Nach der Fusion der UBS und der Credit Suisse eröffnen sich den dynamischen Akteuren Chancen

18/05/2023

Olivier Toublan

Immoday

4 Min

Die Fusion der beiden Grossbanken dürfte bei bestimmten Immobilienkategorien zu einem Preisrückgang führen. Sie dürfte auch den dynamischsten Fonds die Möglichkeit geben, zu zeigen, dass sie auch unter schwierigen Bedingungen Mehrwert zu schaffen vermögen. Sofern ihnen die Regulierung nicht die Flügel stutzt.

 

In einem früheren Artikel haben wir über die eher negativen Auswirkungen der Fusion der Credit Suisse und der UBS an einem bereits sehr nervösen Markt berichtet. Die Fusion war im Grossen und Ganzen zwar ein unerwarteter Schock, doch reicht die Widerstandsfähigkeit des Marktes aus, um diesen Schock aufzufangen, zumal sie nicht nur negative Folgen zeitigen wird, zumindest wenn man dem Dutzend Experten aus allen Bereichen der verbrieften Immobilienanlagen – Manager von börsenkotierten Fonds, von nicht börsenkotierten Fonds, unabhängige Experten oder Vertreter von Berufsverbänden – glaubt, die wir befragt haben. 

 

Auswirkungen auf die Immobilienpreise
 

In fast allen Fällen wird die Integration der Credit-Suisse-Fonds in die UBS dazu führen, dass Immobilien auf den Markt kommen, welche die UBS nicht mehr haben will – in erster Linie natürlich Immobilien von minderer Qualität, sei es in Sachen Nachhaltigkeit, Lage oder Nutzung. 
 

Auf den ersten Blick ist dies nichts Schlimmes, aber wer wird im aktuellen Umfeld das Risiko eingehen, diese Immobilien zu erwerben? Und wie werden diese Käufe finanziert? 
 

Dieser letzte Punkt, die Finanzierung, verdient eine nähere Betrachtung. Sie beunruhigt die Marktteilnehmer, denen es bisher immer gelang, die beiden Grossbanken gegeneinander auszuspielen, um die besten Zinsen zu erhalten, was mit einer einzigen Megabank künftig nicht mehr der Fall sein wird. Dies umso mehr, als die Kantonalbanken derzeit bei der Immobilienfinanzierung etwas zurückhaltend sind. Es wird also zwar immer noch möglich sein, eine Finanzierung zu finden, aber nicht mehr zu denselben Konditionen.

 

Ein begrenzter oder allgemeiner Preisrückgang?
 

Die unvermeidliche Folge einer geringeren Nachfrage, strikterer Finanzierungsbedingungen und eines plötzlichen Überangebots an wenig gefragten Immobilien am Markt: Der Preis für diese Immobilien sinkt. Dabei besteht die Gefahr, dass es zu einem Schneeballeffekt kommt, d. h., dass der Preisrückgang bei dieser bestimmten Immobilienkategorie zu einem Preisrückgang bei allen anderen Immobilien führt, unabhängig von der Qualität der Objekte. Das ist das Worst-Case-Szenario, das leider nicht auszuschliessen ist. 
 

Immerhin könnte sich ein Preisrückgang bei wenig begehrten Immobilien positiv auf den derzeit ineffizient scheinenden Markt auswirken. Die Erklärung: Die Immobilienmakler behaupten, dass sie Immobilien zum Verkauf haben, aber viel weniger interessierte Käufer. Dabei handelt es sich vor allem um Käufer, die besser kalkulieren und sich weigern, insbesondere für Immobilien von schlechter Qualität Preise zu zahlen, die sie noch vor 12 Monaten akzeptiert hätten. Leider sind auch die Verkäufer nicht bereit, ihre Preise zu senken, sodass die Makler diese Immobilien nicht loswerden, auch wenn nun langsam eine Abkopplung zu beobachten ist.

 

Die positiven Folgen eines Preisrückgangs
 

Diese Abkopplung könnte sich beschleunigen, wenn die Immobilien der Credit Suisse auf den Markt kommen. Was einige Fondsverwalter begrüssen würden. Sie sind nämlich der Meinung, dass der Preisunterschied zwischen sehr guten und minderwertigen Immobilien immer noch zu gering ist, was dazu führt, dass die Immobilienbestände einiger Investmentfonds vom Markt nicht immer angemessen bewertet sind. Und umgekehrt gibt es häufig noch eine ungerechtfertigte Prämie auf Immobilienbestände von fragwürdiger Qualität. 
 

Dies könnte sich also ändern, wenn die UBS die Objekte, die sie nicht mehr will, zum Verkauf anbietet. Dabei würde eine grössere Preisdifferenz zwischen guten und weniger guten Immobilien entstehen. Gleichzeitig würde diese Abkopplung einigen Akteuren zugutekommen, z. B. Fonds, die sich auf die Aufwertung von Immobilien spezialisiert haben.

