Éliane Débaz, stellvertretende Direktorin der Immobilienverwaltung de Rham: «Grundsätzlich sind gut geplante Nachhaltigkeitsinvestitionen langfristig rentabel.»

18/12/2023

Olivier Toublan

Immoday

4 min

In die Aufwertung eines Gebäudes zu investieren ist gut, privaten Vermietern bereitet es aber oft Kopfzerbrechen. Was sind die rentabelsten Arbeiten? Wie steht es um deren Finanzierung? Mit wem soll zusammengearbeitet werden? Wie ist mit den administrativen Auflagen umzugehen? Sind Steuerabzüge möglich? Wie lassen sich Probleme mit den Mietern lösen? Éliane Débaz, stellvertretende Direktorin der Immobilienverwaltung de Rham, steht uns Rede und Antwort.

 

Lohnt es sich in einer Zeit, in der alles teurer wird – seien es die Finanzierung, das Material oder die Arbeitskräfte – noch, in die Optimierung der Nachhaltigkeit einer Liegenschaft zu investieren? Diese Frage stellen viele Vermieter Éliane Débaz, der Leiterin der Rechtsabteilung der Immobilienverwaltung de Rham, einer der ältesten Verwaltungen in der Westschweiz, die über 9000 Wohnungen mit jährlichen Mieteinnahmen von etwa 240 Millionen Franken betreut.
 

Für die Expertin, die auch stellvertretende Direktorin ist und auf 30 Jahre Branchenerfahrung zurückblicken kann, ist die Antwort einfach: Diese Art von Investition, mit welcher der Wert einer Immobilie dauerhaft erhalten wird, ist in der Regel rentabel, wenn sie gut geplant und durchgeführt wird, da sie langfristig betrachtet werden muss. Hier ihre Erläuterungen.
 

Eliane Débaz, bei de Rham haben Sie Teams von Architekten und Technikern, die für die Vermieter Aufwertungsprojekte ausarbeiten. Wie zeichnen sich diese Teams aus?
 

Wir haben tatsächlich eine eigens auf die Aufwertung von Immobilien spezialisierte Abteilung, der vier Projektleiter und zwei Assistentinnen angehören. Diese Spezialisten haben unterschiedliche Kompetenzen, z. B. als Architekt oder Bauzeichner; sie alle haben Erfahrung im Bau sowie im Management solcher Vorhaben.

 

Hat die Aufwertung von Immobilien einen hohen Stellenwert bei de Rham?
 

Es ist eine strategische Tätigkeit. Wir wollen unseren Kunden umfassende Lösungen mit hohem Mehrwert anbieten, die über die einfache Liegenschaftsverwaltung hinausgehen. 
 

Wie wird ein Aufwertungsprojekt konkret geplant?
 

Unser Team analysiert systematisch den gesamten verwalteten Immobilienbestand, um zu bestimmen, welche Aufwertungsmöglichkeiten sich je nach Alter, Abnutzung und Eigenschaften der Liegenschaften bieten. Wir erstellen einen GEAK+ und eine genaue technische Diagnose, die wir dann in unserer Rolle als proaktive Berater den Vermietern vorlegen.
 

Interessierten Vermietern?
 

Es ist klar zu unterschieden zwischen institutionellen Vermietern, die bereits interne Teams haben, die sich direkt mit all diesen Aspekten der Aufwertung befassen, und privaten Vermietern, die in der Regel nicht über diese Kompetenzen verfügen und eine Beratung benötigen. Vor allem private Vermieter interessieren sich für die Projekte, die wir ihnen präsentieren. 
 

Und weshalb interessieren sie sich dafür?
 

Auch wenn einige keine Lust auf solche oft langwierigen und teuren Vorhaben haben oder energetischen Sanierungen kritisch gegenüberstehen, so sind die meisten Vermieter doch darauf bedacht, Arbeiten zum Werterhalt ihrer Liegenschaften durchzuführen, was häufig Arbeiten zur Optimierung der Energieeffizienz von Gebäuden umfasst.

 

Und wozu tendieren die meisten Vermieter?
 

