nachkommt. Wenn Sie also den Zugang zu Ihren Token verlieren oder wenn Sie Ihren privaten Schlüssel, mit welchem Sie Ihr Wallet entsperren können, verlegen, können Sie im Falle von «Security Tokens» die Token leicht wiederbekommen. Sie brauchen dem Emittenten lediglich Ihre Identität nachzuweisen und er erzwingt dann eine Übertragung vom verlorenen Wallet auf das neue Wallet. Es handelt sich also um eine zusätzliche Sicherheit.

 

Und wie sieht es mit der Dividende aus? 
 

Alles, was mit der Dividende zusammenhängt, ist in den rechtlichen Unterlagen des Fonds definiert, die an die Anleger verteilt werden. Die Ausschüttung erfolgt auf traditionelle Art und Weise und die Höhe der Dividende kann – wie bei einem herkömmlichen Fonds – vom Geschäftsergebnis abhängig sein.

 

Mathieu Cottin, Head of Sales bei Tokeny, interviewt von Olivier Toublan