Ist es möglich, die Nachhaltigkeit zu verbessern und gleichzeitig die Rentabilität und den Wert der Immobilien zu erhöhen? Ja, ist es.

16/03/2021

Hervé Froidevaux

Wüest Partner AG

5 min

Im Immobilienbereich sind Investitionen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit unumgänglich geworden. Es gibt immer mehr Vorschriften und die Umsetzungsfristen laufen schon bald aus, weshalb diese Investitionen vorgezogen werden sollten – dies umso mehr, als diese im Rahmen einer umfassenden Strategie mittelfristig die Rentabilität und den Wert einer Immobilie oder eines Portfolios erhöhen können.

 

Mittlerweile sind sich alle der Bedeutung der nachhaltigen Entwicklung bewusst. Auch im Immobilienbereich. Es ist nicht nur eine moralische, sondern auch eine regulatorische Frage, weil sich sowohl auf Bundes- als auch Kantonsebene die Gesetze mit Vorgaben zur Nachhaltigkeit häufen und die Umsetzungsfristen näher rücken. Für die Immobilienakteure ist das Thema unumgänglich geworden.

 

Das Problem ist jedoch: Wie kann man die Nachhaltigkeit der Immobilien verbessern und dabei den Wert und die Rentabilität erhalten? Hervé Froidevaux und François-Xavier Favre, beide Experten bei Wüest Partner, erläutern uns, wie es geht. Das Unternehmen, das für sein Immobilien-Know-how renommiert ist, ist seit Jahren auch im Bereich der Nachhaltigkeit tätig.

 

Wie kann man die Nachhaltigkeit des eigenen Immobilienparks verbessern?

Bevor Sie eine Sanierungsstrategie in Angriff nehmen, sollten Sie zuerst wissen, wo Sie mit Ihren Immobilien oder Ihrem Immobilienpark stehen. Dafür haben wir in den letzten Jahren verschiedene Tools entwickelt. Die zwei wichtigsten sind der CO2-Rechner und das ESG-Rating. Mit dem Rechner lassen sich der Energieverbrauch der Immobilien und die CO2-Emissionen berechnen. Beim ESG-Rating wird die Qualität einer Immobilie oder eines Portfolios in Bezug auf Umweltschutz, soziale Verantwortung und Governance analysiert. 

 

ESG-Ratings sind sehr populär geworden, doch in der Regel konzentriert man sich auf den Energieverbrauch, also das E, und vergisst häufig die sozialen Auswirkungen, also das S, und praktisch immer die Governance, das G.

Unser Rating ist ausgewogen und berücksichtigt tatsächlich die drei Aspekte. Also auch das Soziale, d. h. Punkte wie Zugang, Komfort und Sicherheit. Und die Governance mit Aspekten wie innovative neue Vorhaben, Mitwirkungsrechte, Einbezug der Bevölkerung, Architekturwettbewerbe und selbstverständlich alle traditionellen Aspekte der Corporate Governance. Es ist für alle Beteiligten wichtig zu wissen, dass der Eigentümer verantwortungsvoll ist und die Nachhaltigkeit in seine Unternehmensführung einbezieht.
 


Was schlagen Sie dem Eigentümer eines Immobilienparks vor, nachdem Sie die Lagebeurteilung vorgenommen haben?

Bei dieser ersten Analyse wird eine Strategie für die energetische Sanierung mit einem prognostizierten CO2-Reduktionspfad definiert, damit dieser den Zielen des Bundes, d. h. der Klimaneutralität bis 2050, und den spezifischen Zielen des Eigentümers auf kurze und mittlere Sicht entspricht.
 

 

Was im Wesentlichen Kosten für den Eigentümer und somit einen Rückgang der Rentabilität bedeutet ...

Nicht nur, denn die von uns vorgeschlagene Strategie beschränkt sich nicht nur auf den Energieverbrauch. Es handelt sich um eine umfassende Strategie und das ist meines Erachtens unsere Stärke. Wir machen keine technischen Vorschläge, die von der wirtschaftlichen Realität abgekoppelt sind. Einerseits verbessert unsere Strategie die Nachhaltigkeit eines Immobilienportfolios und minimiert zukünftige Risiken, die durch neue Regulierungen entstehen. Andererseits bietet sie auch die Gelegenheit, ein Immobilienportfolio oder Immobilienvorhaben bestmöglich aufzuwerten, indem beispielsweise die Fläche vergrössert oder die Nutzung optimiert wird, gleichzeitig aber auch wichtige wirtschaftliche Elemente wie die Auswirkungen der Einsparungen bei den Heizkosten und bei der CO2-Abgabe auf die Mieten, die Bewertung der Flächenvergrösserung und die kantonalen Subventionen einbezogen werden.

 

Sie behaupten also, Nachhaltigkeit könne für die Eigentümer auch eine Chance sein?

Effektiv und unter diesem Gesichtspunkt machen wir unsere Vorschläge. Wir berücksichtigen einerseits die Umweltschutzaspekte und andererseits die wirtschaftliche Effizienz. Für uns lässt sich das eine nicht vom anderen trennen. Und wir können es gerade deshalb tun, weil unser Unternehmen sowohl auf Immobilien als auch auf Nachhaltigkeit spezialisiert ist. Man muss jeweils die wirtschaftlich sinnvollste Strategie finden und dabei immer die Wertentwicklung der Immobilien im Auge behalten.

 

Was schlagen Sie konkret vor, um diese Investitionen in Nachhaltigkeit rentabel zu machen?

