«Für einen Asset Manager sind Klimafragen nicht mehr verhandelbar»

04/04/2023

Olivier Toublan

Immoday

7 Min

Am 27. April findet eine von Immobilien Business und vom Verband RICS organisierte Konferenz statt. Für uns Gelegenheit, mit verschiedensten Fachleuten über die aktuelle Entwicklung der Immobilienbranche und über die einschlägigen Investitionsmöglichkeiten – falls es diese noch gibt – zu sprechen.

 

In den letzten Monaten kam es in der Schweizer Immobilienbranche zu zahlreichen Verwerfungen – und dies nicht nur aufgrund des Zinsanstiegs. Um die aktuelle Situation zu analysieren und einen kritischen Blick auf 2023 zu werfen, organisieren das Schweizer Wirtschaftsmagazin Immobilien Business und der Verband RICS eine Konferenz, die am 27. April im Hotel Royal Savoy in Lausanne stattfindet. Teilnehmen werden verschiedene Branchenfachleute. Wir führen ein Gespräch mit dem Moderator dieser Konferenz, Cédric Murillo-Buscarini, Berater, Ausbilder und Coach in der Immobilienbranche – und natürlich RICS-Mitglied.

 

Cédric Murillo-Buscarini, erzählen Sie uns bitte etwas über die Konferenz, die Sie moderieren werden. 
 

Die Konferenz wir gemeinsam von Immobilien Business und von RICS, einem englischen Berufsverband, der den Immobilienberuf in seinen verschiedenen Aspekten vertritt, organisiert. RICS zählt 550 Mitglieder in der Schweiz und 13 000 Mitglieder weltweit.

 

Es ist also ein wichtiger Verband in der Schweizer Immobilienbranche?  
 

Die Website «Immobilien Business» veröffentlicht jedes Jahr eine Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Branche – darunter sind 35 RICS-Mitglieder zu finden. Dieser Verband ist also wichtig in der Schweizer Immobilienbranche.

 

Kommen wir wieder auf die Konferenz zu sprechen. Was sind die Themen? 
 

Das Jahr 2022 war von vielen Risiken – neue geopolitische Unsicherheiten, steigende Zinsen, eine höhere Inflation und die immer noch anhaltende Energiekrise – geprägt. Wie sich diese neuen Herausforderungen auf die Investitionen und das Management von Immobilienanlagen auswirken werden, ist für die Akteure der Immobilienbranche noch nicht ganz klar. Gibt es in diesem unsicheren Umfeld noch Anlagegelegenheiten sowie Chancen im Management von Immobilienanlagen? Diese Frage werden wir an der Konferenz beantworten. 

 

Wann und wo findet diese Konferenz statt?

 

Sie ist Teil einer ganzen Reihe von Immobiliengesprächen – dies ist die 91. Ausgabe –, findet aber zum ersten Mal in der Westschweiz statt, und zwar an einem sehr exquisiten Ort, dem Hotel Royal Savoy in Lausanne. Mehrere Spezialisten aus unterschiedlichen Bereichen der Immobilienbranche werden an der Konferenz referieren. Diese Fachleute sehen sich regelmässig mit verschiedensten Problemen konfrontiert und werden uns Lösungen vorschlagen. Sie werden uns erklären, wie sie die Probleme angepackt haben, und ihre Erfahrungen mit dem Publikum teilen.

 

Wer sind diese Spezialisten?  
 

Alexandre Favre, Asset Manager bei Swiss Life Asset Managers; Nicolas Di Maggio, CEO der Swiss Finance & Property Group; Benoît Klein, Senior Project Manager Sustainability bei Implenia und David Faehnrich, Leiter Account Management Westschweiz bei Energie 360. Die Diskussion wird sehr spannend sein. Ich freue mich darauf, diese Konferenz zu moderieren 

 

Wie kann man teilnehmen?  
 

Man braucht sich nur auf der Website www.immobiliengespraeche.ch/lausanne/ anzumelden. Für RICS-Mitglieder ist die Teilnahme gratis. Für die anderen kostet der Eintritt 90 Franken. Im Anschluss an die Konferenz findet ein Apero statt, der Gelegenheit zu einem informellen Austausch mit den Referenten bietet.

 

Kommen wir auf die Hauptfrage dieser Diskussion zurück: Welche Investitionsmöglichkeiten bieten sich im aktuellen Wirtschaftsumfeld im Immobilienbereich?  
 

Es ist klar, dass die Immobilienbranche neue interessante Möglichkeiten in Sachen Rendite und Portfoliodiversifizierung bietet. Wir werden darüber an der Konferenz sprechen. Einen Punkt, eine Gewissheit, die sich in den letzten Jahren durchgesetzt hat, möchte ich jedoch ganz besonders betonen: Im Asset Management sind Klimafragen heutzutage nicht mehr verhandelbar. Anders gesagt: Es ist zentral, nun alle energetischen Probleme eines Gebäudes prioritär anzugehen. Die Energiequelle, die Gebäudeisolierung, der Betrieb der Heiz- und Kühlanlagen – all das sind mittlerweile zentrale Aspekte, um die sich ein Asset Manager vorrangig kümmern muss. Vor einigen Jahren war dem noch nicht so.

