'5 Minuten mit'-Interview - Philippe Zufferey

20/01/2021

Immoday

Redaktion

2 min

Für das heutige "5 Minuten mit"-Interview begrüßen wir Philippe Zufferey, stellvertretender Director bei der BCV und leiter der Abteilung Depotbank.

'5 Minuten mit' ist eine Reihe von Interviews die die Akteuren der Schweizer Immobilien-verbriefungsbranche vorstellen sollen.

 

Herr Zufferey, wer sind Sie im Beruf?

Ich bin stellvertretender Direktor bei der BCV und leite die Abteilung Depotbank. Meine Berufslaufbahn begann mit einer Ausbildung bei einer Treuhandgesellschaft in Genf. Danach war ich bei PWC als Wirtschaftsprüfer im Bereich Derivate und Anlagefonds tätig, bevor ich zur BCV wechselte, um das Depotbankgeschäft mit Anlagefonds aufzubauen und weiterzuentwickeln.
 

Im Beruf sehe ich mich vor allem als jemanden, der versucht, Menschen zusammenzuführen, sie in einem Projekt oder für ein bestimmtes Ziel als Team zu motivieren, zu überzeugen und mitzureissen. Denn eine Führungskraft ist nur gut, wenn sie die Unterstützung ihres Teams hat und dieses motiviert und engagiert ist. Zudem ist es wichtig, immer offen zu bleiben und zu versuchen, die besten Lösungen und Fachkräfte am Markt zu finden und sie, wenn sie das bestehende Know-how gut ergänzen, in die Team- bzw. Projektorganisation zu integrieren. Kurzum, ich sehe mich als jemanden, der Menschen zusammenbringt.

 

Und wer sind Sie privat?

Meine Eltern stammen aus dem Val d'Anniviers im Wallis. Ich bin in Genf geboren, wo ich auch die ersten 30 Jahre meines Lebens verbracht und mein Wirtschaftsdiplom gemacht habe. Inzwischen bin ich seit über 20 Jahren Waadtländer und wohne mit meiner Frau, die aus Mauritius stammt, und unseren vier Kindern in einem kleinen Dorf im Gros-de-Vaud.
 

Was meine Hobbys angeht, ist wohl der Fussball meine grösste Leidenschaft. Ich habe selbst lange gespielt und trainiere seit vielen Jahren 15- bis 17-Jährige beim FC Echallens Région. Ich bin gerne mit jungen Menschen zusammen, um mit ihnen die Freude am Fussballsport zu teilen und ihnen Werte zu vermitteln, die mir persönlich wichtig sind: Respekt, Solidarität, Teamgeist und den Willen, stets das Beste zu geben, aber auch die grossen Erfolge zu geniessen und zu lernen, mit den kleinen und grossen Enttäuschungen umzugehen.
 

Eine Tugend, die mir im Privatleben auf jeden Fall sehr wichtig ist, ist das Wohlwollen, und zwar sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber. Ich versuche, aus allen das Beste herauszuholen, höre mir gern andere Meinungen an und will mich von dem, was um mich herum geschieht, inspirieren zu lassen. Ich akzeptiere das Gegenüber so, wie es ist. Und sollte es einmal ungemütlich werden, lebe ich frei nach dem arabischen Sprichwort: «Die Hunde bellen – die Karawane zieht weiter.»

 

Welche Rolle spielt die BCV in der Branche der Schweizer indirekten Immobilienanlagen?

Die BCV ist eine Bank mit einem umfassenden Angebot an Dienstleistungen für Immobilienfonds: Depotbankservices, Platzierung bei Investoren, Market-Making, Hypothekarfinanzierung, um nur einige der wichtigsten zu nennen. Diese bieten den Anlagefonds zunächst bei der Strukturierung, später aber auch beim Tagesgeschäft, bei der Wertschöpfung für die Anlegerinnen und Anleger Unterstützung.
 

