Das Marktumfeld sowie die durch die Pandemie geprägten Rahmenbedingungen sind eine Herausforderung für die Branche

13/04/2021

Patrick Gunti

Immoday

3 min

Das Marktumfeld sowie die durch die Corona-Pandemie geprägten Rahmenbedingungen waren und sind eine Herausforderung für die Branche. Adrian Murer, CEO der Swiss Finance & Property Group, äussert sich zur aktuellen Verfassung des Markts, wagt einen Ausblick und erläutert die steigende Bedeutung der ESG-Kriterien.

 

Wie schätzen Sie die aktuelle Verfassung des Schweizer Markts der indirekten Immobilienanlagen ein?

Das letzte Jahr hat gezeigt, dass indirekte Immobilienanlagen auch in Krisenzeiten sehr gefragt bleiben. Dies verdeutlichen auch die zahlreichen Kapitalerhöhungen und erfolgreiche Börsenkotierungen der letzten Zeit.
 

Trotz des starken Einbruchs der Immobilienindizes auf dem Höhepunkt der Krise im März 2020, von -15% für Immobilienfonds und -19% für Immobiliengesellschaften im Vergleich zum Jahresanfang, erholte sich der Schweizer Immobilienmarkt sehr rasch. Die Performance der Immobilienfonds (SWIIT) zeigte am Jahresende ein Plus von fast 11%.

 

Wir sehen jedoch unterschiedliche Entwicklungen in den einzelnen Sektoren.  Auf Wohnimmobilien spezialisierte Fonds sind weiterhin deutlich gefragter als Produkte mit einem kommerziellen Fokus. Des Weiteren bevorzugen Anleger liquide Anlagen, wie börsenkotierte Immobilienfonds, gegenüber den nicht-kotierten Fonds.

 

Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Nach starkem Preisanstieg zum Jahresende 2020 mit Agios von durchschnittlich über 40% haben sich die Preise seither zum ersten Quartal 2021 weitgehend konsolidiert. Seit Anfang Jahr ist eine Trendwende in der Entwicklung der Kapitalmarktzinsen spürbar: Das angekündigte Konjunkturprogramm der USA weckt weltweit Inflationserwartungen. Ohne verstärkten Eingriff der Zentralbanken im Anleihenmarkt werden die Kapitalmarktzinsen wohl entsprechend weiter steigen. Besonders von einer negativen Kursentwicklung betroffen dürften Anlagen mit vergleichsweise tiefer direkter Rendite sein.

 

Welche Auswirkungen der Corona-Pandemie stellen Sie aktuell in den verschiedenen Segmenten der Immobilienbranche fest?

Aufgrund der stabilen Geschäftslage in den güterproduzierenden Bereichen zeigt sich die Nachfrage nach Gewerbeflächen erstaunlich robust. Entsprechend konstant ist die Vermietungsleistung der Gewerbe-/Industrie-Immobilienportfolios. Stark belastet sind jedoch die Hotellerie, die Gastronomie und die Kulturbranche. So führen Mieterlasse und Mietaufschübe zu erheblichen Ertragseinbussen gegenüber dem Vorjahr.
 

 

Um die langfristigen Auswirkungen des Home Office auf die Nachfrage nach Büroflächen abschätzen zu können, ist es noch zu früh. Das Büro wird weiterhin seine Existenzberechtigung haben. Durch die Pandemie sind jedoch die Anforderungen an die Qualität und das Layout von Büroflächen gestiegen, unter anderem in Bezug auf Begegnungszonen, Erschliessung, Infrastruktur und das Dienstleistungsangebot im Büro.

Welche Herausforderungen bringt das wohl zumindest auch mittelfristig tiefe Zinsniveau mit sich?

Die anhaltend hohe Bautätigkeit im Wohnungsbau, getrieben durch das tiefe Zinsniveau, führt zu weiter steigenden Leerständen ausserhalb der Metropolen, wo das Angebot bereits seit Jahren die Nachfrage überschiesst. In diesen Märkten findet weiterhin ein Verdrängungs-wettbewerb der Wohnungsanbieter statt.
 

An Prime-Lagen sind die Transaktions-renditen   für   Wohnimmobilien   sehr   tief. 

Diese Anlagen können mittelfristig nur durch Anhebung der Mieten noch eine positive Rendite erwirtschaften. Es besteht die Gefahr, dass die künftigen Instandsetzungs- und Unterhaltskosten, ich denke auch an Verbesserungen des CO2-Ausstosses, die sehr geringe Rendite ganz aufzehren.

Die Aktien volatil, die Zinsen tief - entsprechend hoch die Nachfrage nach Anlagen in Immobilienfonds. Welchen Anlagehorizont legen Sie Anlegern nahe?

Bei einem Anlagehorizont von mehr als 5 Jahren lässt sich bei entsprechender Volatilität von +/-2% eine positive Rendite erzielen. Zusätzlicher Werttreiber sind die Wertsteigerungen des jeweiligen Portfolios, welche im Besonderen durch Entwicklungen im Bestand erreicht werden.

 

Teilen Sie die Meinung vieler Experten, dass die Agios der kotierten Immobilienfonds zu hoch sind, gerade in Wohnimmobilienfonds?

Die Agios haben sich seit Anfang Jahr um durchschnittlich 4% reduziert (von 40.5% auf 36.6%). Gemessen am erhöhten Zinsniveau sind die Renditespannen von durchschnittlich 2.82%, gemessen an der direkten Rendite der Fonds von durchschnittlich 2.53% gegenüber dem aktuellen Zins für 10-jährige Bundesanleihen (-0.29%, 10Y Generic Bond Yield), weiterhin attraktiv. Aufgrund des Trends steigender Kapitalmarktzinsen dürften aber im Besonderen Fonds mit geringer direkter Rendite, wie zum Beispiel Wohnfonds, weitere Kursverluste verzeichnen.

 

Das Thema Nachhaltigkeit rückt auch im Bereich der indirekten Immobilienanlagen stärker in den Fokus. Welche Beobachtungen haben Sie hierzu gemacht?

Der steigende Druck seitens der Anleger fordert die Immobilienfonds und -gesellschaften immer stärker dazu auf, ihr Verhalten zur Nachhaltigkeit zu dokumentieren und konkrete Massnahmen in diesem Bereich zu ergreifen. Deshalb weisen immer mehr Anbieter nun ihre Aktivitäten in Bezug auf die Nachhaltigkeit aus und zeigen vermehrt Szenarien zur Absenkung von Emissionen und Energieverbrauch auf. Ob hier allenfalls «green washing» betrieben wird, wird genau beobachtet.

 

 

Ihre Investment-Strategie ist ESG-konform. Welche Vorteile bieten die ESG-Kriterien?

Klar definierte Kriterien helfen uns, unsere Strategie sowohl auf Unternehmensebene als auch in den einzelnen Produkten langfristig und wertbringend auszurichten. Ich bin überzeugt, dass ein sorgfältiges ESG-Management sich positiv auf die Performance auswirkt. Zum einen können Risiken mit Hilfe einer ESG-Analyse schneller erkannt und minimiert werden, was finanzielle Einbussen, z.B. durch Umweltschäden oder regulatorische Verstösse, verhindert. Zum anderen kann der Einsatz von neuen, umweltschonenden Technologien langfristig die Betriebskosten von Immobilien reduzieren. Die ESG-Kriterien und die darauf basierende regelmässige Berichterstattung schaffen zudem Transparenz für unsere Kunden und stärken somit ihr Vertrauen.

 

Patrick Gunti für Immoday