 

Wie wirkt sich dies auf die Rendite aus?

 

Die Politik hat deutlich gemacht, dass sie die Methode von Zuckerbrot und Peitsche anwenden wird, um die Eigentümer dazu zu bewegen, die Nachhaltigkeit ihrer Gebäude zu verbessern. Heute sind wir noch in der Zuckerbrotphase mit begleitenden Massnahmen, Subventionen und Steueranreizen. Doch schon in wenigen Jahren wird man zur Politik der Peitsche übergehen, mit strikteren Nachhaltigkeitsanforderungen oder -auflagen, wie zum Beispiel dem Einbau von Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen, dann aber ohne die Subventionen und Anreize, die es heute gibt. 

 

 

Es ist also besser, sich des Problems unverzüglich anzunehmen und nicht zuzuwarten?

 

Zweifelsohne. Da die Subventionen befristet sind, sollten die Eigentümer und die Asset Manager nicht zögern und sie jetzt nutzen.   

 

Im Prinzip einverstanden, aber diese Investitionen zur Erhöhung der Nachhaltigkeit sind teuer. Wie kann man dafür sorgen, dass sie die Rendite nicht zu sehr belasten?

 

Nehmen wir Genf als Beispiel, den Kanton, den ich am besten kenne. Da diese Nachhaltigkeitsinvestitionen einen Mehrwert für das Gebäude und den Mieter bedeuten, erhöht sich so ihre Attraktivität und können folglich höhere Mieten verlangt werden.

Diese Investitionen führen aber auch zu einer drastischen Senkung der Energiekosten, was bei den aktuellen Energiepreisen keine zu vernachlässigende Ersparnis ist. Aber diese niedrigeren Energiekosten kommen nicht wirklich den Eigentümern zugute.
 

Sie schlagen sich in der Tat vor allem in niedrigeren Nebenkosten für den Mieter nieder. Doch in der heutigen Zeit ist dies genauso wichtig, um die Mieter nicht zu verlieren. In Segmenten wie Büroimmobilien, in denen der Markt nach wie vor interessant, aber sehr angespannt ist, ist dies mittlerweile von zentraler Bedeutung.

 

Lohnt es sich noch, in Büroimmobilien zu investieren? 
 

In einigen Kantonen, wie Genf und Bern, sind die Büromieten pro Quadratmeter höher als die Wohnungsmieten. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich also schon. Das grosse Problem besteht allerdings darin, Mieter für diese Büros zu finden. Daher ist es wichtig, beispielsweise die Energiekosten im Griff zu behalten, damit die Nebenkosten für die Mieter niedriger ausfallen. Wir kommen darauf zurück. 

 

Wäre es für einen Investor nicht einfacher, sich nur auf neue Liegenschaften zu konzentrieren, die bereits den Nachhaltigkeitsstandards entsprechen? 
 

Theoretisch schon. In der Praxis wird ein Asset Manager, der sich ausschliesslich auf neue Liegenschaften konzentriert, bei seinen Akquisitionen jedoch rasch an Grenzen stossen. Er wird sich früher oder später zwangsläufig auch alten Immobilien zuwenden müssen. Der Asset Manager wird also nicht darum herumkommen, die Problematik der Nachhaltigkeit bei seinen Altbauten proaktiv anzugehen.

 

Welche Renditeerwartungen hat ein Asset Manager heute, nachdem die Zinsen wieder gestiegen sind? 
 

Die Renditeerwartungen der Asset Manager sind in den letzten Monaten zwangsläufig gestiegen. Die Investoren sagen mir, dass sie jetzt für Verwaltungsgebäude eine Rendite von 2-2,5% anstreben. Noch vor zwei Jahren konnten sie sich bei Prestigeobjekten in den Zentren der grossen Agglomerationen mit 1-1,5% zufrieden geben. 

 

Gelingt es den Investoren, diese Renditen zu erreichen? 
 

Ihre Strategie besteht nun darin, viel anspruchsvoller zu sein und günstiger zu kaufen. Im Gespräch mit Immobilienmaklern stellt man fest, dass immer noch viele Liegenschaften zum Verkauf stehen, es aber nicht mehr so viele interessierte Investoren gibt. Die Zeit der überteuerten Käufe, die in den letzten Jahren gang und gäbe waren, ist endgültig vorbei. Was nicht bedeuten soll, dass die Grossinvestoren kein Interesse mehr an Immobilien haben. Immobilien stellen immer noch einen grossen Teil ihres Portfolios dar und sind notwendig für eine gute Diversifizierung. Die Investoren sind einfach viel wählerischer geworden und brauchen deshalb umso mehr den besten Rat, den sie von Fachleuten aus der Immobilienbranche erhalten können.

 

Olivier Toublan, Immoday