Unsere grösste Stärke ist unser Team, das nun schon seit 15 Jahren am Markt der indirekten Immobilienanlagen zuhause ist. In dieser Zeit haben wir unzählige Projekte begleitet, aus denen erfolgreiche Immobilienfonds und SICAV hervorgegangen sind. Wir kenpontus-wellgraf-qwq9NPW-03M-unsplash.jpgnen die wichtigsten Abläufe im Tagesgeschäft der Fonds und wissen, was Anlegerinnen und Anleger erwarten, wenn sie Immobilienfondsanteile erwerben. Dank unseres Portfolios mit über 30 Immobilienfonds, die von ebenso vielen verschiedenen Einrichtungen verwaltet und geleitet werden, besitzen wir einen reichen Erfahrungsschatz, der in der Branche seinesgleichen sucht. Zudem sind wir durch unsere Tätigkeit und Organisation am Markt extrem gut vernetzt, z. B. mit Top-Fachleuten in Steuer-, Rechts- und Strukturierungsfragen, aber auch mit Investoren, wenn es darum geht, Kapital zu beschaffen.
 

Wie würden Sie den Schweizer Markt für indirekte Immobilienanlagen beschreiben?

Es ist ein Markt, der seit 15 Jahren kräftig wächst. Die Immobilien sind eine Anlageklasse, die sich in den institutionellen Portfolios – wo sie 10 bis 30 Prozent der Anlagen ausmachen – echt bewährt hat. Und bei den Portfolios der Privatanlegerinnen und ‑anleger spielen sie seit Kürzerem bei der Diversifizierung zur Erreichung risikoadjustierter Renditeziele eine Schlüsselrolle.
 

Einer der grössten Vorteile der indirekten Immobilienanlagen besteht darin, in einem einzigen kollektiven Anlagegefäss über breit diversifizierte Vermögenswerte zu verfügen. Bei den grössten Fonds reden wir von Immobilienwerten in Höhe von über einer Milliarde Franken, die über die Regionen und Sektoren breit verteilt sind.
 

Die kollektiven Immobilienanlagen sind ein echtes Aushängeschild für Verwaltungs-Know-how und ein Sammelbecken für das Beste, was der Markt der Immobilienanlagen zu bieten hat. Sie müssen zwar einerseits die Substanzanforderungen der Aufsichtsbehörden und andererseits die Markterwartungen in puncto Wertsteigerungspotenzial erfüllen, besitzen aber dennoch zahlreiche Vorzüge, die sie für Anlegerinnen und Anleger attraktiv machen. Um erfolgreich zu sein und dem Vergleich mit ihren Peers standhalten zu können, engagieren die Fondsanbieter die besten Verwaltungsteams des Landes, damit diese tagtäglich an Ort und Stelle Immobilien sichten mit dem Ziel, einen Wertzuwachs für die Anleger zu erzielen. Die Fondsanbieter vergessen dabei natürlich nicht, die Beziehungen zu den Mieterinnen und Mietern – ihren eigentlichen Kunden – zu pflegen. Eine der – in diesem Fall positiven – Folgen der COVID-19-Krise könnte es sein, dass ein engeres und zugleich umfassenderes Verhältnis zu den Mietparteien angestrebt wird, mit dem Ziel, ein kundenorientierteres Dienstleistungsangebot zu schaffen, bei dem es um mehr als die Qualität der bereitgestellten Geschäfts- und Wohnräume geht, das z. B. auch persönliche Dienstleistungen, detaillierte Berichte zum Energieverbrauch, Quartiers- oder Nachbarschaftsaktionen oder lokale Konsumdienstleistungen beinhaltet.
 

Welches die Schwächen der indirekten Immobilienanlagen sind? Vergleicht man diese Branche mit den traditionelleren Anlageklassen, so könnte sie sich in Sachen regelmässiger und transparenter Kommunikation ihrer Massnahmen, Initiativen und Investitionen sowie ihrer Finanzkennzahlen und ihrer Umweltstrategie noch verbessern.
 

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Liquidität der Immobilientitel. Die Abwicklung von Transaktionen kann relativ komplex sein und viel Know-how verlangen, wenn die börslich oder ausserbörslich gehandelten Volumen gering sind. Es bleibt also noch einiges zu tun, um ein grösseres Investorenpublikum für diesen Markt zu gewinnen und den ausserbörslichen Handel transparenter zu gestalten.