Die meisten Vermieter legen grossen Wert auf die Qualität ihrer Liegenschaften. Heute stellen sich die Branchenakteure immer mehr Fragen. Wenn ein Vermieter beispielsweise den Marktwert seiner Objekte erhalten will, muss er sich um den Komfort seiner Mieter und die Nachhaltigkeit seiner Liegenschaften kümmern. Zudem wird es immer mehr gesetzliche Auflagen geben und diesen kann sich kein Vermieter entziehen.

 

Wie soll der Vermieter mit diesen Aufwertungen umgehen? Welchen Kriterien muss er beachten? Was ist besonders zu berücksichtigen? 
 

Die Aufwertung einer Liegenschaft, deren Sanierung, ist oft teuer und relativ langwierig. Daher sollte man sich genau überlegen, was man machen will, und den Umfang der Arbeiten sinnvoll festlegen. Auch die sorgfältige Auswahl der Auftragnehmer und Unternehmen, mit denen man zusammenarbeiten wird, ist für den Erfolg eines Vorhabens zentral. Zweitens ist es wichtig, die bestmögliche Finanzierung sicherzustellen, d. h., es gilt, die Rentabilität des Vorhabens gründlich zu analysieren, also die Möglichkeiten zu eruieren, wie diese Investitionen auf den Mieterspiegel abgewälzt werden können. Ausserdem müssen die Vorschriften eingehalten und alle administrativen Verfahren beachtet werden, um die notwendigen Bewilligungen zu erhalten. Nicht zu vergessen ist eine gute Kommunikation mit den Mietern. Diese ist unerlässlich, da die meisten energetischen Sanierungen mit den Bestandsmietern durchgeführt werden.

 

Das ist sehr viel Arbeit. Kümmern sich Ihre Teams um all diese Aspekte eines Vorhabens?
 

Ja, unsere Fachleute kümmern sich um alles, ausser um die Finanzierung, um die in der Regel der Vermieter selbst besorgt ist. Das ist Teil des Mehrwerts, den wir unseren Kunden bieten.

 

Welche Arbeiten werden im Allgemeinen prioritär durchgeführt, welche Arbeiten werten eine Liegenschaft am besten auf?
 

Zunächst muss eine gründliche Analyse der Liegenschaft durchgeführt werden. Dabei sind deren besondere Merkmale zu berücksichtigen. Die Angebote sind daher auf den Einzelfall abgestimmt. Gibt es Leerstände, so gilt es zu ermitteln, weshalb. Es lohnt sich bisweilen, in die Modernisierung von Wohnungen zu investieren, da sich dies aufgrund des Rückgangs der Leerstandsquote unmittelbar auf die tatsächliche Rendite auswirkt. Bei energetischen Sanierungen müssen zuerst die Isolierungsarbeiten durchgeführt werden. Es ist in der Regel sinnvoller, sich zuerst um die Gebäudehülle zu kümmern, da so der Energiebedarf gesenkt werden kann. Der Austausch der Heizung kommt erst später, wenn das Gebäude keine Energieschleuder mehr ist. 

 

Sind bestimmte Grossarbeiten wie die Sanierung der Gebäudehülle angesichts der in den letzten Monaten stark gestiegenen Bau-, Material- und Finanzierungskosten noch rentabel?
 

Kurzfristig kann die Rentabilität bisweilen tatsächlich zurückgehen, da die gesetzlichen Auflagen für die Umlegung der Investitionen auf die Mieten sehr strikt sind. Langfristig lohnt sich diese Art von Investitionen aber in der Regel, denn mit den Mieterwechseln ist es grundsätzlich möglich, den Mieterspiegel zu optimieren. Es handelt sich um Investitionen für die nächsten 25 bis 30 Jahre, das darf man nicht vergessen.

 

Wäre es nicht besser, abzuwarten und zu hoffen, dass die Preise sinken?
 

Das denke ich nicht. Die Erfahrung zeigt, dass die Kosten für Material und Arbeitskräfte nur selten zurückgehen. Mittel- und langfristig steigen diese Kosten tendenziell an. 

 

Gehen wir etwas ins Detail: Was sind aus technischer Sicht die einfachsten und rentabelsten Aufwertungsarbeiten?
 

Am einfachsten und meist auch am rentabelsten ist die Sanierung der Wohnung beim Mieterwechsel. Aus energetischer Sicht gehört dazu der Austausch der Fenster, der ohne Gerüst durchgeführt werden kann und interessante Energieeinsparungen ermöglicht. Der Ersatz der Heizung ist ebenfalls recht unkompliziert und unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit sinnvoll, wenn beispielsweise Fernwärme genutzt werden kann, die in mehreren grossen Städten der Schweiz an Bedeutung gewinnt.

