5 Minuten mit Marie-Claude Müller, Investment Manager bei der Naef Commercial Knight Frank in Neuenburg

01/12/2022

Olivier Toublan

Immoday

5 Min

 

Zum heutigen '5 Minuten mit'-Interview begrüssen wir Marie-Claude Müller, Investment Manager bei der Naef Commercial Knight Frank in Neuenburg

 

'5 Minuten mit' ist eine Interviewreihe, die zu einem besseren Verständnis der Akteure der Immobilienverbriefung in der Schweiz und ihrer Aktivitäten beitragen soll.
 

Marie-Claude Müller, stellen Sie sich bitte kurz vor. 
 

Nach einer langen Laufbahn, während der ich zwischen Bank- und Immobilienbranche gewechselt habe, bin ich derzeit Investment Manager bei der Neuenburger Niederlassung der Naef Commercial Knight Frank, wo ich mich hauptsächlich um die Vermittlung von Wohn- und Geschäftsimmobilien für die Region Neuenburg und Jura kümmere.

 

Leicht haben Sie es ja nicht gerade. Es ist nicht die Region mit dem dynamischsten Immobilienmarkt in der Schweiz.  
 

Es ist in der Tat eine schwierige Region, in der jedes Geschäft eine Herausforderung ist. Man muss also etwas hartnäckiger sein als beispielsweise in einer Region wie Genf, wo es oftmals genügt, eine Immobilie auf den Markt zu bringen, um das Interesse der Käufer zu wecken. 

 

Aber Sie schaffen es trotzdem, in dieser Region Immobilien zu verkaufen? 
 

Meine Arbeit besteht darin, potenzielle Investoren gut zu kennen und sie mit einem soliden Dossier zu überzeugen, in welchem die Qualitäten der Liegenschaft, die aktuelle Mietstruktur, die historische Leerstandsquote, das Mietzinspotenzial usw. detailliert aufgeführt sind. Allerdings muss ich zugeben, dass einige Regionen äusserst mühsam sind, wie z. B. der entlegenste Teil des Jura, wo es fast unmöglich ist, das Interesse der Investoren zu wecken. Die Investoren sagen mir hier ganz klar, dass das nichts für sie ist.

 

Dennoch sind die Renditen in diesen Regionen viel höher als beispielsweise im Zentrum von Genf, wo sich die Investoren mittlerweile mit weniger als 2% zufriedengeben. 
 

In meiner Region wirft ein schönes Objekt eine Rendite zwischen 4,5% und 5% ab. Das ist schon interessant.

 

Wie erklären Sie sich dann, dass Ihnen die Investoren nicht die Tür einrennen? 
 

Weil die Risiken höher sind als in den Grosszentren. Die Löhne sind niedriger als in der übrigen Schweiz, wohlhabende Steuerzahler neigen dazu, wegzuziehen, weshalb das Risiko von Vakanzen höher ist. Und auch der allgemeine Zustand der Liegenschaften darf nicht ausser Acht gelassen werden. In einer Stadt wie La Chaux-de-Fonds geht man beispielsweise davon aus, dass 30% des Gebäudebestands quasi veraltet sind. Dasselbe gilt für den Jura – mit Ausnahme des Zentrums von Delsberg und Porrentruy. Kurzum, ein Investor weiss, dass er mit umfangreichen Sanierungsarbeiten rechnen muss, was ihn unter Umständen abschreckt.

 

Sicherlich, doch haben sich in den letzten Jahren einige Investoren gerade auf Energieschleudern spezialisiert. 
 

Ja, aber nur, wenn sich diese in den Grosszentren befinden. In meiner Region gibt es noch ein weiteres Problem: Die meisten zum Verkauf stehenden Gebäude sind zu klein, um für institutionelle Anleger oder grosse Fonds interessant zu sein. Diese investieren nicht in ein Objekt unter 10 Millionen Franken. Und von diesen Objekten gibt es nicht viele in dieser Region. Der Markt ist schwierig, man muss für jedes einzelne Objekt kämpfen. Es gibt aber auch wahre «Goldstücke». Es liegt nun an uns, die Investoren davon zu überzeugen, den Schritt zu wagen.

 

Werden viele von diesen «Goldstücken» verkauft?  
 

In den letzten Jahren haben relativ viele grosse institutionelle Anleger ihr Portfolio analysiert und beschlossen, kleinere Objekte mit einem Wert zwischen 5 und 10 Millionen Franken zum Verkauf anzubieten. Genau diese Objekte werden mir anvertraut. Ich habe derzeit etwa zehn davon zum Verkauf. Sie können für einige kleinere Fonds, welche die Gelegenheit nutzen möchten, oder für einige Privatvermögen, für die diese Gebäude Gelegenheiten darstellen, die von den grossen institutionellen Anlegern unentdeckt bleiben, interessant sein.

 

Wie kann man die Investoren überzeugen?  
 

Ein Kundenportfolio wird langfristig aufgebaut. Ich stand meinen Kunden schon immer sehr nahe. Viele von ihnen sind heute meine Freunde. Denn in diesem Beruf, wie in vielen anderen auch, macht der menschliche Kontakt den Unterschied. Ich sage immer, dass ich nicht hier bin, um Geschäfte zu machen, sondern um langfristige Geschäftsbeziehungen zu pflegen.

 

Angesichts der steigenden Zinsen dürfte es immer schwieriger werden, Käufer für diese Art von Objekten zu finden.  
 

