Die Mitglieder von COPTIS entschlüsseln die Geheimnisse der Immobilienbesteuerung

08/11/2023

COPTIS

Olivier Toublan

4 min

Der von COPTIS Anfang Oktober organisierte Runde Tisch bot die Gelegenheit, eine Reihe von aktuellen steuerlichen Themen zu erörtern. Darunter ein kürzlich ergangener Entscheid des Bundesgerichts, das eine für die meisten Immobilienfonds ungünstige Steuerentscheidung der Genfer Steuerbehörde bestätigte

 

Anfang Oktober fand in Lausanne ein Runder Tisch statt. Er wurde von COPTIS, dem Schweizer Berufsverband für Immobilienverbriefung, organisiert. Eine Gelegenheit für die Mitglieder, sich zu treffen, die Entwicklung in der Branche zu bewerten und Netzwerke zu bilden.
 

Vor allem aber waren diese Fachpersonen zusammengekommen, um verschiedene Steuerthemen, die ihre tägliche Arbeit beeinflussen, zu vertiefen. So ging es beispielsweise um die Problematik der Altreserven bezüglich der Verrechnungssteuer beim Kauf seitens Immobiliengesellschaften oder die neue Praxis der Genfer Kantonalen Steuerverwaltung bezüglich der Berücksichtigung von stillen Reserven, die nach dem Verkauf seitens einer Immobiliengesellschaft besteuert werden.
 

In dieser Hinsicht war die Veranstaltung mit ca. 50 Teilnehmenden ein Erfolg, freut sich Virginie Poulin, Direktorin von COPTIS. «Es ist ein echtes Anliegen unserer Mitglieder, solche Steuerthemen zu erörtern und mit Sachkundigen zu diskutieren. Letztere haben diese Fälle vor den Behörden vertreten, da es sich um äusserst komplexe Themen handelt und Änderungen in diesem Bereich an der Tagesordnung sind».

 

Kantonale Steuerbehörden nicht auf schlechte Ideen bringen

 

Manuel Leuthold, Präsident von COPTIS, war ebenfalls sehr zufrieden mit der Veranstaltung. «Die Referenten haben es geschafft, sehr komplexe technische Themen verständlich zu machen, die letztendlich alle unsere Mitglieder täglich betreffen.»
 

Und unter diesen technischen Themen war auch jenes, über das alle sprachen. Das Thema, welches potenziell einen grossen Einfluss auf den Sektor haben könnte: die Analyse eines neuen Entscheids des Bundesgerichts über die Bestimmung des Verkehrswerts von Genfer Mietimmobilien, die von Immobilienfonds zur Berechnung der Kapitalsteuer gehalten werden. Ein Entscheid, der, wie Thierry De Mitri, Steuerexperte bei De Mitri Conseils, erklärt, die Praxis der Genfer Steuerbehörden bestätigt.
 

Die Kantonale Steuerverwaltung Genf erinnerte an den Ursprung des Rechtsstreits: Ein Immobilienfonds focht die Bestimmung seines steuerpflichtigen Eigenkapitals und insbesondere die Tatsache an, dass die Genfer Steuerverwaltung auf der Grundlage der Steuergesetzgebung für im Kanton Genf gelegene Immobilien, deren Verkehrswert berücksichtige.

 

Position der Genfer Steuerbehörden

 

Dieser Fonds bestritt, dass der von den Genfer Steuerbehörden angenommene Verkehrswert mit dem Bundesrecht im Einklang ist. Insbesondere stellte er dem Gericht die Frage, ob nicht die Buchbewertung der Immobilien auf der Grundlage des KAG (Gesetz über die kollektiven Kapitalanlagen) anstelle des Verkehrswertes, der von der Genfer Steuerbehörde auf der Grundlage des StHG (Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden) und des LIPP (Gesetz über die Besteuerung natürlicher Personen im Kanton Genf) ermittelt wurde, zugrunde gelegt werden sollte.
 