 

Wie wird sich diese Branche Ihrer Ansicht nach kurz- und mittelfristig entwickeln?

Auf kurze Sicht wird die Branche wie alle Wirtschaftssektoren die Folgen der COVID-19-Krise zu verdauen haben. Dazu wird insbesondere gehören, sich mit den Investoren intensiver über das Portfolio und die Risiken auszutauschen, die mit den besonders gefährdeten Gewerbeliegenschaften verbunden sind. Betroffen sind vor allem die Titel mit Fokus auf Geschäftsimmobilien oder die Tourismusinfrastruktur. Es ist eine schwierige Zeit, für deren Bewältigung ein enger Kontakt mit den Investoren notwendig ist.
 

Die mittelfristigen Vorteile einer Anlage in kollektiven Kapitalanlagen sind meiner Meinung nach offensichtlich. Der Trend von den direkten zu den indirekten Anlagen wird sich fortsetzen und durch die für 2021 – nun vielleicht erst 2022 – erwarteten regulatorischen Entwicklungen noch begünstigt werden. Das Projekt L-QIF sieht die Schaffung einer neuen Fondskategorie, nämlich des sogenannten Limited Qualified Investor Fund (L-QIF), vor, der von bestimmten Vorschriften des Bundesgesetzestobias-reich-_2bHXTz3j-E-unsplash.jpg über die kollektiven Kapitalanlagen befreit sein wird. Damit wird es möglich sein, Produkte zu lancieren, die von der FINMA nicht bewilligt oder genehmigt werden müssen. Die besonders produktiven Fondsanbieter werden Produkte anbieten können, die noch innovativer und spezifischer sind.
 

Wir dürfen nicht vergessen, dass das beachtliche Wachstum der indirekten Immobilienanlagen in den vergangenen Jahren – das Volumen hat sich in zehn Jahren verdreifacht – durch das tiefe Zinsniveau begünstigt wurde, da dieses den Obligationen sehr zugesetzt hat, die, wenn es um stabile Erträge in Schweizer Franken geht, mit den Immobilienanlagen konkurrieren. Aber auch ganz unabhängig von der künftigen Zinsentwicklung ist der Trend von direktem zu indirektem Immobilienbesitz von mir aus gesehen nicht aufzuhalten. Ganz gleich, ob Familienvermögen, Produktionsstätte oder Pensionskassenanlagen – die kollektive Kapitalanlage wird sich als die ideale Lösung entpuppen. Die indirekten Immobilienanlagen können bei der gewöhnlichen Geschäftsabwicklung oder Vermögensverwaltung vielfältig eingesetzt werden, so z. B. für eine steueroptimierte Nachlassregelung, um Mittel zur Finanzierung des Wachstums oder der Digitalisierung seines Unternehmens freizusetzen, um das Immobilienportfolio zu diversifizieren und Zugang zu den besten Lösungen am Markt zu haben.
 

Sagen Sie uns zum Abschluss, ob es irgendetwas gibt, was Sie im Nachhinein gern ändern würden?

Wir leben in einer spannenden Zeit. Der Markt für Immobilienanlagen wandelt sich, bringt innovative Strukturen hervor und zeigt neue Perspektiven auf. Bei den Herausforderungen des ökologischen Wandels könnte das Segment der indirekten Immobilienanlagen mit gutem Beispiel vorangehen, Entwicklungen antizipieren und innerhalb der Immobilienbranche als Wegbereiter fungieren. Ich denke an kreative, motivierte und engagierte Fondschefs, die in einem Umfeld, in dem ökologische, soziale und Governance-Aspekte – Stichwort ESG – immer wichtiger werden, bereit sind Verantwortung zu übernehmen. Dabei werden sie von Partnern unterstützt, die die Werte der Branche kennen – zum Wohle der Mieterinnen und Mieter, der Umwelt und der Wertschöpfung in der Schweiz. Der L-QIF würde eine pragmatische Lösung darstellen, dem Schweizer Finanzplatz einen Konkurrenzvorteil verschaffen und so zur Schaffung und zum Erhalt von Arbeitsplätzen beitragen.

Exklusiv für die Website immoday.ch © hergestellt

April 2020