Zürich plant den Bau von Wolkenkratzern und Hochhäusern im Stadtzentrum

14/02/2022

Olivier Toublan

Immoday

5 Min

 

Immobilienmonitoring - Immoday - Februar 2022

 

Das Zürcher Amt für Städtebau hat beschlossen, den Bau von Wolkenkratzern zu erleichtern. Künftig dürfen sie in grösserer Zahl gebaut werden und in mehr Quartieren in den Himmel ragen. Allerdings gibt es auch einige Einschränkungen. So müssen diese Kolosse günstigen Wohnraum bieten.

 

Vor einigen Tagen hat ein Artikel im Tages Anzeiger für ziemlich viel Aufregung bei den Immobilieninvestoren gesorgt. Das ist nachvollziehbar, denn die neuen Beschlüsse der Zürcher Behörden zur Immobilienplanung haben es in sich. Die institutionellen Anleger möchten nämlich grundsätzlich in Immobilien an guter Lage, d. h. in den Stadtzentren, investieren. Leider sind diese Zentren jedoch bereits überbaut und neue Gelegenheiten sind rar. Die Zürcher Lösung? Leichter, höher und dichter bauen dürfen.
 

Wie der Journalist Beat Metzler erläutert, wird in einem Bericht zur «Aktualisierung der Hochhausrichtlinien», der vom Amt für Städtebau demnächst veröffentlicht werden sollte, die aus dem Jahr 2001 stammende Richtlinie grundlegend überarbeitet und damit eine völlig neue Ausgangslage geschaffen.

 

Höher, dichter und in mehr Quartieren
 

Einerseits sollen die Zonen, in denen Hochhäuser bis 85 Meter gebaut werden dürfen, auf die Quartiere Altstetten, Albisrieden, Affoltern und Schwamendingen ausgedehnt werden. Vereinfacht gesagt: Nur noch in der Altstadt, innerhalb einiger klar definierter Häuserblocks und an Hängen dürfen keine Häuser von mehr als 25 Metern entstehen.
 

Andererseits soll es möglich sein, entlang dem Gleisfeld und in Zürich-West echte 250 Meter hohe Wolkenkratzer zu bauen. Laut Beat Metzler benötigen diese Türme jedoch einen eigenen Gestaltungsplan, sodass auch das kantonale Parlament – und falls das Referendum ergriffen wird – auch die Bevölkerung ein Mitspracherecht hätte. Der Journalist präzisiert zudem, dass auch ganze Wolkenkratzerquartiere geplant sind. Sie sollen entlang den grossen Verkehrsachsen, um wichtige Plätze und in der Nähe von Universitäten und Spitälern entstehen.

 

Einschränkungen für die Investoren
 

Doch es gibt für die Investoren auch Einschränkungen, denn diese neuen Hochhäuser müssen auch günstigen Wohnraum und öffentlich zugängliche Bereiche bieten. Gleichzeitig müssen die unbebauten Flächen dieser Türme als öffentliche Räume gestaltet werden. In jedem Fall – so heisst es im Bericht – müsse angesichts der Bedeutung dieser Kolosse die Stimmbevölkerung befragt werden. Zu guter Letzt müssen sich die neuen Hochhäuser in die Skyline Zürichs einfügen und dürfen nicht die Aussicht auf den See, die Flüsse und die Berge versperren. Doch das ist nichts Neues.
 

Nichts Neues ist auch, dass die Lockerung der Hochhausrichtlinien aller Voraussicht nach auf den Widerstand eines Teils der Bevölkerung und vor allem von Vereinen zum Schutz des Kulturerbes und der Landschaft stossen wird.

 

Neue Richtlinien dürften im Herbst vorliegen
 

Derzeit handelt es sich ohnehin erst um einen Zwischenstand. Wie Beat Metzler erklärt, werden die endgültigen Richtlinien derzeit von Fachleuten des Amtes für Städtebau ausgearbeitet und finden Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern von Berufsverbänden und politischen Parteien statt. Die neuen Richtlinien dürften im Herbst vorliegen. Viele Punkte wie die endgültige Festlegung der Zonen, in denen Wolkenkratzer gebaut werden dürfen, seien derzeit noch in Arbeit.

 

Dennoch ist das Zürcher Amt für Städtebau nun offiziell der Meinung, dass Türme dazu beitragen können, die Herausforderungen der Stadtentwicklung zu meistern. Und wie es so häufig der Fall in der Schweiz ist, setzt Zürich den Trend. Daher ist nicht auszuschliessen, dass in den kommenden Jahren auch im restlichen Land die städtischen Richtlinien für den Bau von Hochhäusern gelockert werden. Das höchste Gebäude der Schweiz ist derzeit der Roche Tower in Basel. Er misst 178 Meter und ist damit höher als der 126 Meter hohe Prime Tower in Zürich. In der Westschweiz gibt es noch kein Gebäude, das höher ist als der grosse Turm der Cité du Lignon, der 91 Meter misst und 1968 erbaut wurde. Zwar sind in der Deutschschweiz zahlreiche Projekte im Gange, doch häufen sich die Niederlagen an der Urne und die Verzögerungen, sodass bisher kein einziges dieser Vorhaben abgeschlossen werden konnte.
 

Olivier Toublan für Immoday