Die Berechnung des Anteilswerts bei Immobilienfonds

18/06/2021

COPTIS

CapstoneLaw

2 min

Als Eigentümer von Anteilen eines Immobilienfonds haben Sie sich vielleicht auch schon gefragt, wie der Preis Ihres Anteils zustande kommt. In diesem Artikel wird auf die einzelnen Schritte der Preisbildung bei Immobilienfonds eingegangen.


Ausgangspunkt hierzu ist die Bewertung des gesamten Fondsportefeuilles, d.h. der einzelnen Liegenschaften, der sonstigen Anlagen und der liquiden Mittel, aus welchen sich Ihr Fonds zusammensetzt. Zu diesem Zweck muss die Fondsleitung unabhängige (d.h. nicht weisungsgebundene), von der FINMA genehmigte Schätzungsexperten ernennen, deren Aufgabe es ist, den Wert jeder einzelnen Liegenschaft periodisch einzuschätzen. Übernimmt die Fondsleitung den von den Experten festgestellte Schätzwert nicht unverändert in die Fondsbuchhaltung, muss dies begründet werden.

Die Liegenschaften werden in den folgenden Fällen bewertet :

Jährliche Bewertung sämtlicher Liegenschaften : Das Gesamtportfolio der Liegenschaften und der übrigen Aktiven (z.B. Mieterträge) minus der Hypothekarschulden und anderer Passiven (z.B. zurückgestellte, aber noch nicht bezahlte Fondskosten) ergeben den Nettoinventarwert (NIW) des Immobilienfonds. Dieser Betrag wird durch die Anzahl ausgegebener Anteile geteilt, was den NIW pro Anteil ergibt. Der NIW pro Anteil wird jährlich per Ende des Geschäftsjahrs des Fonds berechnet und bildet die Grundlage für den Rücknahmepreis bei der Fondsleitung für die Anleger, die die Rücknahme ihrer Anteile verlangt haben.

Bewertung bei Transaktionen : Liegenschaften, die der Fonds erwerben will, müssen im voraus geschätzt werden. Beim Verkauf von Liegenschaften kann der Fonds auf eine neue Schätzung verzichten, sofern die vorherige Schätzung nicht älter als drei Monate ist. Somit kann im Interesse der Anleger vermieden werden, dass die Transaktion zu einem veralteten Preis durchgeführt wird. Auch hier muss die Fondsleitung begründen, wenn sie eine Liegenschaft zu einem Preis über dem Schätzwert kauft oder sie zu einem Preis unter dem Schätzwert veräussert.

Ausgabe neuer Anteile (Kapitalerhöhung) : Um sicherzustellen, dass der Ausgabepreis der neuen Anteile gerecht ist, wird das gesamte Immobilienportfolio vor jeder Kapitalerhöhung neu bewertet.

Anteile an Immobilienfonds sind relativ illiquide. Sie können nur auf dem Wege von tranchenweisen Neuemissionen (Kapitalerhöhungen) ausgegeben und nur einmal jährlich unter Einhaltung einer Jahresfrist bei der Fondsleitung ordentlich zurückgegeben werden. Um den Anlegern dennoch eine gewisse Liquidität zu verschaffen, sind Publikums-Immobilienfonds in der Schweiz an einer Börse kotiert, wo die Anteile täglich gekauft und verkauft werden können.

Die Preisbildung findet hier über einen von der Fondsleitung beauftragten Market Maker (z.B. eine Bank) statt. Der Market Maker stellt die Kurse für Kauf und Verkauf von Anteilen. Daraus ergibt sich der Börsenpreis, welcher je nach Erwartung der Gesamtheit der Marktteilnehmer an die Entwicklung des Fonds höher (Agio; dies ist die Regel) oder tiefer (Disagio) ist als der offizielle NAV pro Anteil.

Bei Immobilienfonds für qualifizierte Anleger, die nicht an der Börse kotiert sind, sorgt ebenfalls ein Market Maker für einen Sekundärmarktpreis.

Die Bildung von Anteilspreisen bei Immobilienfonds folgt somit sehr genauen Regeln.​​​​​​​
 


Patrick Moser
Partner
CapstoneLaw
 COPTIS Mitglied


Erschien in der Zeitung „24 heures“ vom Mittwoch, 29. Juni 2020, in Zusammenarbeit mit COPTIS