L-QIF: Perspektiven und Erfahrungen aus Luxemburg

08/01/2021

Voxia

Immoday

4 min

Runder Tisch vom 29. Oktober 2020


Der Schweizer Markt für Investmentfonds wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2022 um eine neue Anlagekategorie reicher: der Limited Qualified Investor Fund (L-QIF). Mithilfe des L-QIF soll das Volumen der kollektiven Anlagen in der Schweiz erhöht werden. Dieses Vehikel muss nicht von der FINMA genehmigt, jedoch von einer anerkannten Stelle verwaltet werden, die der FINMA unterstellt ist. Der L-QIF ist zwar neu in der Schweiz, doch auf europäischer Ebene längst bekannt. Bereits im Jahr 2016 hat Luxemburg den RAIF – oder Reserved Alternative Investment Fund – eingeführt.

Dieses luxemburgische Modell war Gegenstand des von COPTIS am 29. Oktober 2020 organisierten Runden Tisches, an dem Experten für die Gründung, das Management und die Verwaltung von RAIFs teilnahmen[1].

 

Zügigkeit und Flexibilität

Der RAIF entstand aus dem Wunsch, die Regulierung alternativer Investmentfonds (AIFs) zu erleichtern und gleichzeitig eine grössere Anzahl von Kollektivanlagevehikeln, insbesondere Private-Equity-Fonds, nach Luxemburg zu locken. Der Erfolg der RAIFs, von denen bis heute über 1300 registriert wurden, beruht auf zwei grundlegenden Faktoren: die Zügigkeit ihrer Auflegung und ihre Flexibilität.
 

Ein Hauptmerkmal des RAIF – und des L-QIF – ist, dass er ohne vorherige Genehmigung einer Aufsichtsbehörde, im Falle Luxemburgs der CSSF, aufgelegt werden kann. Die Zeit, die für die Markteinführung benötigt wird, verkürzt sich dadurch erheblich. Sirussell-ferrer-T3GvfyHUXBU-unsplash.jpge beträgt nur noch einige Monate oder sogar Wochen. Zum Zeitgewinn kommt noch ein klarer logistischer Vorteil, denn ein RAIF kann gegründet werden, ohne dass es einer physischen Präsenz in Luxemburg bedarf. In der Tat genügt es, sie über einen AIF-Manager vor Ort zu verwalten. Dies ist auch die bevorzugte Lösung der Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmen. Da der RAIF und sein Manager zudem der europäischen AIFM-Richtlinie (2011/61/EU) unterliegen, kann der Fonds zudem europaweit in gleicher Weise wie andere alternative Investmentfonds vertrieben werden.
 

Ein anderes wesentliches Merkmal des RAIF ist seine flexible Struktur: Diese kann verschiedene Gesellschaftsformen annehmen (SA, SCA, SARL, SICAV, SICAF, SICAR etc.) und daher die unterschiedlichen sich daraus ergebenden steuerlichen Besonderheiten bieten. Darüber hinaus kann ein RAIF mehrere vollständig getrennte Teilfonds zusammenfassen, die durchaus jeweils eigene Merkmale aufweisen, sei es in Bezug auf die Anlagestrategien, die Art der verwalteten Vermögenswerte oder die Anlageberater.
 

Ein nicht überwachtes, aber reguliertes Vehikel

Doch trotz seiner flexiblen Struktur und der schnellen Auflegung handelt es sich um ein reguliertes Vehikel, das auf der Ebene der Verwaltung und des dafür verantwortlichen Managers geschützt ist. RAIFs müssen nämlich die Anforderungen der AIFM-Richtlinie erfüllen und neben einem AIF-Manager auch einen Verwahrer und Wirtschaftsprüfer vorweisen. Der Manager ist für das Portfolio- und Risikomanagement, die Verfahren zur Bewertung der Vermögenswerte und die Compliance-Kontrolle des Anlagevehikels selbst verantwortlich. Bei jedem RAIF müssen Fondsmanager, Verwahrer und Wirtschaftsprüfer der einzelnen Teilfonds zwingend identisch sein.
 

Dieses hohe Mass an Regulierung zeigt sich insbesondere bei der für die Einrichtung des Fonds erforderlichen Dokumentation und in den Due-Diligence-Verfahren, die in der Verantwortung des AIF-Managers und des Verwahrers liegen. Und hierin besteht, zumindest nach den Erfahrungen aus Luxemburg, die grösste Schwierigkeit in Bezug auf dieses Anlageinstrument. In der Tat müssen die Zusammenarbeit und der Dialog zwischen den verschiedenen Interessengruppen und Fondsanbietern von Anfang an offen und transparent sein. Nur so können Missverständnisse – sei es über die Art des RAIF oder über die Anforderungen der Verwahrer und Verwalter gegenüber ihren Kunden – vermieden werden. Ferner ist unbedingt sicherzustellen, dass sich der Fondsanbieter seiner Verpflichtungen bewusst ist.
 

Diese Schwierigkeit wirkt aber auch als Garantie: einerseits dafür, dass die zügige Auflegung eines Fonds wie des RAIF in Luxemburg oder des L-QIF in der Schweiz nicht zu einem Kontroll- und Sicherheitsverlust für den Fonds und sein Vermögen führt, und andererseits für die grosse Verantwortung der verschiedenen Akteure auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette. Wie das Beispiel Luxemburg zeigt, hat die indirekte Aufsicht durch die zentrale Regulierungsbehörde zu einer erhöhten Eigenverantwortung aller Akteure geführt.
 

[1] Yannick Arbaut, Partner bei Allen & Overy Luxembourg;
Christophe Lanz, Partner und Conducting Officer bei RSM Fund Management Luxembourg;
Dunja Schumacher, Director Private Capital Services bei RBC Investor and Treasury Services;
Laurent Born, Director Trustee and Depositary Service bei RBC Investor and Treasury Services.