'COVID-19'-Interview - Pascal Delessert, Gründer und Geschäftsführer von IMvestir Partners

03/12/2020

Immoday

Redaktion

3 min

Zu dem heutigen "COVID-19"-Interview begrüssen wir Pascal Delessert, Gründer und Geschäftsführer von IMvestir Partners.

 

Guten Tag Herr Delessert. Wie geht es Ihnen und wo befinden Sie sich gerade?

Ich bin zu Hause und es geht mir sehr gut. Schon zu Beginn der Krise hat IMvestir Partners die erforderlichen Massnahmen ergriffen, damit alle Mitarbeitenden von zu Hause arbeiten können. Nur einer von ihnen hat aus persönlichen Gründen entschieden, weiterhin täglich ins Büro zu fahren. Ich für meinen Teil besass bereits die notwendige Ausrüstung, um von zu Hause in Genf effizient arbeiten zu können, und so bin ich seit Mitte März im Homeoffice.
 

Können Sie uns ein paar Worte zu ihrer Funktion und ihrer Person sagen?

Ich wurde in meiner frühesten Kindheit aus Korea adoptiertricardo-gomez-angel-Ix7WUauW3Pg-unsplash.jpg und bin durch Adoption Schweizer geworden. Heute lebe ich wieder in Genf, wo ich aufgewachsen bin. Dennoch habe ich viele Jahre meines beruflichen und privaten Lebensweges sowohl in Zürich als auch in Asien verbracht.
 

In meiner Freizeit versuche ich, im Winter Ski zu fahren und – wenn alle dafür Zeit haben – mit meiner Familie wandern zu gehen. Ich liebe Eishockey, die einzige Sportart, die ich leidenschaftlich verfolge.
 

Beruflich bin ich Gründer und Geschäftsführer von IMvestir Partners, einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Nyon. Die Geschäftstätigkeit von IMvestir in der Welt der Immobilienverbriefung ist sehr vielfältig. Ich persönlich beschäftige mich unter anderem mit dem Aufbau einer Datenbank für Immobilientitel und der Bereitstellung von quantitativen und qualitativen Analysen anhand der Daten, die meine Kolleginnen und Kollegen erfassen.
 

Welche Rolle spielt IMvestir Partners in der Schweizer indirekten Immobilienanlageindustrie

IMvestir ist ein junges Unternehmen, das erst vor zwei Jahren gegründet wurde. Unser Ziel ist es, erster Ansprechpartner für sämtliche Daten rund um die Schweizer Immobilienverbriefung zu werden. Derzeit bauen wir eine quantitative und qualitative Datenbank auf, die mit der Zeit Investoren als zuverlässiges Informations- und vor allem Analyseinstrument bei ihrer Entscheidungsfindung helfen soll. Auch werde ich die engen Kontakte nutzen, die wir zu den verschiedenen Marktteilnehmern knüpfen. Schliesslich möchte sich IMvestir als echter Vermittler in der Branche positionieren, indem wir die Mittelbeschaffung fördern oder Menschen zusammenbringen, von denen wir wissen, dass sie gemeinsame Interessen haben. 
 

Wie organisieren Sie sich in der Corona-Krise?

Dass IMvestir eine kleine Struktur ist, bietet einige Vorteile. Die grosse Flexibilität in der Funktionsweise unseres Unternehmens ist einer davon. Da unsere Tätigkeit nicht unbedingt eine physische Präsenz erfordert, konnten wir dank moderner IT- und Kommunikationsmittel ohne den geringsten Zeit- und Effizienzverlust sofort auf Telearbeit umstellen. Natürlich vermissen wir manchmal die Interaktion oder auch den Wettstreit im Team, aber die auferlegte Distanz beeinträchtigt den reibungslosen Ablauf unserer Aktivitäten nicht.
 

Welche Folgen wird die Krise Ihrer Meinung nach für den Immobiliensektor, für indirekte Immobilien-anlagen im Allgemeinen und für Ihre Tätigkeit im Besonderen haben?

Da es jedoch auch auf makroökonomische Faktoren ankommt, ist es noch etwas zu früh, um die Auswirkungen dieser Krise auf den Immobiliensektor insgesamt zu bemessen. Ohne Zweifel wird es Nachwirkungen geben ... und wir versuchen momentan, die Folgen zu beziffern, die diese Krise vor allem auf indirekte Immobilienanlagen haben wird. Aber wie ich bereits sagte – es ist noch zu früh für eine endgültige Beurteilung.
 

Wir bei IMvestir spüren keine grösseren Auswirkungen, abgesehen von einigen Projekten natürlich, die neu terminiert werden mussten. Unsere Partner sind stabil und haben keine Liquiditätsprobleme, die sich durch einen Dominoeffekt auf uns hätten auswirken können. Bis jetzt können wir sagen, dass alles gut läuft.

 

Sind indirekte Immobilienanlagen heute ein Zufluchts-wert?

