Leibrenten – das neue Eldorado der Investoren?

14/03/2023

Olivier Toublan

Olivier Toublan

5 Min

Mit einem innovativen Anlagevehikel kann in Schweizer Eigenheime investiert werden, die auf Lebenszeit erworben wurden. Der Viager Swiss SCmPC ist eine originelle Lösung für institutionelle Anleger, die ihre Immobilieninvestitionen diversifizieren möchten.

 

In der kleinen Welt der indirekten Immobilienanlagen sind innovative Produkte selten. Daher rührt das Interesse am Viager Swiss SCmPC, der Investoren anbietet, auf einen fast noch unberührten Markt in der Schweiz zu setzen: auf Eigenheime, die als Erst- oder Zweitwohnsitz auf Lebenszeit erworben wurden. Das Anlagevehikel ist so innovativ, dass es mehrjährige Diskussionen und Nachbesserungen mit der Regulierungsbehörde brauchte, bevor es genehmigt wurde. Die Lancierung des Vehikels wurde vor Kurzem bestätigt. Es wird als geschlossener, den Einrichtungen der beruflichen Vorsorge vorbehaltener Fonds aufgelegt. François Normand, einer der Hauptträger dieses Vorhabens und Verwalter des Vehikels, erklärt uns, worum es sich handelt.

 

François Normand, weshalb haben Sie den Viager Swiss SCmPC lanciert?  
 

Ich hatte die Idee vor acht Jahren. Ich leitete damals eine Maklerfirma und hatte es mit einem älteren Eigenheimbesitzer zu tun, der aus seinem Haus ausziehen musste, weil er eine ausserordentliche Amortisation seiner Hypothek nicht bezahlen konnte, die seine Bank verlangt hatte, da diese sein Rentnereinkommen nicht mehr für ausreichend hielt. Mit einem Leibrentenvertrag hätte es nicht so weit kommen müssen. Leider ist diese Art von Vertrag zwischen Privatpersonen sowohl für den Verkäufer als auch für den Einzelanleger häufig riskant, weshalb er in der Schweiz nicht sehr beliebt ist. Ich stellte mir also die Frage: Wie kann ich diesen Vertrag optimieren? Ich diskutierte mit den Experten von GEFISWISS, die auf KAG-konforme kollektive Kapitalanlagen und nachhaltige Immobilieninvestitionen spezialisiert sind und an der gleichen Idee arbeiteten, und wir beschlossen, zusammenzuarbeiten. 

 

Bevor wir fortfahren: Erklären Sie uns bitte, was ein Leibrentenvertrag ist? 
 

Das ist ganz einfach: Eine ältere Person verkauft ihr Haus, behält aber bis zu ihrem Tod das Nutzungsrecht, d. h. das Recht, darin zu wohnen. Anschliessend wird der Verkaufspreis der Immobilie in drei verschiedenen Formen ausgezahlt, nämlich als Kapitalbetrag für das Nutzungsrecht, als Leibrente und als Barzahlung, die im Jargon der Leibrente «Bouquet» genannt wird. Falls die Immobilie mit einer Hypothek belastet ist, muss diese mit dem «Bouquet» vollständig zurückgezahlt werden, was eine unserer Bedingungen für den Erwerb ist.

 

Das wäre der Basisvertrag für eine Leibrente. Wie kann man ihn optimieren?

 

Für den Verkäufer, indem die Ausrichtung seiner Rente garantiert, d. h. von einer Versicherung ausbezahlt wird, und indem sein Wohnrecht formalisiert, d. h. ins Grundbuch eingetragen wird. Für den Investor, indem – wie wir es tun – über 100 Immobilien erworben werden, was das Langlebigkeitsrisiko, also das Hauptrisiko eines Leibrentenvertrags, ausgleicht. Und indem wir sehr genau auf den Wert des «Bouquet» achten, damit jede Immobilie zu ihrem angemessenen Wert erworben wird. 

 

Was problematisch sein dürfte, oder? Alle Eigentümer werden behaupten, dass ihre Immobilie mehr wert ist als das, was Sie ihnen anbieten.

 

Der Wert der Immobilie wird von einem unabhängigen Gutachter und das Wohnrecht von einem Versicherungsmathematiker bestimmt. Und ist der Eigentümer mit der unabhängigen Schätzung nicht einverstanden, hat er immer noch die Möglichkeit, seine Immobilie am Markt zu verkaufen.  

 

Wird das «Bouquet» in Form von Kapital oder einer Rente ausbezahlt?

 

Das «Bouquet» wird in Kapitalform ausbezahlt. Bei der Rente kann der Verkäufer wählen – je nach seinen finanziellen Bedürfnissen. Zu beachten ist, dass die FINMA einerseits eine Mindestrente pro Jahr verlangt und wir andererseits zur Sicherung dieser Rente eine Einmalprämie an eine Versicherungsgesellschaft zahlen, die sich dann um die Auszahlung der Rente kümmert, wobei die Versicherungsgesellschaft vom Fonds rechtlich völlig unabhängig ist.

