Michael Loose von La Foncière: «Auch wenn wir von einer Baisse ausgehen, so bleibt der Immobilienmarkt dennoch resilient»


10/05/2023

Immoday

Olivier Toublan

6 min

Es ist wahrscheinlich, dass der Immobilienmarkt 2023 eine Baisse verzeichnet, wenn auch nur eine moderate. Dennoch bleiben Immobilien auch langfristig attraktiv, da sie von einer soliden Wirtschaft, starken Zuwanderung und einem Nachfrageüberhang gestützt werden und auch weiterhin bei den institutionellen Investoren begehrt sind. Es gibt also keinen Grund zur Panik. Eine Analyse von Micheal Loose von La Foncière.


Eine Branchenkrise zu antizipieren, ist immer schwer. Einige Fachleute halten es für möglich, dass der Immobilienmarkt nach dem Einbruch der Aktien und Anleihen im letzten Jahr eine Trendwende vollzieht – zumal der Zinsanstieg noch nicht beendet zu sein scheint. Wie wirkt sich all das auf den Immobilienmarkt aus? Die meisten Experten sind äusserst zurückhaltend. Michael Loose, CEO der Investissements Fonciers SA (IFSA), der Fondsleitung des Schweizer Immobilienanlagefonds La Foncière, analysiert die Situation.
 

Michael Loose, die neuesten Statistiken belegen es: Die Immobilienpreise steigen zwar immer noch, aber die Verlangsamung dieses Anstiegs ist beeindruckend. In einigen Regionen sind sogar Preisrückgänge zu verzeichnen. Ist dies die Trendwende?


Das wirtschaftliche Umfeld verändert sich auf globaler Ebene, doch die wirtschaftliche Lage in den Ländern und Regionen, deren Zentralbanken die Zinsen angehoben haben, ist sehr unterschiedlich. Und die Schweiz befindet sich in einer privilegierten Situation. Was den Immobilienmarkt betrifft, so darf man nicht vergessen, dass die Schweiz ein Land der Mieter ist und eine hohe Zuwanderung verzeichnet. Da sich das Umfeld nach Jahren des sehr leichten Wachstums im Immobilienbereich wandelt, ist es für uns unerlässlich, unser Risikoexposure im Auge zu behalten und darauf zu achten, wie wir damit umgehen und wie sich unser Fonds im Wettbewerb positioniert. Um unsere Solidität zu erhalten, müssen wir dafür sorgen, dass all diese Faktoren miteinander in Einklang bleiben.
 

Obligationen und Aktien sind im Vorjahr eingebrochen. Wann ist der Immobilienmarkt dran?
 

Wir glauben, dass es in den nächsten Monaten tatsächlich zu einer Korrektur der Immobilienpreise kommen wird, aber sicherlich nicht zu einer so starken wie an den Anleihen- und Aktienmärkten. Den uns vorliegenden Analysen zufolge sollte sich die Preiskorrektur in einem vernünftigen Rahmen bewegen, zwischen 5 und 6%, je nach Qualität der Immobilien und deren Lage. In Bezug auf La Foncière haben wir keine grossen Bedenken, da unser Immobilienbestand von hoher Qualität ist und die Bewertung der Liegenschaften bereits sehr defensiv ist. Eine Marktabkühlung dürfte daher keine grossen Auswirkungen auf den Fonds haben. Ganz im Gegenteil: Es könnte vielmehr eine Gelegenheit für uns sein, neue Investitionsmöglichkeiten zu finden, die zu unserer Strategie passen – und dies zu angemessenen Preisen.

 

Könnte ein Rückgang des Interesses der Anleger und damit der Nachfrage zu einer Preiskorrektur führen?