Grundsätzlich gibt es im Rahmen einer umfassenden Sanierungsstrategie drei Möglichkeiten für zusätzliche Einnahmen. Erstens: Kann die Fläche vergrössert werden, indem beispielsweise ein zusätzliches Stockwerk gebaut wird? Zweitens: Kann die Typologie verbessert werden, indem die bestehenden Flächen neu strukturiert werden, um die Mieteinnahmen zu optimieren und die Leerstände zu verringern? Wir wissen ja, dass es mittlerweile schwierig ist, sehr grosse Wohnungen zu einem interessanten Mietzins pro Quadratmeter zu vermieten. Und die dritte Möglichkeit für zusätzliche Einnahmen ist die Differenz zwischen den aktuellen Mieten und den potenziellen Mieten nach Sanierung und Reduzierung der Nebenkosten. Drei Möglichkeiten, um den Wert und die Rentabilität des Portfolios zu erhöhen.
 

Hervé Froidevaux, Partner (Foto oben) und François-Xavier Favre, Manager (oben), Wüest Partner SA

Mittelfristig ja, kurzfristig sind dies aber Investitionen, die beträchtlich ausfallen können.

Das ist aber auch eine Chance. Da heute die Immobilienpreise im Allgemeinen hoch und interessante Kaufgelegenheiten am Markt rar sind, besteht die rentabelste Investitionsstrategie zweifelsohne darin, in den eigenen Immobilienpark zu investieren, um dessen Wert und Rentabilität zu erhöhen.

 

Dem Grundsatz stimme ich zu, doch würde in der Praxis – etwas zynisch gesagt – nicht die beste Strategie darin bestehen, nichts zu tun, wenn man bereits rentable Immobilien besitzt?

Man kann der Meinung sein, dass alles, was die Nachhaltigkeit verbessert, nur Kosten sind, die sich negativ auf die Rentabilität des Portfolios auswirken werden. Doch blendet man so zwei Realitäten aus. Erstens gibt es vor allem auf Kantonsebene immer mehr Vorschriften zu Heizmethoden, Isolation oder CO2-Fussabdruck. Bald werden sich die Eigentümer energetischen Sanierungen also nicht mehr entziehen können. Daher ist es besser, nicht bis zum letzten Moment zuzuwarten. Zu planen bedeutet, eine
 

effizientere und letztlich günstigere Strategie aufzustellen. Zweitens wird es für die Akteure im Bereich der indirekten Immobilienanlagen, d. h. für Fonds, kotierte Gesellschaften oder Stiftungen, immer schwieriger, die Anleger, allen voran die institutionellen oder internationalen Investoren, zu überzeugen, wenn das Portfolio bestimmte Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllt.

 

Reicht Ihr ESG-Rating aus, um diese institutionellen und internationalen Investoren zu überzeugen?

Es erfüllt die schweizerischen und europäischen Standards wie DGNB, BREEAM, SNBS und GRESB. Letzterer ist besonders wichtig, weil ihn die internationalen Investoren häufig verlangen. In dieser Hinsicht sind unsere Kriterien also weitgehend kompatibel, wenn auch vereinfacht im Vergleich zum GRESB-Standard, der sehr umfassend, aber auch komplexer zu analysieren ist.

 

Abschliessend noch folgende Frage: Welche Sanierungsstrategie sollte ein Eigentümer verfolgen, um seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und gleichzeitig den Wert und die Rentabilität der Immobilien zu erhöhen?

Es gibt keine Zauberformel. Alles hängt von der Art Immobilie, ihrem Standort und der Miethöhe ab. Es ist daher notwendig, alles gründlich zu analysieren, bevor eine Strategie definiert wird, die letztlich zu einer höheren Rentabilität und besseren Nachhaltigkeit führt. Das heisst also, man muss analysieren, was es kosten wird, aber auch einplanen, was es einbringen wird. Bei dieser Analyse darf zudem nicht vergessen werden, dass die Vorschriften immer restriktiver werden. Es gilt also, rein kosmetische Veränderungen, die schon bald nicht mehr ausreichen werden, zu vermeiden.

 

Und was sind die Risiken, wenn man nichts tut?

ESG-Belange gewinnen für den Regulator, die Bevölkerung und für die Anleger immer stärker an Bedeutung. Schöne Worte der Immobilienakteure – wenn sie nur als Marketinginstrument dienen – genügen nicht mehr. Jetzt müssen Taten, sprich Investitionen, folgen. Von den regulatorischen Vorgaben einmal abgesehen, darf nicht vergessen werden, dass der Immobilienmarkt nach mehreren Jahren relativer Unbeschwertheit im Wandel begriffen ist. In der Schweiz hat in den letzten Jahren die Anzahl neuer Vorhaben zugenommen und das Bevölkerungswachstum ist schwächer als prognostiziert. Langer Rede kurzer Sinn: Während die Nachfrage lange Zeit das Angebot übertraf, kehrt sich der Trend um. Anders gesagt: Wenn man keine Qualitätsobjekte anbietet, wird es immer schwieriger, sie zu vermieten und unter Umständen sogar unmöglich, sie zu verkaufen. Um es noch einmal zu wiederholen: Es ist besser, vorausschauend zu handeln, in Nachhaltigkeit zu investieren und diese Investitionen mithilfe pragmatischer Tools in allgemeinere Rentabilitätsüberlegungen einzubeziehen. Die meisten Eigentümer haben heute keine Interesse mehr daran, mit solchen Investitionen in die Nachhaltigkeit seiner Immobilien zuzuwarten, da an diesen Investitionen ohnehin kein Weg vorbeiführt.
 

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François-Xavier Favre, Manager

Ing. Civil Dipl. EPF

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Olivier Toublan für Immoday