Wenn die Zinsen auf dem aktuellen Niveau verharren, dürfte es kein Problem sein. Sollten die Hypothekarzinsen jedoch weiter steigen, wird es tatsächlich schwierig. Unsere Aufgabe ist es auch, Verkäufer, die keinen Käufer für ihr Objekt finden können, zu sensibilisieren und ihnen klarzumachen, dass es vielleicht nicht gerade die beste Zeit ist, das Objekt zu veräussern. Wenn eine Liegenschaft zu lange auf dem Markt bleibt, ohne einen Käufer zu finden, ist es auf jeden Fall besser, sie vom Markt zu nehmen. 
 

 

Marie-Claude Müller, kommen wir wieder auf Sie zu sprechen. Wie sind Sie in der Immobilienbranche gelandet? 
 

Ich absolvierte eine Ausbildung an der Ecole supérieure de commerce in Biel und Delsberg, bevor ich zu einer Genfer Privatbank stiess, wo ich in der Verwaltung von Kundenportfolios arbeitete. Anschliessend war ich für die Berner und für die Jurassische Kantonalbank tätig, bevor ich in Neuenburg in den Immobiliensektor wechselte, eine Branche, die mich schon immer interessiert hat.

 

Weshalb? 
 

Weil es abwechslungsreich ist, weil man mit Kunden in Kontakt kommt und weil es etwas Handfestes ist. Ich arbeitete in den 1980er-Jahren für einen grossen Promotor in Neuenburg und bin der Branche seither treu geblieben. 

 

Sie hatten auch Ihre eigene Verwaltung.  
 

Fast 20 Jahre lang habe ich so ziemlich alles gemacht, was man in dieser Branche tun kann. Ich arbeitete bankseitig in einer Abteilung, die für das Management von Hypothekarkrediten und teilweise für das Management riskanter Immobiliendossiers, aber auch für die Schätzung und die Veräusserung von Immobilien zuständig war. Ich arbeitete bei Immobilienverwaltungen, machte Bewertungen und war als Maklerin tätig. 2003 eröffnete ich dann mein eigenes Unternehmen – DMC Müller Immobilier – mit einer Geschäftsstelle in Neuenburg und einer Partnerschaft mit DMC Immobilier in Lausanne. Ich beschäftigte mich vor allem mit Vermittlung, Begutachtung und Schätzung von Immobilien. In der Zwischenzeit habe ich mich ausserdem zur Immobilienbewirtschafterin und Immobilienvermarkterin mit eidgenössischem Fachausweis sowie zur Immobilienbewerterin mit eidgenössischem Fachausweis weitergebildet. 

 

Im Jahr 2018 haben Sie Ihre Immobilienverwaltung geschlossen. Was ist passiert?

 

Immobilienvermittlung ist super, man lernt viele Leute kennen, aber ich war allein in meinem Büro und die Arbeit im Team fehlte mir. Ausserdem wollte ich nach all den Jahren meine Erfahrungen weitergeben. Also schloss ich mein Büro und bot meine Dienste der Naef Neuenburg an, wo ich meine Maklertätigkeit fortsetze, umgeben von Menschen, die ich mag. 2020 wurde ich zudem Investment Manager bei der heutigen Naef Commercial Knight Frank Neuenburg, einer Gesellschaft, welche die Gruppe lanciert hat, um die grössten Investoren, Käufer oder Verkäufer, zu betreuen und ihnen einen professionellen, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Service im Bereich Wohn- und Geschäftsimmobilien anzubieten. 

 

Die Gesellschaft Naef Commercial Knight Frank hat sich, wie der Name schon sagt, gerade mit dem britischen Immobiliengiganten Knight Frank zusammengeschlossen. Wird sich dadurch etwas für Sie ändern? 
 

Auf diese Weise wird das Image der Gruppe bei grossen internationalen Investoren gefestigt. An meiner täglichen Arbeit wird sich dadurch nichts ändern. Ich glaube nicht, dass sich diese internationalen Investoren plötzlich für den Immobilienmarkt in der Region Neuenburg und Jura interessieren werden.

 

Beenden wir das Gespräch mit etwas persönlicheren Fragen. Was sind Ihre wichtigsten beruflichen Charaktereigenschaften?

 

Ich bin neugierig, mobil, aber auch zielstrebig, anspruchsvoll und bisweilen unnachgiebig, was auch eine negative Charaktereigenschaft sein kann.

 

Und im Privatleben? 

 

Ich bin meinen Werten treu und es ist mir überaus wichtig, Wort zu halten. Zudem feiere ich gerne, bin grosszügig und liebe es, neue Dinge zu entdecken.

 

Was sind Ihre Hobbys?  
 

Ich mag Kunst, besuche viele Ausstellungen und vor allem lese ich sehr viel. Ein oder zwei Bücher pro Woche.

 

Schliessen wir das Gespräch mit einer Frage ab, die wir immer am Ende stellen: Was würden Sie ändern, wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten?  
 

Nichts.

 

Ist es Stolz oder das Zeichen eines erfolgreichen Lebens? 

 

In meinem Leben boten sich mir zahlreiche Gelegenheiten, die ich zu nutzen wusste. Ich bin zufrieden mit all den Jahren, die ich erleben durfte, mit all den persönlichen und beruflichen Erfahrungen, die ich gesammelt habe. Ich bin gesund, meine Familie gibt mir Rückhalt und liebt mich, und ich bin glücklich. Was will man mehr?

 

Olivier Toublan, Immoday