Vivian Moreau von Patrimonium: «Immobilien im Gesundheitswesen bieten höhere Renditen als Wohnimmobilien und bergen weniger Risiken als Gewerbeimmobilien»

19/12/2023

Immoday

Olivier Toublan

4 min

Angesichts einer alternden Bevölkerung dürfte die Nachfrage nach Immobilien im Gesundheitswesen nicht nachlassen. Daher bieten sie eine gute langfristige Sichtbarkeit mit geringen Leerständen, inflationsindexierten Mietverträgen und in der Regel sehr langfristigen Vertragsabschlüssen. Kann das die Lösung sein? Lesen Sie hier die Ausführungen von Vivian Moreau von Patrimonium Asset Management.

 

Wohnimmobilien bleiben angesichts von sich kaum erholenden Renditen teuer. Gewerbeimmobilien behalten ihre Risiken aufgrund von immer noch hohen Leerstandsraten. Was bleibt den Anlegern also übrig? Nischen, wie beispielsweise Immobilien im Gesundheitswesen. Vivian Moreau, ist Experte auf diesem Gebiet, seit 11 Jahren bei Patrimonium tätig und als Leiter der Anlagegruppe «Schweizer Immobilien im Gesundheitswesen» für Immobilienportfolios verantwortlich. Er erklärt uns, dass der Sektor Gesundheit zahlreiche Vorteile bietet. 
 

Vivian Moreau, bitte stellen Sie doch die Patrimonium-Gruppe den Lesern vor, die sie noch nicht kennen.

 

Es handelt sich um eine unabhängige, von der FINMA zugelassene Fondsmanagementgesellschaft, die seit der Gründung 2007 auf den privaten Märkten tätig ist, insbesondere in den Bereichen Infrastruktur, Private Debt, Private Equity und Immobilien, dem wichtigsten Teil unserer Geschäftsaktivitäten. 
 

Patrimonium ist auch im Bereich der Immobilien im Gesundheitswesen tätig. Wie lässt sich das erklären?

 

Mit dem Inkrafttreten der KVG-Reform im Jahr 2012 waren neue Finanzierungsmodelle für die medizinische Infrastruktur möglich geworden. Wir versuchten, öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) zur Finanzierung des Baus von Krankenhäusern aufzubauen, aber leider bis heute ohne Erfolg. Dies gab uns jedoch die Möglichkeit, die Akteure in diesem Sektor kennenzulernen. Parallel dazu hatten wir ein Mandat von Dritten erhalten, um das Portfolio von Privatkliniken zu verwalten, was es uns ermöglichte, uns auf diesen Bereich zu spezialisieren. 
 

Und um daraufhin die Anlagegruppe für Schweizer Immobilien im Gesundheitswesen zu lancieren. 

 

So ist es. Im Jahr 2015 hatten wir die Gelegenheit, das Gebäude einer Privatklinik im Kanton Waadt zu erwerben, die umgebaut und erweitert werden musste. Es gelang uns, die erforderlichen Mittel von Vorsorgestiftungen aufzubringen und diese Immobilienanlagegruppe zu gründen, die auf das Schweizer Gesundheitswesen spezialisiert ist. Sie ist Teil der Patrimonium Anlagestiftung.
 

Was zeichnet diese Anlagegruppe im Gesundheitsbereich aus?

 

Wir investieren in medizinisch genutzte Immobilien wie Kliniken, Gesundheitszentren, Alters- und Pflegeheime und andere nicht medizinisch genutzte Immobilien wie Seniorenresidenzen oder betreute Wohnungen. Wir verwenden übrigens eine recht ausgedehnte Definition von Immobilien im Gesundheitswesen, da sie beispielsweise auch medizinische Labore oder Werkstätten für Menschen mit Behinderungen umfassen. Das verleiht uns in diesem Nischenmarkt zahlreiche Investitionsmöglichkeiten.
 

Apropos Investitionen, worauf legen Sie Wert?

 

Zunächst einmal der Standort, in Regionen mit günstigen demografischen Trends und an Orten in der Nähe von Geschäften und Dienstleistungen, mit guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Tür diese Art von Immobilien ist Erreichbarkeit wesentlich. Ausserdem muss es einen vielversprechenden Markttrend geben, wie z. B. Wohnungen für Senioren oder, als weiteres Beispiel, eine auf Burnout und Schlafstörungen spezialisierte Klinik, bei der wir die Infrastruktur finanziert haben.
 