Die Lage am Markt für Immobilien von hervorragender Qualität könnte sich hingegen noch zuspitzen: Kleinere Fonds werden mit der neuen UBS konkurrieren müssen, einem allgegenwärtigen Akteur, der in sämtlichen Bereichen des Immobiliensektors tätig ist und über eine enorme Akquisitionskraft verfügt.

 

Das Zauberwort: Performance
 

Die Taktik, um den Schock aufzufangen, welcher den gesamten Finanzsektor erschüttert hat, ist einfach: Die Fonds müssen auf ihre Strategie fokussiert bleiben und dabei eine bessere Performance bieten als die Konkurrenz bei ähnlichen Produkten. 
 

Kurzum: Es gilt, den Investoren immer und immer wieder zu beweisen, dass man auch unter diesen schwierigen Bedingungen – in einem Umfeld, in dem sich die Hindernisse häufen – in der Lage ist, einen Mehrwert zu generieren. Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass sich mit der neuen Konkurrenz die Situation eines Fonds, der gesund ist, einen hochwertigen Immobilienbestand hält, eine effiziente Leitung hat und eine stabile Rendite abwirft, gezwungenermassen verschlechtern wird.

Ganz im Gegenteil – in einer perfekten Welt würde diese neue Situation den dynamischsten und findigsten Managern, die ihre Arbeit gut machen und klare Strategien haben, sogar neue Chancen eröffnen. 

 

Notwendige Diversifikation für institutionelle Anleger 
 

Doch leider leben wir nicht in einer perfekten Welt, weshalb die Anleger wahrscheinlich abwarten werden, bis sich die Situation entspannt hat.
 

Trotz dieser abwartenden Haltung und trotz der Vorzüge der UBS-Fonds, die grösser, liquider und vielleicht auch günstiger sind, werden die Anleger auf eine gewisse Diversifikation wohl nicht verzichten. Aus Gründen der strategischen Allokation, der Risikodiversifikation und der Vermeidung von Klumpenrisiken werden sie wahrscheinlich immer noch – und vielleicht sogar noch mehr als zuvor – auf raffiniertere Anlagevehikel mit originelleren Anlagestrategien setzen. Kurzum: Sie werden die kleinen Marktakteure benötigen. Und für diese wird es eine Gelegenheit sein, zu wachsen. 

 

Was tun die Finanzbehörden?
 

Sofern ihnen die Finanzbehörden die Möglichkeit dazu geben. Der letzte von der Branche thematisierte Punkt betrifft nämlich das Eingreifen der Regulierungsbehörden. Sowohl die FINMA als auch die Wettbewerbskommission sollten einen Akteur, der rund 60% des Marktes ausmacht, genau beobachten. Denn eine solche Vormachtstellung ist nie gesund. 

Im Übrigen ist es um das Vertrauen in die Finanzregulierungsbehörden in der Schweiz – erst recht nach der Ankündigung der Fusion der Credit Suisse und der UBS – nicht besonders gut bestellt. Es wird nicht nur bezweifelt, dass die Regulierungsbehörden über die Kompetenzen und die Macht verfügen, um ein solches Problem mit Weitblick und Pragmatismus zu lösen, sondern es wird vor allem befürchtet, dass politische Erwägungen die Oberhand gewinnen. Dies umso mehr, als das Hauptinteresse der FINMA nicht dieser Anlagekategorie – den Immobilien – gilt.

 

Der Regulator muss seinen Eifer zügeln
 

In einem Bereich werden die Behörden sehr wahrscheinlich intervenieren, um jeglichen Kontrollverlust zu vermeiden: bei der Regulierung. Die Berufsverbände versprechen, äusserst wachsam zu sein, damit die künftige Regulierung auch den kleineren Akteuren Rechnung trägt und nicht nur diesen neuen Riesen berücksichtigt. 
 

Es besteht nämlich die Gefahr, dass eine stärkere Regulierung die Entwicklung und vor allem die Kreativität dieser kleineren Akteure hemmt. Ein Nebeneffekt, den es zu vermeiden gilt, da diese kleinen Fonds, die gezwungen sind, erfinderisch zu sein, um das Interesse der Investoren zu wecken, häufig die gesamte Branche stimulieren.
 

Zum Schluss ist festzuhalten, dass zwar alle der festen Überzeugung sind, dass es besser wäre, den Markt machen zu lassen, niemand aber das Eingreifen des Bundesrates bedauert, der die Situation gerettet und verheerende Folgen für das weltweite Finanzsystem verhindert hat. Und möglicherweise muss der Bund erneut intervenieren, um bestimmte Geschäftsbereiche der neuen Bank, wie beispielsweise die verbrieften Immobilienanlagen, zu regulieren. Dies umso mehr, als es nicht vernünftig wäre, der Bank einen Blankocheck auszustellen, denn es darf nicht vergessen werden, dass auch die UBS – in der Krise von 2008 – grosse Schwierigkeiten hatte.

 

Olivier Toublan, Immoday