Theoretisch müsste ein Rückgang der Nachfrage zu einer Korrektur der Preise für Immobilienfondsanteile führen. Andererseits waren in den letzten Jahren aufgrund der grossen Begeisterung für indirekte Immobilienanlagen sehr hohe Agios zu beobachten. Auch in diesem Fall behalten wir die Schwankungen im Blick und bauen den Fonds weiter aus, um ihn durch gezielte Anlageentscheidungen möglichst leistungsstark zu machen. Aufgrund unserer Anlagepolitik und unseres strikten Managements sind wir zuversichtlich, dass die Anleger die besten Fonds mit einer defensiven Strategie bevorzugen werden.

 

  

Wenn ich zusammenfassen darf: Die von einigen befürchtete Immobilienkrise wird also ausbleiben? Zumindest für La Foncière? 


In unserem Bereich sind drei Schlüsselfaktoren zu unterscheiden: das allgemeine wirtschaftliche Umfeld, der Immobilienmarkt sowie Kapital und Finanzierung. Das allgemeine wirtschaftliche Umfeld in der Schweiz scheint uns solide. Aber wir behalten die Auswirkungen der steigenden Energie- und Rohstoffkosten im Blick. Der Immobilienmarkt scheint uns ebenfalls solide, dies umso mehr, als sich die Liegenschaften von La Foncière an sehr guten Lagen befinden. Und nicht zu vergessen, dass es einen Mangel an Wohnraum gibt und die Menschen eine Wohnung brauchen. Unsere Leerstandsquote ist dank attraktiver Objekte und einem proaktiven Asset Management unseres Portfolios sehr niedrig. Zu guter Letzt noch das Kapital und die Finanzierung: Das ist der einzige Punkt, der problematisch sein könnte, da die Finanzierung aufgrund der gestiegenen Zinsen teurer geworden ist.
 

Sie sind also zuversichtlich? 


Was die Immobilien betrifft, bin ich auf lange Sicht zuversichtlich, doch man muss über die Mittel verfügen, um schwierige Momente zu überwinden. In dieser Hinsicht sind Fonds, die seit mehreren Jahrzehnten bestehen, im Vergleich zu neueren Fonds im Vorteil. Wir haben das Glück, dass wir mit La Foncière über ein sehr solides und gut positioniertes Anlagevehikel mit einer guten Diversifizierung verfügen. Die Akquisitionspolitik – sowohl was den Kaufpreis als auch die gute Lage der Liegenschaften betrifft – wurde in den letzten Jahren trotz eines überhitzten Marktes sehr gut befolgt. Und wir haben immer eine defensive Bewertungsstrategie für unsere Liegenschaften sowie eine niedrige Hypothekenfinanzierungsquote beibehalten. Angesichts des Anstiegs der Kaufpreise, der durch die starke Nachfrage befeuert wurde, haben wir uns auf die Optimierung des Immobilienbestands konzentriert, um das Mietzinspotenzial auszuschöpfen. Wir stärken den Fonds also weiter, um einer Trendwende am Markt standzuhalten.
 

Die Differenz zwischen der durchschnittlichen Rendite von Immobilienfonds und derjenigen risikoloser Eidgenossen beträgt nur noch etwa 150 Basispunkte. Reicht dies aus, um die Anleger zu überzeugen?
 

Man muss zwischen den Anlegern unterscheiden. Es gibt solche, die in Immobilienfonds investierten, weil sie keine wirkliche Alternative hatten, solange die Zinsen negativ waren. Diese Anleger wenden sich nun, da sich die Situation geändert hat, tatsächlich zumindest teilweise wieder den Anleihen zu. Auch wenn deren reale Rendite immer noch negativ ist, ist doch die Inflation viel höher als die Verzinsung. Gleichzeitig gibt es aber auch viele Anleger, die es vorziehen, in Immobilien investiert zu bleiben, da diese Anlageklasse inflationsresistent ist und langfristig gute Aussichten bietet. Allerdings haben die Marktveränderungen der letzten Monate dazu geführt, dass diese Anleger nun viel wählerischer sind. Doch noch einmal: Immobilien bleiben im Allgemeinen solide – auch auf lange Sicht.

 

Olivier Toublan, Immoday