 

Ist es besser, eine Wohnung nach der anderen oder die gesamte Liegenschaft auf einmal zu sanieren?
 

Bei einer alten Liegenschaft, in welcher alle Wohnungen gleich veraltet sind, ist es oft günstiger, das Gebäude komplett zu leeren, da man so ein ganzheitliches Projekt durchführen kann, das sich besser planen und leichter umsetzen lässt und eine bessere Kostenkontrolle ermöglicht. Doch aufgepasst: Ein solches Grossprojekt geht auch mit umfangreichen Investitionen und dem Risiko von Mietausfällen einher. Zudem erfordern solche Vorhaben eine sehr gute Planung, um die administrativen Auflagen und die Kündigungsfristen für die Mieter einzuhalten.

 

Welche Art Aufwertung ist finanziell am interessantesten?
 

Die Sanierung der Wohnung beim Mieterwechsel, da man diese Investitionen nach der gesetzlichen Kontrollfrist von drei oder fünf Jahren relativ schnell auf die Miete umlegen kann, indem in den neuen Mietverträgen ein gestaffelter Mietzins vorgesehen wird. 

 

Welche Aufwertungen sind in Sachen öffentliche Subventionen am interessantesten?
 

In der Regel umfassende Sanierungen einschliesslich Gebäudehülle und Heizungsaustausch.

 

Und steuerlich?
 

Von den Steuern kann der Vermieter in der Regel nur die reinen Unterhaltskosten für seine Liegenschaft absetzen. Um energiesparende und umweltschonende Investitionen zu fördern, können die Vermieter aber auch die gesamten Kosten für energetische Sanierungen, also die Isolierung der Gebäudehülle, die Heizung, die Fenster usw. steuerlich absetzen.

 

Welche Aufwertungen können am schnellsten auf die Mieten umgelegt werden?
 

In der Schweiz ist es relativ mühsam und dauert es lange, diese Aufwertungen auf die Mieten umzulegen. Wie ich bereits gesagt habe, ist es bei einem Mieterwechsel am einfachsten. Bei einem laufenden Mietvertrag ist es schwieriger. Mieterhöhungen können nur am Ende eines Mietvertrages auf der Grundlage der endgültigen Bauabrechnung, der definitiven Subventionsentscheidungen und der endgültigen Entscheidung des Wohnungsamtes erfolgen. So kann der Vermieter bei energetischen Sanierungen seine Investitionen erst mehrere Monate nach Abschluss der Bauarbeiten auf die Mieten umlegen, während der Mieter sofort von diesen Sanierungen profitiert, da seine Heizkosten deutlich sinken.
 

Kümmern sich Ihre Teams auch um all diese Mietprobleme?
 

Ja, unsere Rechtsabteilung und unsere Managementteams sind ständig auf der Suche nach den besten Lösungen für die Vermieter.

 

Wie werden sich die neuen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen und die Ziele 2050 des Bundes längerfristig auf den Gebäudebestand und dessen Sanierungsbedarf auswirken?
 

Es ist klar, dass wir uns auf eine Sanierungspflicht für alle Vermieter zubewegen. Es gibt immer mehr gesetzliche Auflagen, wie beispielsweise im Kanton Waadt mit dem neuen Energiegesetz, das demnächst im Grossen Rat diskutiert und wahrscheinlich ein Verbot fossiler Brennstoffe für das Heizen ab 2040 vorsehen wird. 

 

Viele Liegenschaften in der Schweiz sind noch nicht saniert. Sind die Ziele 2050 überhaupt erreichbar ?
 

Ich bin von Natur aus Optimistin. Natürlich sind die Ziele ehrgeizig. Es sind grosse Herausforderungen in Sachen Materialien und Arbeitskräfte zu bewältigen, doch wenn es sein muss, dann können wir uns die erforderlichen Mittel an die Hand geben, können neue Lösungen finden. Denn an Nachhaltigkeit führt kein Weg vorbei, das sind wir den künftigen Generationen schuldig.
 

Olivier Toublan - Immoday.ch