 

Auf welche Art von Immobilien zielen Sie ab?

 

Auf Eigenheime, die als Haupt- oder Zweitwohnsitz dienen, Häuser oder Wohnungen, deren Eigentümer mindestens 70 Jahre alt sind. Wir ziehen aber Häuser vor, die oft über ein Grundstück mit Entwicklungspotenzial verfügen und einfacher zu verwalten sind, weil es kein Stockwerkeigentum gibt. Dennoch analysieren wir alle Dossiers.

 

Welche geografischen Regionen bevorzugen Sie?

 

Die ganze Schweiz, um das Risiko zu streuen. Wir haben keine Präferenz, solange der Preis den Expertenschätzungen entspricht.

 

Gibt es für dieses Vehikel wirklich einen Markt? 

 

Mit 100%iger Sicherheit. Wir sind mit der Reaktion sowohl der Investoren als auch der Eigentümer sehr zufrieden. Für die Eigentümer hat die Leibrente mehrere Vorteile. Erstens erhalten sie eine zusätzliche Rente und zweitens sind damit mögliche Probleme beim Nachlass vom Tisch, denn es ist viel leichter, sich ein Bankkonto aufzuteilen als eine Immobilie. Und mit dem «Bouquet» kann der Eigentümer noch zu Lebenszeiten Schenkungen an die eigenen Kinder vornehmen. Zwar haben sich bereits viele Eigentümer für die Leibrente interessiert, doch nur wenige haben sich von den Transaktionen zwischen Privatpersonen überzeugen lassen. Aus diesem Grund erhalten wir – seit wir den Eigentümern im Dezember angekündigt haben, dass wir unsere Aktivitäten lancieren – täglich Anfragen. Derzeit verfügt der Fonds bereits über eine Pipeline im Umfang von mehreren Dutzend Millionen Franken. Die Nachfrage wächst, was auch auf den Aufstieg unserer verschiedenen Partner – namentlich MoneyPark – zurückzuführen ist. 

 

Und für die Investoren?

 

Die Anleger können so ihre Allokation diversifizieren, indem sie auf ein Segment des Schweizer Immobilienmarktes setzen, das regelmässig an Wert gewinnt, nämlich dasjenige der Eigenheime. Mit einer Investition in einen Park, in dem es – das ist der Vorteil dieser Leibrentenlösung – keinen Leerstand bei der Vermietung gibt. Und zu guter Letzt ist es ein Produkt, das der Gesellschaft zugutekommt, da es den Pensionierten wirklich hilft. 

 

Ist das nicht ein bisschen Greenwashing?

 

Absolut nicht. Ganz im Gegenteil, es gibt nur Gewinner. Alle profitieren – die Gesellschaft, die pensionierten Verkäufer und die Anleger.

 

Wie gross ist der Fonds?

 

Wir wollen Kapital in Höhe von 100 Millionen Franken aufnehmen. Dank der Hebelwirkung der Schulden, den Besonderheiten der Leibrente, bei der man letztlich nur das «Bouquet» bezahlt, und der Einmalprämie der Rente sollten wir in der Lage sein, auf diese Weise Immobilien im Wert von rund 200 Millionen Franken zu erwerben. Dies sollte unseren Schätzungen zufolge für ungefähr 120 Immobilien ausreichen.

 

 

Das Management wird wohl recht anspruchsvoll sein.  
 

Das wird in der Tat sehr arbeitsaufwändig. Wir werden beispielsweise alle Immobilien einmal pro Jahr besichtigen. Letztendlich geht es aber darum, eine Logistik mit Systematik aufzubauen. 

 

Weshalb haben Sie sich für eine KmGK, also Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen, entschieden? 
 

Derzeit ist es die ideale Rechtsform für einen Fonds wie den unseren, der langfristig investiert und professionellen Anlegern vorbehalten ist. 

 

Und wie lange soll der Fonds bestehen? 
 

Der Viager Swiss SCmPC hat eine Laufzeit von 15 Jahren, plus zweimal zwei Jahre, falls nötig, um die Veräusserung der letzten Immobilien abzuschliessen und den Fonds zu liquidieren. 

 

Welche Rendite wird erwartet? 
 

Wir rechnen mit einer durchschnittlichen Nettorendite von 4%, wobei die Ausschüttungen nicht jährlich, sondern nach dem Verkauf der Immobilien erfolgen. In dieser Rendite sind allfällige Gewinne aus Aufwertungen nicht eingerechnet. 

 

Ihre Verwaltungsgebühren sind recht hoch. Wie rechtfertigen Sie diese? 
 