Investieren Sie eher in Neubauten?

 

Was unsere Investitionsstrategie betrifft, so haben wir zwei Schwerpunkte. Erstens: Akquisitionen in Form von „Sale & Rent back“, bei denen wir in Immobilien im Gesundheitswesen investieren, gefolgt von einem aktiven Management, bei dem wir das Portfolio durch Renovierungen oder Erweiterungen in Zusammenarbeit mit dem Betreiber und den Behörden aufwerten. Unser zweiter Schwerpunkt liegt auf Investitionen in Neubauten, da wir in diesem Bereich eine Vielzahl von Normen und spezifischen Betriebsanforderungen erfüllen müssen. Wir bauen flexible und modulare Strukturen mit Blick auf die mögliche Umwidmung von Gebäuden im Laufe der Zeit. Dies ermöglicht barrierefreies Bauen und eine Architektur, die den Bedürfnissen von Bewohnern oder Patienten entspricht.
 

Findet man im Bereich Immobilien im Gesundheitswesen leichter zu erwerbende Objekte?

 

Da es sich um einen Nischenmarkt handelt, gibt es natürlich viel weniger Angebote als beispielsweise bei Wohnimmobilien. Aber es ist auch einfacher, Geschäfte abzuschliessen, da die Zahl der potenziellen Käufer sehr klein ist. Ausserdem pflegen wir unsere Netzwerke, indem wir den Akteuren des Gesundheitswesens anbieten, ihnen bei der Finanzierung ihres Projektes zu helfen. Immer mehr von ihnen schätzen es, dass wir uns um ihre Immobilien kümmern, so dass sie sich auf ihr operatives Kerngeschäft konzentrieren können.
 

Sind Sie, wenn auch nur indirekt, für die Qualität der Pflege verantwortlich, die in Ihren Gebäuden geleistet wird? 

 

Nein, damit haben wir überhaupt nichts zu tun; wir sind lediglich die Eigentümer der Gebäude, die wir an einen Betreiber vermieten. Bevor wir mit einem Betreiber eine Partnerschaft eingehen, führen wir jedoch eine sorgfältige Due Diligence durch, um nicht nur festzustellen, ob seine Geschäftstätigkeit rentabel ist, sondern auch, ob der Betreiber seriös arbeitet und auf kantonaler Ebene anerkannt ist. Anschliessend führen wir regelmässige Gespräche mit dem Betreiber, um sicherzustellen, dass die Geschäftstätigkeit reibungslos verläuft. 
 

Sind in einer Nische wie dieser auch ESG-Kriterien wichtig?

 

Selbstverständlich. Alle unsere Gebäude werden von der Firma Signa-Terre überwacht, mit dem Ziel, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Dies geschieht durch die energetische Sanierung alter Gebäude und den Ersatz fossiler Energieträger, die zum Heizen verwendet werden. Ausserdem installieren wir PV-Anlagen auf dem Dach. Wesentlich ist auch die Betonung des Buchstabens «S» in ESG, da mit Immobilien im Gesundheitswesen wichtige soziale Probleme gelöst werden können.
 

Wie gross ist Ihr Immobilienportfolio derzeit?

 

Es nähert sich 420 Millionen Franken, was 16 Immobilien entspricht, die landesweit verteilt sind. Einschliesslich der im Bau befindlichen Projekte in Kriens und Bülach sind 35 % unseres Bestands Kliniken, 20 % Gesundheitszentren, 20 % Seniorenresidenzen. 15 % sind Pflegeheime und 10 % andere Immobilien des Gesundheitswesens. Wir streben eine Diversifizierung der Immobilien, der Aktivitäten und der Betreiber an. Ausserdem beschränken wir die Grösse unserer Investitionen nach geografischen Standorten, die nicht mehr als 15 % des Gesamtvermögens der Anlagegruppe ausmachen dürfen. 
 

Welche Grösse würden Sie gerne erreichen?

