Elvira Bieri, CEO bei der SSREI (Swiss Sustainable Real Estate Index): «Es gibt eine Korrelation von Nachhaltigkeit und Werthaltigkeit bei Immobilien»

31/01/2024

Mathias Rinka

Immoday

4 min

Elvira Bieri ist Geschäftsführerin der SSREI AG. Sie spricht im Immoday-Interview über relevante Kennziffern bei indirekten Immobilienanlagen und wie Nachhaltigkeit und Werthaltigkeit Hand in Hand gehen können.

 

Wie schätzen Sie aktuell den Schweizer Markt für indirekte Immobilienanlagen hinsichtlich Nachhaltigkeitsstandards, -reportings und zu erfüllender ESG-Kriterien ein?

 

Orientieren wir uns an den regulatorischen Vorgaben, so beschränken sich diese in der Schweiz zurzeit auf die Klima-Thematik. Seitens der Verbände können die „Umweltrelevanten Kennzahlen für Immobilienfonds“ von AMAS, an welchen sich auch die KGAST orientiert, genannt werden. Zudem setzte der Bundesrat per 1.1.2024 die „Verordnung zur verbindlichen Klimaberichterstattung grosser Unternehmen» in Kraft. Von der gesetzgeberischen Seite dürfte sich demnach in naher Zukunft kaum etwas bewegen.

 

ASIP geht mit ihrer ESG-Wegleitung weiter – aber diese hat nur empfehlenden Charakter.

 

Progressiver hingegen agieren die Investoren, welche für ein finanzielles Engagement umfassendere Information zur Nachhaltigkeit einfordern, und sich an Standards orientieren. Diese treiben den Markt weit mehr als Regulatorien. Für die Bewertung von Immobilien-Unternehmen hat sich GRESB als internationaler Benchmark durchgesetzt. Für die Gebäudeevaluation steht in der Schweiz eine Auswahl an Instrumenten zu Verfügung, wie bspw. SSREI. Dies verfolgen unterschiedliche Ansätze und haben eine mehr oder weniger tiefe inhaltliche Abdeckung.

 

Was kann der SSREI (Swiss Sustainable Real Estate Index) zur Beurteilung der Nachhaltigkeit des Immobilienbestandes beitragen?

 

SSREI ist eines der oben angesprochenen Instrumente und als Standard für die ganzheitliche nachhaltige Gebäudebewertung konzipiert. Ganzheitlich in diesem Sinne, dass nicht nur Energie- und CO2-Daten, sondern 36 Indikatoren aus den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft evaluiert werden. Einerseits verfolgt SSREI als Index das Ziel, Transparenz und Vergleichbarkeit in den Schweizer Immobilienmarkt zu bringen. Andererseits schafft die umfassende Bewertung der Liegenschaften eine solide Basis für die gezielte Optimierung des Portfolios sowie ein aussagekräftiges Nachhaltigkeits-Reporting.

 

SSREI verfolgt einen effizienten und pragmatischen Ansatz, was einerseits dank seiner weitgehenden Automatisierung gelingt, andererseits aber auch, weil er auf jene gebäude-, lage- und betriebsspezifischen Daten zurückgreift, welche in einem sauber gemanagten Portfolio verfügbar sind. Wir dürfen uns in der Analyse nicht im Detail verlieren, sondern müssen die Ressourcen in die nachhaltige Transformation des Gebäudeparks investieren.

 

Welcher Zusammenhang besteht hierbei zum SNBS (Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz) sowie zu GRESB (Global Real Estate Sustainability Benchmark)?

 

Der SNBS Hochbau und SSREI haben dieselbe „Mutter“, namentlich die Norm SIA 112/1 „Nachhaltiges Bauen – Hochbau“, womit in der Schweiz ein gemeinsames Verständnis von nachhaltigen Gebäuden geschaffen wurde. Mit dem SSREI wurde dieses Verständnis von der Planungs- und Bauphase auf den Bestand respektive den Gebäudebetrieb ausgeweitet.

 

Im Gegensatz dazu ist, wie oben dargelegt, der Geltungsbereich von GRESB nicht das Gebäude selbst, sondern die Unternehmung, welche die Gebäude managt – sprich der Asset Manager. So beschreibt GRESB die Anforderungen an ein entsprechendes Managementsystem, wozu eben Bau- und Bewertungsrichtlinien à la SNBS respektive SSREI gehören. Entsprechend anerkennt GRESB diese beiden Instrumente offiziell als „Certification Schemes“. Wer daher mit SSREI arbeitet, verbessert auch automatisch seinen GRESB-Score.

 

Welche Immobilien-AGs, Immobilienfonds und -produkte in der Schweiz setzen bei der Bestandsevaluation bereits auf den SSREI?

 

Wir verpflichten unsere Kunden nicht zur Offenlegung. Jedoch dürfen wir bereits zahlreiche Immobilienaktiengesellschaften und -fonds wie bspw. Edmond de Rothschild Real Estate SICAV, Investis, Patrimonium, den Raiffeisen Futura Immo Fonds oder Sustainable Real Estate Switzerland zu unseren Anwendern zählen. Hinzu kommen Anlagestiftungen wie Terra Helvetica oder VERTINA, aber auch Pensionskassen sowie Versicherungen wie die Vaudoise. Der Kundenstamm sowie die potenziellen Kunden, mit denen wir im intensiven Austausch stehen, decken also die gesamte Palette an institutionellen Akteuren ab.

 

Inwieweit bieten nachhaltige Immobilien(portfolios) Miet- und Wertsteigerungspotenzial?

 

Internationale Studien legen nahe, dass nachweislich nachhaltige Gebäude zu einem höheren Preis vermietet respektive verkauft werden können. Das ist nachvollziehbar, da die entsprechenden Standards wesentliche Kosten- und Umsatztreiber benennen.

 

Unabhängig von diesen spezifischen Anforderungen bedingt eine solche Verifikation die intensive Auseinandersetzung mit den Risiken und Optimierungspotenzialen der Gebäude.  Denn eine entsprechende Evaluation erfordert ein aktives und professionelles Management. Dieser Umstand allein dürfte bereits zur Wertsteigerung respektive -sicherung beitragen.

 

Die Korrelation von Nachhaltigkeit und Werthaltigkeit aufzuzeigen, ist ebenfalls ein erklärtes Ziel des SSREI.


 

Mathias Rinka – Immoday.ch