Zunächst gibt es eine jährliche Management Fee von 1,5%. Diese wir jedoch nur in der Zeit erhoben, in welcher die Immobilien erworben werden, d. h. während ein bis zwei Jahren, die sehr arbeitsintensiv sind. Danach fällt eine jährliche Verwaltungsgebühr von 0,5% an, die der Marktpraxis für regulierte Anlagevehikel entspricht. In unseren oben beschriebenen Annahmen zu den annualisierten Renditen sind alle Gebühren berücksichtigt. 

 

Wer besorgt das Management des Fonds konkret? 
 

Das Management obliegt dem unbeschränkt haftenden Mitglied, der Gesellschaft Viager Swiss SA. Diese Gesellschaft wurde von GEFISWISS und der Viage SA, deren Gründer und CEO ich bin, gegründet und wird von beiden gehalten. Die Viager Swiss SA ist für die Anlageentscheidungen verantwortlich und delegiert bestimmte Aufgaben – namentlich an das Unternehmen GEFISWISS, das für die Erstellung von Anlageanalysen und -protokollen zuhanden des unbeschränkt haftenden Mitglieds zuständig ist und den Fonds administrativ, rechtlich und finanziell unterstützt. 
 

Die Viage SA wiederum ist für die Suche nach Immobilien zuständig, die dem Fonds exklusiv angeboten werden, und kümmert sich um die Betreuung der Dossiers. Wie bereits erwähnt, erfolgt die Suche nach Immobilien sowohl direkt als auch über Vertragspartner wie die Firma MoneyPark. Die Banque Cantonale Vaudoise schliesslich ist unsere Depotbank. 

 

Weshalb MoneyPark? 
 

MoneyPark, der führende Anbieter von Hypothekar- und Immobilienfinanzierungen in der Schweiz, hat Zugang zu einem grossen Portfolio von Eigenheimbesitzern, die an einer Leibrentenlösung interessiert sein könnten. Die endgültige Zustimmung zum Erwerb einer Immobilie erteilt jedoch nur der Verwaltungsrat der Viager Swiss SA – nach Prüfung der bei GEFISWISS eingegangenen Unterlagen und nach Bewertung durch unabhängige Immobilienexperten. Das ist das Prinzip der KmGK.

 

Ist es nicht etwas riskant, einen Fonds in einem aktuell so angespannten Markt aufzulegen? 
 

Ganz im Gegenteil: Für uns ist das der beste Moment. Angesichts steigender Hypothekarzinsen und eines aufgrund der Inflation sinkenden realen Rentenniveaus stellt die Leibrente für viele Eigenheimbesitzer, die ihre Pension durch eine zusätzliche Rente aufbessern, dank der Hypothekenrückzahlung ihre monatlichen Kosten reduzieren und weiterhin in ihrer Wohnung und damit in ihrem gewohnten sozialen Umfeld leben wollen, eine ideale Gelegenheit dar. 
 

Seitens der Anleger besteht zudem ein Interesse an Fonds, die kein Agio aufweisen und die ein anderes Exposure in Schweizer Wohnimmobilien bieten.

 

Der Viager Swiss SCmPC ist ein innovatives Produkt. War es einfach, die Bewilligung zu erhalten? 
 

Ich denke, dass die FINMA sehr schnell begriffen hat, dass dieses Produkt aufgrund der stetig steigenden Lebenserwartung sinnvoll ist. Sie kennt die Situation pensionierter Eigenheimbesitzer und die Anforderungen der Banken. Doch dann folgten lange Diskussionen, vor allem über den Schutz älterer Menschen, der lückenlos sein musste, und die vertraglichen Aspekte des Verkaufs. Doch dieser Austausch mit der Regulierungsbehörde erwies sich letztlich als sehr positiv und ist Ausdruck eines starken Berufsethos. 

 

Wie geht es weiter, wenn der Fonds ein Erfolg wird?

 

Für uns ist der Viager Swiss SCmPC ganz klar nur die Lokomotive, an die bei entsprechender Nachfrage mehrere Waggons angehängt werden können, die auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen zugeschnitten sind. Daran arbeiten wir bereits.

 

Zum Beispiel, indem Sie das Mindestalter von 70 Jahren senken, um einen Ihrer Leibrentenverträge abschliessen zu können?   
 

Technisch gesehen ist das durchaus möglich und es wäre anfangs mein Traum gewesen, das Alter auf 65 Jahre festzulegen. Doch dann hätte die Laufzeit der KmGK mindestens 20 Jahre sein müssen. Und das ist selbst für institutionelle Anleger eine lange Zeit. Ausserdem darf der Kapitalbetrag für das Wohnrecht nicht zu hoch sein, damit das «Bouquet» ausreicht, um die Hypothek zurückzuzahlen, was eine unserer Bedingungen ist. Aber wie gesagt, nichts ist unmöglich, und wenn es eine Nachfrage gibt, werden wir es in Betracht ziehen.

 

Olivier Toublan, Immoday