 

Mit den verschiedenen laufenden Entwicklungsprojekten und geplanten Neuakquisitionen werden wir bis Ende 2024 voraussichtlich 500 Millionen erreichen. Unser nächstes Ziel ist ein Portfolio von 750 Millionen, innerhalb von fünf Jahren. Wir können auf ein erhebliches internes Wachstum mit Entwicklungsprojekten an fast allen unseren derzeitigen Standorten zählen.
 

Immer noch in der Form einer Anlagegruppe? Verfolgen Sie keine Pläne, einen klassischen Immobilieninvestmentfonds für Immobilien im Gesundheitswesen aufzulegen?

 

Nein, in dieser Richtung ist nichts geplant. Es handelt sich immerhin um eine sehr spezielle Art von Immobilien, die qualifizierte Anleger erfordert, die vor allem bereit sind, langfristig zu bleiben. Übrigens, sind für das Frühjahr 2024 Zeichnungen mit einem geplanten Kapitalaufruf offen, um die Entwicklungsprojekte zu finanzieren und die Anlagegruppe für Schweizer Immobilien im Gesundheitswesen wachsen zu lassen.
 

An welche Art von Anlegern richten Sie sich?

 

Da wir eine Anlagestiftung sind sprechen wir ausschliesslich Schweizer Pensionskassen an. Wir haben derzeit mehr als 150 in unserer Anlagestiftung und etwa hundert, die in Immobilien im Gesundheitswesen investieren. 
 

Womit überzeugen Sie die Anleger?

 

Die steigende Nachfrage nach Pflegeleistungen in den kommenden Jahren aufgrund der Bevölkerungsalterung wird das bestehende Gesundheitssystem unter Druck setzen. Dadurch wird ein bedeutender Bedarf an neuen Gesundheitszentren und Seniorenunterkünften entstehen. Kurzum, es handelt sich um eine Immobilienart, bei der mit stark steigender Nachfrage zu rechnen ist. Sie ist zyklen- und konjunkturresistent, bietet eine gute langfristige Sichtbarkeit und Stabilität, weist geringe Leerstandsraten auf, bietet an den Verbraucherpreisindex (VPI) gebundene Mietverträge sowie einen Schutz vor Inflation und wird in der Regel sehr langfristig abgeschlossen. 
 

Was bedeutet das für Sie?

 

Die gewichtete durchschnittliche Laufzeit unserer Mietverträge (WAULT) beträgt 17 Jahre, und 95 % sind an den VPI gebunden. Ausserdem sind die von uns abgeschlossenen Mietverträge vom Typ «Core & Shell», was bedeutet, dass wir nur für die Gebäudehülle und die wichtigsten technischen Anlagen verantwortlich sind. Für alles, was für den Betrieb notwendig ist, ist der Betreiber verantwortlich. Dadurch sind unsere Nebenkosten niedriger als bei herkömmlichen Wohnimmobilien.
 

Haben Sie in der Schweiz viel Konkurrenz in diesem Bereich?

 

Es gibt tatsächlich einige weitere Anbieter von Immobilieninvestitionen, die im Gesundheitsbereich tätig sind. Die meisten konzentrieren sich jedoch auf Seniorenresidenzen. Unsere Anlagegruppe hat eine einzigartige Positionierung mit einer guten Diversifikation nach Objekttypen und einem geringen Anteil an ausländischer Finanzierung.
 

Zum Schluss: Wie hoch sind die Renditen Ihrer Anlagegruppe?

Immobilien im Gesundheitswesen weisen ein Rendite-Risiko-Verhältnis auf, das zwischen Wohn- und Gewerbeimmobilien liegt. In Bezug auf unsere Anlagegruppe liegt die durchschnittliche Gesamtrendite der letzten 5 Jahre bei 5,21 %. Es kann mit hohen und stabilen Netto-Cashflow-Renditen gerechnet werden, die im Durchschnitt über 4 % pro Jahr liegen. Unser Ausschüttungsziel liegt ebenfalls bei 4 % pro Jahr. Immobilien im Gesundheitswesen bieten also nicht nur attraktive Renditen für Investoren, sondern ermöglichen auch eine verantwortungsvolle Investition, die den grossen gesellschaftlichen Herausforderungen Rechnung trägt.

 

Olivier Toublan - Immoday.ch