Immobilien gelten im Allgemeinen als «diversifizierende» Anlageklasse, doch in dieser Rolle haben sie etwas enttäuscht. Institutionelle Anleger schätzten indirekte Immobilienanlagen nämlich nicht nur wegen ihrer attraktiven Renditen, sondern in gewisser Hinsicht auch als Instrument zur Diversifizierung ihrer Finanzanlagen. Covid-19 hat oder wird erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen in der Schweiz und weltweit haben. Als unmittelbare Auswirkung kam es zu Finanzmarktverzerrungen. Leider haben die Immobilientitel dieser Entwicklung nicht standgehalten. Obwohl sich die Immobilienfonds in der Zwischenzeit etwas erholt haben, lässt sich nicht leugnen, dass sie ihre Aufgabe als Diversifizierungsintrument nicht vollständig erfüllt haben.
 

Dennoch dürften indirekte Immobilienanlagen, sobald die Auswirkungen quantifiziert sind, wieder eine interessante Alternative zu traditionellen Anlageklassen werden. Wir konnten übrigens bereits eine grosse Nachfrage bei unseren Kunden verzeichnen, die diese Einschätzung untermauert.
 

Wo sehen Sie den Sektor am 31. Dezember 2020?

Sobald wir ein klareres Bild der Lage haben, müssen konkrete Elemente benannt werden, um die tatsächlichen Auswirkungen der Krise und die finanziellen Perspektiven für Gebäude und Bauträger bemessen zu können. Aufgrund der kyle-mackie-tdQeofL7eIw-unsplash.jpgAnalysen einiger Marktbeobachter sind bereits heute relativ aussagekräftige Zahlen im Umlauf. Bei den Wohnimmobilien dürften die Auswirkungen eher moderat ausfallen, auch wenn für das Jahr 2020 Mietverluste oder Gewinnausfälle von etwa 3 bis 5 % erwartet werden. Diese Zahl ist sicherlich nicht unbedeutend, aber im Vergleich zum Ausmass der Krise relativ niedrig. Auf der anderen Seite ist die Situation der gewerblichen Immobilien deutlich heikler. Diese waren bereits vor der Krise vergleichsweise schwer betroffen, und durch Covid-19 wurde zusätzlich «Öl ins Feuer gegossen». Dies hat das in gewisser Hinsicht berechtigte Misstrauen der Investoren in dieses Marktsegment, das stark von den Ausgangsbeschränkungen sowie dem Konsumverhalten der Privathaushalte betroffen ist, noch verstärkt. Erste Studien über den Handelssektor deuten bei einem Rückgang der Mieteinnahmen um durchschnittlich 10 bis 15 % auf eine viel grössere Auswirkung hin.
 

In Bezug auf den Nettoinventarwert und unter Berücksichtigung der Berechnungsmethoden ist es noch viel zu früh, um die Auswirkungen genau zu bestimmen. Ein kurz- bis mittelfristiger Rückgang scheint jedoch bei Gewerbeimmobilien, insbesondere bei Einzelhandels-flächen und Geschäften, unvermeidlich. 
 

Besondere Risiken? Oder besondere Chancen?

Solche Krisen gehen immer mit ebenso vielen Risiken wie Chancen einher. Unsere Rolle als Analytiker besteht darin, diese Risiken zu quantifizieren, doch zum Zeitpunkt dieses Interviews ist es noch zu früh, eine verlässliche Aussage zu treffen. Meiner Ansicht nach besteht eines der Hauptrisiken darin, dass das Interesse der institutionellen Anleger an Immobilientiteln nachlassen könnte, weil sie auf dem Höhepunkt der Krise ihre Rolle als Diversifizierungsinstrument nicht voll erfüllt haben. Aber um es mit den Worten des Sehers aus «Asterix» zu sagen: «Auf Regen folgt Sonnenschein.» Indirekte Immobilienanlagen bleiben wegen ihrer guten Renditen in einem Niedrigzinsumfeld eine attraktive Anlageklasse. Chancen werden sich auftun. Und deshalb sollte genau geprüft werden, welche Fonds und welche Immobilien überverkauft sind. Zudem sollte man der Qualität des Managements der jeweiligen Bauträger (insbesondere ihres Risikomanagements) besondere Aufmerksamkeit schenken.

 

Und persönlich? Wird diese Krise auch etwas in Ihrem Leben verändern?

Ich denke nicht, dass sich viel verändern wird – abgesehen davon, dass sich aufgrund der Zeit, die wir gerade durchmachen, einige Dinge im Leben gegenüber anderen relativieren. Die spürbarsten Veränderungen werden eindeutig eher im beruflichen Bereich stattfinden, und zwar insbesondere in Form neuer Gewohnheiten oder Verhaltensweisen, die es zu beobachten gilt.

Immoday - Befragt von Philippe Perret du Cray am 28. April 2020