Für den Investmentfonds hätten die KAG-Werte von der Steuerbehörde berücksichtigt werden müssen, da sie einen Marktwert darstellen. Nach Ansicht der Behörde seien jedoch die Steuerwerte nach StHG und LIPP massgeblich.
 

Der Genfer Steuerbehörde zufolge kann das KAG keinen Vorrang vor den steuerlichen Bestimmungen haben. In der Tat gibt es weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung einen Hinweis darauf, dass die Bewertung von Immobilien nach dem KAG mehr Gewicht hätte als die Bewertung auf der Grundlage eines Kapitalisierungssystems, das im Genfer Kantonsrecht vorgesehen ist.

 

Ziele des KAG und des Steuergesetzes sind unterschiedlich

 

Andererseits verfolgt das KAG andere Ziele als das Steuergesetz. Letzteres schreibt eine Gleichbehandlung der Eigentümer mit einer einzigen Methode vor, die auf alle Steuerzahler anwendbar ist, die von Art. 14 Abs. 1 StHG betroffen sind.
 

Kurz gesagt argumentierte die Genfer Steuerbehörde, dass die Steuergesetze für die Festlegung des Immobilienwertes ausschlaggebend sind und nicht die spezifischen Buchhaltungsvorschriften des KAG. Zudem seien die Ziele der Steuer- und der KKA-Gesetzgebung nicht die gleichen, unterstrich sie. Das KAG strebt den Schutz der Anleger an und will die Transparenz und das ordnungsgemässe Funktionieren des Marktes für Immobilienfonds sicherstellen. Das StHG und das LIPP hingegen wollen die Steuerfähigkeit des Steuersubjekts bestmöglich erfassen.
 

Diese Argumente überzeugten das Bundesgericht und die Klage des Immobilienfonds wurde abgewiesen.

 

Manchmal erhebliche Unterschiede in der Bewertung

 

Das Problem ist, dass der Wert der Genfer Mietimmobilien, der gemäss den steuerrechtlichen Grundlagen ermittelt wird, oftmals wesentlich höher ist als der Wert, der in den Büchern der Eigentümerfonds steht. Die Differenz kann sich auf Dutzende von Millionen Franken belaufen. Diese grosse Diskrepanz zwischen dem verbuchten Verkehrswert einer Immobilie und dem nach kantonalem Recht ermittelten Verkehrswert führt zu erheblichen Unterschieden bei der Berechnung der Kapitalsteuer, erinnert Thierry De Mitri. Eine Steuer, die zudem auf einen «fiktiven Wert» gezahlt werden muss, der nicht dem Marktwert entspricht. Viele in der Branche empfinden das als schockierend.
 

Umso mehr gilt dies, da der höhere Steuerwert in Genf für die Berechnung der zusätzlichen Immobiliensteuer ausschlaggebend ist. Die Entscheidung des Bundesgerichts hat somit einen Multiplikatoreffekt auf die Kosten für Eigentümer von Immobilienbeständen.

 

Andere Kantone könnten diese Idee nachahmen

 

Im Klartext: Im Fall des Fonds, der gegen den Genfer Steuerentscheid Berufung eingelegt hatte, sprechen wir von einer Schätzungsdifferenz von 25 Mio. Franken. Dies führt zu einer Steuerdifferenz in Höhe von mehreren hunderttausend Franken, die mehrere Steuerjahre betrifft.
 

Und das allein für den Kanton Genf. Dies sei hier betont, da Fachleute der Branche nun befürchten, der Entscheid des Bundesgerichts könnte andere Kantone auf ähnliche Ideen bringen!
 

Die einzige gute Nachricht ist, dass, wenn der KAG-Verkehrswert höher ist als der Steuerwert, die betreffenden Fonds de facto weniger Steuern zahlen müssen. Leider, so bemerkte ein Teilnehmer verschmitzt, komme dies nicht oft vor.
 

 

Olivier Toublan



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